Der evangelikal-missionarische Charakter ist nicht zu erkennen
Ihren evangelikal-missionarischen Charakter hebt die „Arche“ allerdings in ihrer Öffentlichkeitsarbeit in der Regel nicht hervor. Fast immer wird z.B. darauf hingewiesen, dass die „Arche“ armen Kindern ein warmes Essen ermöglicht. Dass vor dem Essen gebetet wird, wird hingegen üblicherweise nicht erwähnt. Auch auf der Website der „Arche“ findet man außer der Formulierung „Christliches Kinder- und Jugendwerk“ keinen Hinweis auf die Tischgebete, Andachten, Bibelstunden, Gottesdienste usw. Oder auch nur darauf, dass die „Arche“ mit der Evangelischen Allianz verbunden ist und auf deren Glaubensbasis (s.o.) arbeitet. Man ist sich bei der „Arche“ offenbar darüber klar, dass der evangelikal-missionarische Hintergrund potentielle Spender verschrecken könnte.
Auch im Jahresbericht der McDonald’s Kinderhilfe 2009 ist der christliche Charakter der „Arche“ nicht erkennbar. Dort heißt es lediglich – ich zitiere alle relevanten Passagen:
2009 unterstützte die McDonald’s Kinderhilfe Stiftung als Förderer des Kinder- und Jugendhilfswerks „Die Arche“ sozial benachteiligte Kinder. [S. 2]
Immer mehr Kinder in Deutschland leben unterhalb der Armutsgrenze und können sich oft nicht einmal eine warme Mahlzeit leisten. Das Kinder- und Jugendhilfswerk „Die Arche“ e. V. macht sich für diese Kinder stark. Ziel des gemeinnützigen Vereins: sich professionell und nachhaltig um hilfsbedürftige Kinder zu kümmern – jetzt auch in Potsdam. Denn dort konnte im September der bundesweit fünfte Standort eröffnet werden. Die McDonald’s Kinderhilfe Stiftung spendete im Rahmen des Förderprogramms 250.000 Euro für den Bau der Arche in Potsdam-Drewitz. Auch Fernsehmoderator Günther Jauch hatte sich mit einer großzügigen Spende an der Realisierung beteiligt und eröffnete gemeinsam mit Boxchamp Henry Maske – Schirmherr der McDonald’s Kinderhilfe Stiftung – die neue Potsdamer Arche. Ulrich Bissinger, Stiftungsratsvorsitzender und Senior Director Legal McDonald’s Deutschland, begründete die Unterstützung: „Im Rahmen des Förderprogramms der McDonald’s Kinderhilfe Stiftung haben wir wegweisende Initiativen gesucht, die sich nachhaltig und professionell um hilfsbedürftige Kinder kümmern. Eine solche Organisation haben wir mit der Arche gefunden.“ [S. 12]
Wer nicht schon bei dem Namen „Arche“ hellhörig wird, käme angesichts dieser Beschreibung niemals auf den Gedanken, dass es das Ziel der „Arche“ ist, „Kindern die Liebe Gottes in Wort und Tat nahezubringen“ (s.o., Zitat Pastor Hagge), und das von der McDonald’s Kinderhilfe als Ziel bezeichnete „professionelle und nachhaltige Kümmern um hilfsbedürftige Kinder“ nur Mittel zum Zweck ist. Denn, so heißt es in der Studie (S. 61):
„Die Arche“ allein auf humanistischen Wertvorstellungen zu begründen und den Glauben beiseite zu lassen, ist für Bernd Siggelkow undenkbar.
Das darf man wohl so verstehen, dass ein kostenloses warmes Essen ohne „Betmöglichkeit“ für Herrn Siggelkow nicht infrage kommt. Obwohl er ja andererseits kein Problem damit zu haben scheint, seinen Glauben beiseite zu lassen, wenn es um Öffentlichkeitsarbeit und die Werbung von Spenden geht.
Professionalität?
Was die vom Stiftungsvorsitzenden der McDonald’s Kinderhilfe, Ulrich Bissinger, angesprochene Professionalität der „Arche“ angeht, so hieß es dazu übrigens 2007 in der bereits erwähnten Studie (S. 221-222):
In Bezug auf die inhaltliche Arbeit der „Arche“ fiel uns auf, dass über Weiterbildung und Supervision nicht gesprochen wird (hierfür existiert scheinbar keine Nachfrage). Dies mag – im Gegensatz zu einem Projekt der Sozialarbeit – im christlichen Charakter des Projekts liegen: „Unsere MitarbeiterInnen sind überzeugte Christen bzw. sie akzeptieren christliche Werte“ (so ein/e MitarbeiterIn). Wir meinen, auch über Glaubenfragen sollte unter den MitarbeiterInnen der „Arche“ diskutiert werden (hat „Gott“ die Welt erschaffen (vgl. die „Schöpfungsgeschichte“) oder gilt die „Evolutionstheorie“ (die im Biologieunterricht in der Schule „gelehrt“ wird?)). Passt das oder wie passt das zusammen? Können sich die MitarbeiterInnen der „Arche“ in gleicher Weise auch auf Kinder aus anderen Kulturkreisen, mit anderen religiösen Auffassungen auseinandersetzen? Wie begegnet man atheistisch geprägten Kindern? [...] Den Aspekt der Supervision haben wir angesprochen, da einige MitarbeiterInnen sich die Probleme und Entscheidungen ihrer „Schützlinge“ doch sehr zu Herzen nehmen und vor diesem Hintergrund ein ausgeprägtes Mitteilungs- oder Redebedürfnis haben. Wie in dem Punkt über Beratungskompetenzen dargelegt, würden wir den MitarbeiterInnen der „Arche“ raten, mehr inhaltlichen Wert auf fachspezifische Qualifizierung, Weiterbildung und Supervision zu legen.
Und auf S. 243 heißt es:
Wichtig war für uns die Frage nach Weiterbildung und Supervision. Diese Frage tauchte scheinbar in der „Arche“ bisher nicht auf und wird möglicherweise damit verbunden, dass sich die MitarbeiterInnen der „Arche“ primär als ein sozial-diakonisches Projekt verstehen und erst sekundär als eines der Sozialarbeit.
Antwort der McDonald’s Kinderhilfe
Aufgrund dieser Eindrücke wandte ich mich sowohl an die McDonald’s Kinderhilfe als auch an das Deutsche Zentralinstitut für Soziale Fragen (DZI), das das DZI-Spendensiegel vergibt, mit dem sich auch die McDonald’s Kinderhilfe schmückt.
Die Pressesprecherin der McDonald’s Kinderhilfe beharrte mir gegenüber in einer E-Mail vom 17. Dezember 2010 darauf, dass die Förderung der „Arche“ nicht gegen die Förderrichtlinien verstoße:
Die Arche steht allen Kindern unabhängig von deren Weltbild, Religion, Kultur, Geschlecht, Herkunft offen. Es ist oberstes Ziel, Kindern einen Raum zur persönlichen Entfaltung und Entwicklung zu bieten. Es gibt keine uns bekannte Unternehmensrichtlinie, die die christliche Missionierung vorsieht, tendenziöse, weltbildverzerrende Bildung regelt oder die konfessionelle Bindung von Mitarbeitern vorschreibt. Die Arbeit in der Arche basiert auf den allgemeinen pädagogischen Leitlinien einer sozialen Einrichtung. Die Unterstützung der Arche durch die McDonald's Kinderhilfe Stiftung steht damit im Einklang mit §1 Abs. 1 (b) unserer Förderzwecke.
Zurecht weisen Sie darauf hin, dass unsere Förderrichtlinien unter § 1 Abs. 2 "Projekte und Einrichtungen mit politischem oder religiösem Inhalt bzw. Hintergrund" ausschließen. Hierbei geht es einzig um die mit unserer Satzung übereinstimmenden Projekte der zu fördernden Einrichtungen, nicht jedoch um deren Trägerschaft oder die persönliche Vita einzelner handelnder Personen.
Man fragt sich allerdings, was in den Förderrichtlinien mit einem „religiösen Hintergrund“ gemeint sein könnte, wenn diese Beschreibung nicht einmal auf die „Arche“ zutreffen soll. Außerdem heißt es in § 1 Abs. 1 (b), mit dem die Förderung der „Arche“ der Pressesprecherin zufolge in Einklang stehen soll:
(b) Gefördert werden Einrichtungen zur Betreuung von schwer kranken Kindern im Bereich der stationären und ambulanten, präventiven und rehabilitativen Gesundheitspflege.
Ich hatte der McDonald’s Kinderhilfe daraufhin am 17.12.2010 noch einmal ausführlich Belege für den christlich-missionarischen Charakter der „Arche“ gemailt und auch die Studie von Prof. Schmals beigefügt. Dem DZI gegenüber argumentierte die McDonald’s Kinderhilfe dann offenbar anders:
Antwort vom DZI
Vom DZI erhielt ich Anfang Februar eine wesentlich bessere Antwort – eigentlich wäre es Sache der McDonald’s Kinderhilfe gewesen, diese Antwort zu geben. Meine Zusammenfassung:
- Das DZI prüft lediglich, ob die Spenden satzungskonform verwendet werden. Die Satzung der McDonald’s Kinderhilfe ist aber weiter gefasst als die Förderrichtlinien, so dass die Förderung der „Arche“ immer noch satzungskonform ist.
- Die Förderrichtlinien beziehen sich – der McDonald’s Kinderhilfe zufolge – nur auf externe Antragsteller. Dies soll in Zukunft deutlicher hervorgehoben werden, die Förderrichtlinien seien in der Tat „missverständlich“. Es stellt sich natürlich die Frage, weshalb die – an sich ja sinnvollen – Förderrichtlinien nur für externe Antragsteller gelten sollen. Und weshalb mir die Pressesprecherin der Kinderhilfe dies nicht gleich mitgeteilt hat, sondern stattdessen behauptete, die „Arche“ hätte gar keinen religiösen Hintergrund.