Es kann auch schnell gehen

Von Maasburg abhängig?

Die Betroffene schildert in der Anzeige, dass sie damals an Selbstmord gedacht habe. Der Verdächtige, der zeitweise auch ihr Beichtvater gewesen sein soll, habe ihr die Schuld an den Vorfällen gegeben. „Maasburg - er ist 18 Jahre älter als ich - hatte sehr wohl erkannt, dass ich keinen sexuellen Kontakt haben wollte, dass ich dazu gar nicht fähig war, ihm das zu geben, was er wollte. Irgendwann, wie bereits erwähnt, hat er mir erklärt, dass mein Widerstand und mein allgemeiner Zustand mit den Krampfanfällen auf meine Missbrauchserlebnisse durch Onkel in der Kindheit zurück zu führen sind. Immer wieder habe ich Maasburg - er war immer noch mein geistlicher Begleiter, teilweise Beichtvater, indirekter Chef und Vertrauter, meine einzige Ansprechperson damals - gesagt, wie schuldig ich mich wegen all dem, was da passiert, fühle.“ Laut Anzeige löste sie sich erst im Jahr 2007 aus der Abhängigkeit. 13 Jahre nachdem die ersten Übergriffen passiert sein sollen.

Maasburg dementiert Anschuldigungen

Leo Maasburg ist nach den schweren Anschuldigungen gegen ihn zum medialen Gegenangriff übergegangen. Er sei nicht Täter sondern Opfer, richtet er in via Presseaussendung bzw. in einem Video aus, das auf der Seite kath.net zu finden ist. Er sei der Frau freundschaftlich verbunden gewesen, eine sexuelle Beziehung habe es nie gegeben. Die Betroffene habe ihn gestalkt. Die Tiroler Tageszeitung zitiert Eugen Waldstein, Sprecher des Missionswerks Missio, dem Maasburg vorsteht: „Die zuständige Kongregation des Heiligen Stuhls kam in ihrem abschließenden Schreiben zu dem Ergebnis, „dass diese Anklagen überhaupt kein Fundament haben“. Waldstein verweist gegenüber der APA auch auf einen angeblich psychisch labilen Zustand der Frau, der in einem Gutachten des Grazer Psychiaters Peter Hofmann laut ORF bestätigt wurde. Darin heißt es, „dass sich aufgrund der konkreten Datenlage der dringende Verdacht eines Stalkingverhaltens ergibt“. Auslöser sei gewesen, dass Maasburg die Betroffene zurückgewiesen bzw. den Kontakt zu ihr abgebrochen habe.

Dass die Betroffene unter großem psychischen Druck steht, bestreitet auch die Plattform Betroffene Kirchlicher Gewalt nicht, die die Frau betreut. Nur führt man die psychischen Probleme dort auf die traumatischen Erlebnisse zurück – und darauf, dass die Frau Angst habe, der Monsignore könnte plötzlich vor ihrer Tür stehen. Die Betroffene fühle sich massiv unter Druck gesetzt.

Odysee einer Hilflosen

Der Fall ist auch ein Beispiel, wie schwer es für Menschen sein kann, Hilfe zu bekommen. Die Betroffene hat nachweislich bei den Ombudsstellen der Erzdiözese Wien und Innsbruck vorgesprochen, auch bei der Klasnic-Kommission, ebenso bei der Stiftung Opferschutz. Mindestens drei Jahre lang ging es von Stelle zu Stelle – etwas Bewegung in die Sache kam erst, als sie mit einem Psychiater der Ombudsstelle der Erzdiözese Wien sprach. Dieser geht laut einem dem hpd vorliegenden Schreiben von einer sexuellen Nötigung aus, mit dem Zusatz: Letztendlich könne das nur juristisch geklärt werden. Auch geht aus dem Protokoll nicht hervor, ob sich die Aussage auf einen oder auf alle Vorfälle bezieht. Dann war ein halbes Jahr lang Pause. Erst der Schritt der Betroffenen, an die Medien zu gehen, löste die jüngsten Entwicklungen aus.
Staatsanwaltschaft entscheidet

Die Staatsanwaltschaft Wien dürfte in den nächsten Tagen entscheiden, ob und wie die Anzeigen weiterverfolgt werden. Möglich ist, dass die Übergriffe bereits verjährt sind. Unabhängig davon erzeugt das gewaltige Medienecho politischen Druck, der Kirche nicht die Untersuchung sexueller Gewalt in der eigenen Einrichtung zu überlassen. Der Justizsprecher der Grünen Albert Steinhauser fordert eine staatliche Untersuchungskommission. Ins gleiche Horn stoßen die Initiatoren des Volksbegehrens gegen Kirchenprivilegien. Er fordere die Republik auf„durch eine unabhängige Kommission dem vielfach dokumentierten rechtswidrigen Verhalten der Kirche Einhalt zu gebieten“, sagt Niko Alm, Mitinitiator des Volksbegehrens. Seit dem Fall Groer habe sich wenig geändert: „Die Missbrauchsfälle werden weiter vertuscht und die Opfer eingeschüchtert“, zitiert etwa die Tiroler Tageszeitung eine Presseaussendung der Plattform.

Christoph Baumgarten