Religionsunterricht: Nur bei CDU/CSU Rückhalt

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Deckblatt des Befragungsberichts

JENA. (hpd/wr) Eine repräsentative Befragung unter den Landes-, Bundes- und Europaparlamentariern zeigt: Eine Mehrheit der Abgeordneten außerhalb der zwei Kirchenparteien CDU und CSU würde die religiösen Unterweisungen an Schulen abschaffen.

Der traditionelle Religionsunterricht als ordentliches Schulfach findet nur noch bei den Bundestagsabgeordneten aus CDU/CSU den in einer Demokratie ausreichenden Rückhalt. Das hat die jüngste Jenaer Parlamentarierbefragung ergeben, welche die gesellschaftlichen Entwicklungen nach der deutschen Wiedervereinigung erforscht. Befragt wurden dazu die Abgeordneten des Deutschen Bundestags und die aller 16 Landesparlamente. Den Ergebnissen zufolge fußt die Unterstützung für die umstrittene Lehrpraxis maßgeblich auf dem Einfluss der christlichen Parteien in Deutschland.

Knapp 40 Prozent aller Abgeordneten in den neuen Bundesländern unterstützen die Idee, dass Religion überall in Deutschland ein ordentliches Schulfach sein soll. Bei den Parlamentariern aus den alten Bundesländern sind es 56 Prozent.

Am meisten Zuspruch kommt bisher noch von Mandatsträgern in Rheinland-Pfalz, Bayern und Baden-Württemberg. In Brandenburg, Berlin und Sachsen hingegen können derzeit die niedrigsten Zustimmungswerte verzeichnet werden. Nur noch jeder vierte Parlamentarier in Brandenburg befürwortet die traditionelle Schulung von Kindern im Glauben an Übernatürliches und die wegen solcher Ideen entwickelten Ansichten und Lehren.

Grundsätzlich ist Bildung zwar Ländersache. Garantiert ist der traditionelle Religionsunterricht jedoch im Grundgesetz, dessen Änderung verfassungsrechtlich den Volksvertretern im Bundestag zusteht. Die immer noch vorhandene Macht von den der Bibel gewidmeten Parteien ist dabei ein erheblicher Faktor. Die Befragung der Bundestagsabgeordneten hat gezeigt, dass dabei vor allem die Abgeordneten aus den Kirchenparteien CDU/CSU an der überkommenen Regelung festhalten würden: 90 Prozent der Mandatsträger aus den alten Bundesländern und sogar 93 Prozent aus den neuen Bundesländern würden das bisherige System weiter unterstützen.

Klar gespalten ist ihr Koalitionspartner FDP. 50 Prozent der Liberalen befürworten es, die andere Hälfte lehnt es ab.

Bei den Sozialdemokraten genügen die Sympathien hingegen nicht, denn kaum ein Drittel der Abgeordneten aus den alten Bundesländern sprach sich für den Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach aus, unter den ostdeutschen Genossinnen und Genossen gab es klägliche 17 Prozent Zuspruch -- ein bemerkenswertes Ergebnis, da die derzeit von Kirchenangehörigen regierte Partei kürzlich erst den Laizistinnen und Laizisten in der SPD eine klare Abfuhr wegen ihrer in diese Richtung gehenden Ansinnen erteilte.

Diametral zum SPD-Stimmungsbild verhält sich wiederum die Meinung der Grünen-Abgeordneten: Hier finden 40 Prozent der Volksvertreter aus dem Osten die Idee gut, dass Religion ein ordentliches Schulfach ist. Die Kollegen aus dem Westen halten es wie die Ossis aus der SPD: 82 Prozent lehnen so etwas eher ab.

Politisch ebenso traditionsbewusst wie die zwei Kirchenparteien zeigten sich schließlich die Parlamentarier aus der Linken, wo die Befürworter des religiösen Unterrichts eine winzige Minderheit darstellen. Bei den Genossinnen und Genossen aus dem Osten finden sechs Prozent die Idee gut, bei den mit Kirchen und Religion erfahrenen Mandatsträgern aus dem Westen gab es null Sympathien.

Im Ergebnis zeigte sich, dass vor allem die Stärke von CDU/CSU maßgebliche Ursache für die Erhaltung der umstrittenen und zunehmend problembehaftereren Praxis ist, Heranwachsende zu einem evangelischen, katholischen oder muslimischen Religionsunterricht zu verpflichten.

Arik Platzek

Zuerst veröffentlich bei wissenrockt.de