Widerstandsgruppe „Frit Danmark“

(hpd) Jørgen Kieler berichtet im Sinne einer Autobiographie und eines Zeitzeugenberichtes über den Kampf gegen die Besatzungspolitik in Dänemark während des Zweiten Weltkriegs. Das Buch beeindruckt durch eine nüchterne Darstellung ohne emotionale Heroisierung und liefert so eine authentische Quelle über bislang im deutschsprachigen Raum noch nicht genügend zur Kenntnis genommene historische Ereignisse.

Nach der Besetzung vieler europäischer Länder durch deutsche Truppen im Zweiten Weltkrieg entstanden in ihnen Widerstandsbewegungen, die mit den unterschiedlichen Mitteln gegen die „neuen Herrscher“ kämpften. Während über einschlägige Gruppen in Frankreich oder der Sowjetunion in der deutschsprachigen Literatur relativ viel bekannt ist, gilt dies weniger für den Widerstand in Dänemark oder Norwegen. Überhaupt fand die Besatzungspolitik in den beiden skandinavischen Ländern nur bei wenigen Fachhistorikern größere Aufmerksamkeit. Bezogen auf die Entwicklung im direkten Nachbarnland liegt jetzt das Buch „Dänischer Widerstand gegen den Nationalsozialismus“ vor. Entgegen eines ersten Eindrucks vom Titel her handelt es sich aber nicht um die Gesamtdarstellung eines Historikers, lautet doch der Untertitel: „Ein Zeitzeuge berichtet über die Geschichte der dänischen Widerstandsbewegung 1940-1945“. Der Autor war Aktivist der Gruppe „Frit Danmark“ (Freies Dänemark) und beschreibt darin seinen persönlichen Widerstand.

Insofern handelt es sich um eine Autobiographie und einen Erlebnisbericht, ergänzt um historische Darstellungen und politische Kommentare. Kielers Darstellung setzt demnach mit seiner Geburt ein, geht dann aber sehr schnell zu den 1930er Jahren über. Hier äußert der ehemalige Widerstandskämpfer erstaunlicherweise Verständnis dafür, dass viele Deutsche seinerzeit Hitler an der Macht sehen wollten. Er schildert danach seine kurze Studienzeit in München 1937, wo bereits sehr früh Ablehnung und Kritik an den dortigen politischen Verhältnissen aufkam. Diese verstärkte sich nach dem Einmarsch der Wehrmacht in Dänemark. Bereits sehr früh sei er, so Kieler, sehr verbittert über die Haltung der eigenen Regierung gewesen: „Die passive Anpassungspolitik wurde ... durch eine aktive ersetzt ..“ (S. 36f.). So unterbrach er sein Medizin-Studium und wandte sich dem Widerstand zu. Der Kampf von „Frit Danmark“ sollte sich aber nicht nur gegen die Besatzer, sondern auch gegen die „Kollaboration“ - die „offizielle dänische Zusammenarbeitspolitik“ (S. 63) - richten.

Kieler trat von Anfang an für einen gewalttätigen Kampf ein und schildert entsprechende Anschläge und Sabotageaktionen, die mal erfolgreich, mal weniger erfolgreich waren. Besonders große Aufmerksamkeit findet auch die Rettung der dänischen Juden, erklärte doch diese Tat, warum im Unterschied zu allen anderen Ländern nur wenige in Konzentrationslager kamen. Dabei neigt der Autor nicht zu emotionaler Heroisierung, sondern stellt die Ereignisse nüchtern dar. Kieler verschweigt auch nicht, dass die Juden für ihre Rettung zahlten. Er bemerkt dazu: „Es besteht kein Zweifel, dass auf den Transporten viel Geld verdient wurde, aber weder die Flüchtlinge noch wir fühlten uns missbraucht“ (S. 116). Schließlich geht es auch um das Vorgehen der deutschen Besatzungsmächte gegen die Widerstandsgruppe, kam es doch zu vielen Verhaftungen und Tötungen. Kieler verbrachte man ins KZ Porta Westfalica, wo er Hunger und Misshandlungen ausgesetzt war. Seine Rettung verdankte er dem Dänischen und Schwedischen Roten Kreuz.

Damit endet der beeindruckende Bericht. Der Autor setzte nach Kriegsende sein Medizinstudium fort und arbeitete bis 1989 als Direktor des Fibiger Kreis Instituts in Kopenhagen. Obwohl Kieler in seiner Jugend auch die deutsche Sprache lernte, sprach er sie nach 1945 nicht mehr. Erst nachdem er 2005 nach Porta Westfalica zurückkehrte und die Änderungen in Deutschland wahrnehmen konnte, änderte sich seine Haltung: „Für mich ging damit am 6. Februar 2005, genau 61 Jahre nach meiner Verhaftung in Apenrade, der Zweite Weltkrieg zu Ende – ohne Hass“ (S. 349). Mit diesen Worten endet ein mitunter etwas holprig geschriebenes, aber überaus interessantes Buch. Man findet darin einige historische Ungenauigkeiten, gleichwohl handelt es sich um einen beeindruckenden und informativen Zeitzeugenbericht. Kieler spart auch nicht heikle Themen wie die nach wie vor von ihm gerechtfertigten Liquidierungen von Handlangern der Besatzungsmacht aus. Auch die Kommentare zu den Kommunisten in den Widerstandsgruppen verdienen Interesse.

Armin Pfahl-Traughber

 

Jørgen Kieler, Dänischer Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Ein Zeitzeuge berichtet über die Geschichte der dänischen Widerstandsbewegung 1940-1945. Aus dem Dänischen übersetzt und mit einem Nachwort ersehen von Therkel Straede, Hannover 2011 (Offizin-Verlag), ISBN: 9783930345700, 367 S., 29,80 €.