MIZ 3/11 erschienen

ASCHAFFENBURG (hpd) Soeben wurde MIZ 3/11 ausgeliefert. Auf einen Schwerpunkt im engeren Sinne verzichtet das Heft diesmal. In längeren Artikeln werden die Auftritte des Papstes in Madrid und Deutschland sowie die Proteste dagegen behandelt.

Im Editorial hebt Christoph Lammers zwei Aspekte hervor, die in der Berichterstattung nur eine Nebenrolle spielten. So stellt er die Frage, was von der Audienz der Bundesverfassungsrichter beim Papst zu halten ist. Mit Hinweis auf die seit Jahren verstärkte Lobbyarbeit kirchennaher Kreise – Stichwort „Karlsruher Foyer Kirche und Recht“ – fragt der MIZ-Chefredakteur: „Sind die Gerichte wirklich unabhängig?“ In den Medien beobachtet er eine ebenso problematische Entwicklung: In Gesprächsrunden sitzen mittlerweile immer wieder Vertreter des ganz rechten Flügels der katholischen Kirche wie Nathanael Liminski von „Generation Benedikt“.

Als „Reaktionär auf Deutschlandreise“ bezeichnet Gunnar Schedel Benedikt XVI. Er wirft einen Blick auf die Reden, die Joseph Ratzinger im Bundestag, im Erfurter Augustinerkloster und im Freiburger Konzerthaus gehalten hat, und kommt zu dem Ergebnis, dass sie – obwohl von der Öffentlichkeit sehr unterschiedlich aufgenommen – letztlich aus einem Guss sind. Die in Berlin erhobene Forderung, die Legislative möge sich wieder stärker an naturrechtlichen Vorstellungen orientieren, passe zusammen mit Benedikts Ausführungen über den Glauben, der nicht Vor- und Nachteile abwägen dürfe. Und auch der Satz (der viel Verwirrung ausgelöst hat), dass die Kirche sich von „ihrer Verweltlichung“ lösen müsse, füge sich – richtig verstanden – hier ein. Allen Äußerungen zugrunde liege die antidemokratische Haltung, die eigene Position über gesellschaftliche Mehrheiten zu setzen, den Kompromiss als Mittel der Politik abzulehnen. Da Ratzinger zahlreiche ethische Fragen, von der „Pränatalen Implantationsdiagnostik bis zur Sterbehilfe“, als Glaubensfragen ansehe, habe er in den Reden seinen Anhängern die Leitlinie vorgegeben, wie diese Debatten zu führen seien. (Die zunehmenden Aktivitäten der „Lebensschützer“ geben insofern einen interessanten Hinweis.)

Gaston Kirsche legt sein Hauptaugenmerk in seinem Beitrag über den Besuch des Papstes beim Weltjugendtag in Madrid auf die Proteste und die politischen Kungeleien im Vorfeld. Denn offenbar hat sich die sozialdemokratische Regierung auf einen Handel eingelassen: Die katholische Kirche fährt ihre Kampagnen gegen die Legalisierung von Abtreibung, Scheidung und Homo-Ehe zurück und im Gegenzug sorgt der Staat durch direkte Zuschüsse und Steuervergünstigungen dafür, dass die Finanzierung des Weltjugendtages gesichert ist.

Aufstieg und Untergang des Abendlandes

Der Aufstieg des christlichen Abendlandes, das hat auch Benedikt XVI. in seiner Bundestagsrede herausgestellt, gehe einher mit der „Erkenntnis der Unantastbarkeit der Menschenwürde“. Rolf Bergmeier meint hingegen, dass einer solchen Auffassung nur zustimmen kann, wer über keinerlei Geschichtsbewusstsein verfügt. Denn zwar findet sich in der Antike der Begriff der „Menschenwürde“ nicht, aber entsprechende Vorstellungen gibt es bereits einige hundert Jahre vor der Entstehung des Christentums. Diese sehen die Philosophen aber nicht durch die Götter sondern durch die Vernunft begründet. Auch die scheinbar originär christliche „Nächstenliebe“ knüpft an heidnische Gedanken der Menschenliebe und „Rücksicht für die, mit denen man lebt“ (Seneca), an. Der Beginn des Abendlandes sollte also nicht mit der Begründung der Menschenrechte gleich gesetzt werden, denn parallel zur Durchsetzung des Christentums verschwanden die aufklärerischen Anteile der griechisch-römischen antiken Philosophie für fast ein Jahrtausend in der Versenkung.

Der vermeintlich bevorstehende Untergang des Abendlandes war eine der wesentlichen Motivationen für den christlichen Fundamentalisten Anders Breivik, einige Dutzend Menschen zu erschießen, von denen er annahm, sie würden auf die Auflösung eines „christlichen Europas“ hinwirken. Christoph Lammers führt uns vor, wie in deutschen Medien der Mann, der von sich sagt, er verstehe sich als 100%iger Christ, „entchristianisiert“ wird – mit dem erkennbaren Ziel, eine Verbindung von Christentum und Gewalt mit allen Mitteln aus dem Diskurs herauszuhalten.

Gülen-Bewegung und deutsche Politik

Die Bewegung des Imam Fethullah Gülen wird in Deutschland vielfach als reformorientierte islamische Gruppierung wahrgenommen. Sevinc Tunali zeigt, dass dem eine gravierende Fehleinschätzung zugrundeliegt. Denn ein genauer Blick auf die Bewegung offenbart autoritäre Strukturen und dogmatische Denkweisen.

Eine Niederlage vermeldet Theodor Ebert: Das Verwaltungsgericht Ansbach hat es abgelehnt, im Fall der Besetzung eines Konkordatslehrstuhles an der Universität Erlangen eine Feststellungsklage zuzulassen.

Gerhard Rampp nimmt sich eine Entscheidung des Bundestages vor, bei der sich die christlichen Hardliner nicht durchsetzen konnten: die Abstimmung über das Gesetz zur Pränatalen Implantationsdiagnostik (PID). Er arbeitet heraus, dass die jetzt beschlossenen Einschränkungen für PID sowohl sachlich als auch juristisch fragwürdig sind.

Mit einem „Bollwerk gegen den Laizismus“ befasst sich Roland Ebert. Wie gut vertreten kirchliche Lobbyisten in höchsten Gremien sind, demonstriert er anhand des Bundestagspräsidiums, insbesondere am Beispiel Wolfgang Thierses.

Daneben gibt es Berichte über säkulare Veranstaltungen, Pressemitteilungen und Publikationen, Buchbesprechungen sowie die Internationale Rundschau mit einschlägigen Kurzmeldungen aus aller Welt.

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