von Ludwig Trepl
In der natur- und tierschutzethischen Diskussion ist eine bestimmte Auffassung der Position Kants überaus verbreitet, die von einiger Bedeutung ist. Das ist sie vor allem deshalb, weil in den (deutschen) ethischen Diskussionen insgesamt die Theorie Kants eine herausragende Rolle spielt. Da man ihm aber in Hinblick auf das gebotene Verhalten gegen Tiere eine Auffassung zuschreibt, die der eigenen Intuition entgegensteht, meint man nun oft, sich anderen „Paradigmen“ zuwenden zu müssen, meist solchen angloamerikanischer (utilitaristischer) Herkunft. Zwei Zitate sollen als Beispiele für die Auffassung stehen, die man Kant im Hinblick auf das Quälen von Tieren zuschreibt:
„Alle Menschen sind Selbstzweck, um ihrer selbst willen zu achten. Alle nichtmenschlichen Lebewesen hingegen haben nur einen Preis, d.h. einen Nutzwert, insofern sie dem Menschen als nützlich und wertvoll erscheinen. Er kann sie gebrauchen wie es ihm richtig scheint."
Natürlich hat der Mensch auch nach Kant eine Pflicht zum humanen Umgang mit Tieren. Dabei handelt es sich aber nicht um eine Pflicht dem Tier gegenüber, sondern um eine Pflicht ‚in Ansehung der Tiere’ – gegenüber den anderen Menschen (Immanuel Kant, MST AA VI 442-443). Um sich vor anderen Menschen nicht als gewalttätig oder roh zu erweisen, muss der Mensch sorgsam mit Tieren umgehen, aber nicht, weil die Tiere sonst Leid empfinden würden. Die Schmerzempfindlichkeit der Tiere ist für Kant nicht relevant. ...