Religiöse Rechte - Notizen März 2012

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US-Flag / Foto: Andrea Church (morguefile)

USA. (hpd)  Im amerikanischen Vorwahlkampf duellieren sich weiterhin Mitt Romney und Rick Santorum. Der ehemalige Gouverneur von Massachusetts und der ehemalige Senator aus Pennsylvania kämpften erbittert gegeneinander um die Stimmen der Republikaner. Romney, der lange Zeit als unvermeidbarer Kandidat galt, geriet immer weiter in die Enge.

Die Christliche Rechte mag sich mit ihm nicht anfreunden, ist aber selbst zerstritten. Weitere Themen, mit denen sie sich befasste, sind der Nahostkonflikt, die Gesundheitsreform, Joseph Kony und der Mord am schwarzen Teenager Trayvon Martin.

In diesem Monat blickten die drei Mitglieder der American Family Association Tim Wildmon, Sandy Rios und Bryan Fischer im Fernsehen auf die jüdische Gemeinde in den USA. Juden seien in ihrer Wahlentscheidung „verwirrt“, da sie Sympathien für Barack Obama hätten, so Rios. Jüdische Atheisten zählten zu den schlimmsten Feinden Amerikas, Israel sei ein überwiegend atheistischer Staat. AFA-Chef Wildmon stimmte ihr zu, Juden in den USA seien unglücklicherweise sehr links. (Quelle)
 

Auch Pat Robertson teilte hart gegen Juden aus, wenn auch nur nebenbei. Eigentliches Ziel seiner Attacke waren Muslime, die seiner Ansicht nach die Scharia in den Vereinigten Staaten einführen wollten. Robertson griff dann aber die jüdische Anti-Defamation League an. Ihr Vorsitzender, der die Muslime gegen Robertsons Pauschalurteile verteidigt hatte, sei blind und kümmere sich nicht ausreichend um Israel. Ein weiteres Beispiel für die Ambivalenz in den Christlich-Jüdisch-Islamischen-Beziehungen lieferte Cindy Jacobs. Sie erneuerte noch einmal an die These der Evangelikalen, dass der Holocaust göttlicher Wille gewesen sei, da er eine Massenflucht der Juden auslöste, die in letzter Konsequenz zur Gründung Israels führte. Genauso wie die europäischen Juden vor dem Nationalsozialismus nach Israel flohen, müssten nun auch ihre Glaubensbrüder Amerika verlassen. War es damals Hitler, der den göttlichen Willen ausführte, so würden heute Islamisten diese Aufgabe übernehmen. (Quelle 1) (Quelle 2)

Auch Jerry Boykin nahm die Muslime ins Visier. Er warf dem amerikanischen Finanzministerium vor, Dschihadisten zu finanzieren. Schließlich habe das Ministerium mit Banken zusammengearbeitet, die ihren Kunden islamkonforme Kredite anbieten. Bryan Fischer teilte nur indirekt gegen den Islam aus. Obamas Forderung nach Kostenerstattung für Verhütungsmittel sei das Vorzeichen einer „säkularen Scharia“. Fischer präsentierte auch die 10 Gebote, die „Imam Obama“ den USA bringen wolle. (Quelle 1) (Quelle 2)
 

Matt Barber griff zu einer Holocaustanalogie, um sich gegen Abtreibung zu positionieren. Man müsse gegen den Mord durch Abtreibung ebenso vorgehen, wie der evangelische Widerstandskämpfer, der im Nationalsozialismus hingerichtet wurde. Kurz darauf machte er klar, dass er seine Analogie tatsächlich so verstanden haben wollte, dass Abtreibungsbefürworter auf einer Stufe mit Nazis stünden. (Quelle)

Diesen Monat landete Obamas Gesundheitsreform vor dem Obersten Gerichtshof. Vertreter der Christlichen Rechten riefen dazu auf, dafür zu beten, dass die Pläne des Präsidenten auf juristischem Wege gestoppt würden. In der Vergangenheit war Obamas Gesundheitspolitik scharf kritisiert worden, so warf man ihm beispielsweise vor, ein Euthanasieprogramm nach Nazivorbild zu planen. (Quelle)
 

Cindy Jacobs nahm Stellung zu dem Urteil des Obersten Gerichtshofes aus dem Jahr 1962, das das Schulgebet aus den öffentlichen Schulen verbannt hatte. In den vergangenen 50 Jahren seien Selbstmorde, Vergewaltigungen und Waffenbesitz unter Schülern dramatisch angestiegen. (Quelle)

 

Der republikanische Senator James Inhofe äußerte sich in einer christlichen Radiosendung skeptisch zum Klimawandel. Im Buch Genesis stehe geschrieben: „Forthin, alle Tage der Erde, sollen nicht aufhören Saat und Ernte, und Frost und Hitze, und Sommer und Winter, und Tag und Nacht.“ Er glaube daher nicht an die globale Erwärmung. Auch Pat Robertson äußerte sich ähnlich. Der Klimawandel sei nicht wissenschaftlich bewiesen und ein Mythos. Diese Aussage ist umso erstaunlicher, als Pat Robertson noch im Jahr 2007 die gegenteilige Position vertreten und Al Gores Vorstoß zum Umweltschutz unterstützt hatte. (Quelle 1) (Quelle 2)
 

Matt Barber vom konservativen Liberty Counsel nahm die Bürgerrechtsorganisation Southern Poverty Law Center aufs Korn. Diese veröffentlicht in regelmäßigen Abständen eine Liste mit „hate groups“. Das Liberty Counsel fand sich selbst auf dieser Liste wieder. Matt Barber kritisierte, dass auch rechtsextreme Milizen als „hate group“ eingestuft wurden. Nur liberale Extremisten könnten sich an patriotischen Gruppen stoßen. (Quelle)

 

Wie immer nahm Bryan Fischer Homosexuelle aufs Korn. Er wies die Anschuldigung, Beleidigungen und Mobbing könnten Schuld am Selbstmord Homosexueller sein, zurück. Die American Family Association werde stetig von den Linken gemobbt und verachtet, dennoch würden ihre Mitarbeiter nicht Suizid begehen. Auch Prediger Bill Keller wies eine Mitschuld am Selbstmord Schwuler weit von sich. Diesen Monat wurde ein Student verurteilt, weil er per Webcam einen Kommilitonen dabei beobachtet hatte, wie er einen anderen Mann küsste. Er verbreitete das Video im Internet. Der junge Schwule brachte sich daraufhin um. Keller fand es „beängstigend“, dass jemand für die Tat eines anderen (Selbstmord) verurteilt werden könnte. Dies ist sogar faktisch falsch, denn das Gericht behandelte den Selbstmord nicht, sondern verurteilte nur einen Einbruch in die Privatsphäre des Opfers. (Quelle 1) (Quelle 2)
 

Mat Staver behandelte in seiner Radiosendung den Skandal um Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche. Ähnlich wie auch Bischof Mixa, warf er dem amerikanischen Sexualforscher Alfred Kinsey vor, für eine Verrohung der Sitten und damit zu den Fällen von Pädophilie geführt zu haben. Pat Robertson hatte eine andere Erklärung. Für ihn sind Schwule von Dämonen besessen. (Quelle 1) (Quelle 2)

 

Die Tonlage für Atheisten in den USA verschärft sich unterdessen weiter. Pat Robertson sieht in Nicht-Christen einen Virus. Ein gesundes Immunsystem könne das Virus bekämpfen, wenn genug Antikörper vorhanden seien. Dort wo das Christentum auf dem Rückzug sei, stünden nicht genug Antikörper bereit. Baptistenpastor Dennis Terry, der zum Unterstützerkreis Rick Santorums gehört, rief den Nicht-Christen „Raus aus Amerika!“ zu. Wer einen christlichen Hassprediger hören will, dem sei das youtubevideo empfohlen. (Quelle 1) (Quelle 2)

Pastor Bryan Griem attackierte in diesem Monat atheistische Soldaten. Sie seien unzuverlässig, da sie nicht an ein Leben nach dem Tod glaubten und würden sich daher auch nicht für ihre Kameraden in der Schlacht opfern. Atheismus führe zu militärischer Schwäche. (Quelle)

Für internationales Aufsehen sorgte im März vor allem der Film „Kony 2012“, der sich auf der Videoplattform youtube in Windeseile verbreitete. Er klagt den Joseph Kony, Führer der Lords Resistance Army, mit drastischen Tönen an. So wird dem Warlord aus Uganda vorgeworfen, Kindersoldaten auszubilden. Auch wenn die Vorwürfe gegen Kony im Wesentlichen zutreffen, wurden dem Film Einseitigkeit vorgeworfen. Der Höhepunkt seiner Macht liegt schon Jahre zurück, heute gehe nur noch eine geringe Gefahr von Konys aus. Außerdem spiele die Organisation „Invisible Children“, die hinter dem Film steht, der US-Regierung in die Hände. Kritik wurde auch daran geäußert, dass der Präsident Ugandas Musevi in „Kony 2012“ zu positiv dargestellt wird, obwohl ihm auch Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden.

Invisible Children hat Kontakte zur Christlichen Rechten und empfing von dieser auch Spendengelder. Präsident Musevi hat gute Kontakte zu Evangelikalen. Seine Regierung plante jüngst eine Gesetzesänderung, die Homosexualität mit dem Tode bestraft hätte. Auch dabei sollen ihn amerikanische Evangelikale unterstützt haben. (Quelle)

 

Im vergangenen Monat sorgte vor allem der Mord an dem schwarzen Teenager Trayvon Martin für Aufsehen. Die amerikanische Gesellschaft diskutiert noch darüber, ob die Tat rassistisch motiviert oder nur Notwehr war. In der emotional geführten Debatte erklärte Barack Obama, dass sein Sohn, so er einen hätte, wie Trayvon aussehen würde. Sandy Rios warf ihm daraufhin vor, dass sein Auftreten den seit 50 Jahren anhaltenden „Waffenstillstand“ zwischen Schwarzen und Weißen gefährde. Ihr Gesprächspartner, der konservative Politiker Gary Bauer attackierte die schwarzen Bürgerrechtler Sharpton und Jackson, die seiner Meinung nach aus dem Vorfall Profit schlagen wollten. Die christliche Jugendorganisation Bound4Life nahm sich ebenfalls des Falles an. Er sei ein Verbrechen, gleichzeitig müsste aber thematisiert werden, dass sich niemand daran störe, dass aus angeblich rassistischen Gründen die Mehrzahl aller abgetriebenen Babys in den USA schwarz sei. (Quelle 1) (Quelle 2)

 

Wie die Los Angeles Times berichtet, wird der christliche Fernsehsender TBN von einem Korruptionsskandal erschüttert. Wie eine Enkelin des Senderchefs Paul Crouch berichtet, hat dieser kräftig in die eigene Tasche gewirtschaftet, um sich einen eigenen Jet zu finanzieren. (Quelle)

Eine christliche Gruppierung erinnerte an den Untergang der Titanic vor 100 Jahren. Man solle das christliche Prinzip, „Frauen und Kinder zuerst“ würdigen. James Cameros Spielfilm, der nun in einer 3D-Version auch in deutschen Kinos zu sehen ist, sei nicht zu empfehlen. „Titanic“ zeige marxistischen Klassenkampf, da gezeigt werde, dass die Passagiere der 3. Klasse daran gehindert wurden, die Rettungsboote zu besteigen, während die Reisenden der 1. Klasse bevorzugt gerettet wurden. (Quelle)

Pastor David Barton eröffnete als Hobbyhistoriker eine ganz neue Sicht auf den Vietnamkrieg. Für ihn haben die US-Streitkräfte dort keine krachende Niederlage erlitten. Laut russischen Geheimdienstberichten habe die vietnamesische Führung kurz vor einer Kapitulation gestanden. Einige Bombenangriffe mehr und die USA wären siegreich aus dem blutigen Stellvertreterkrieg hervorgegangen. (Quelle)
 

Langsam scheint der Kampf um die republikanische Präsidentschaftskandidatur entschieden. Mitt Romney hat durch seine Wahlerfolge einen enormen Vorsprung an Delegiertenstimmen erzielen können. Newt Gingrich wird voraussichtlich keine Siege mehr einfahren, Rick Santorum wahrscheinlich nicht mehr oft genug siegen können um den Spitzenreiter einzuholen. An der radikalen Rhetorik, die bereits den gesamten Vorwahlkampf durchzieht, ändert dies aber nichts.

Newt Gingrich warf den Medien-Eliten vor, Obama zu stützen und auf seine Wiederwahl hinzuarbeiten. Die Berichterstattung blende Obamas „muslimische Freunde“ komplett aus, Es sei verwunderlich, dass der US-Präsident immer wieder den Islam entschuldige, aber gleichzeitig die katholische Kirche attackiere. Gingrich warnte vor dem Chaos, das durch die Einführung der Homoehe entstünde und versprach gegen Obamas antichristliche und antijüdische Haltung vorzugehen. Rick Santorum warf dem US-Präsidenten vor, gemeinsame Sache mit der iranischen Regierung gemacht zu haben. Grund: Obama sei nicht eingeschritten, als Ahmadinedschad die Protestbewegung gegen seine Wieder“wahl“ niederknüppeln ließ. (Quelle 1) (Quelle 2) (Quelle 3)

 

Eine erfreuliche Nachricht zum Schluss. Harold Camping verzichtet fortan auf Prognosen zum Weltuntergang. Im vergangenen Jahr hatte der Prediger das Ende aller Tage auf den Mai datiert und sich, als es ausblieb auf den Oktober korrigiert. (Quelle)
 

Redaktion und Übersetzung: Lukas Mihr