BERLIN. (hpd) Kann es in der Erinnerung an das Konzentrationslager Theresienstadt auch etwas Positives geben? Ja, meinen die überlebenden „Mädchen vom Zimmer 28“ und die Berliner Autorin Hannelore Brenner-Wonschick, die mit den Frauen zusammen das Project des „Room 28“ entwickelt hat, das jetzt weiter getragen wurde.
Eine einzelne Frau war der Motor und fand mit ihrer Idee, ihrem mitreißendem Engagement, unbeirrbaren Überzeugungswillen und Arbeitseinsatz Gehör und fügte ihr individuelles und menschliches Anliegen in einen großen Rahmen: Hannelore Brenner-Wonschick, mit dem Room 28 project.
Vor vier Jahren, in einem hpd-Interview, hatte sie das Besondere der historischen Situation beschrieben: Es ist „Das Schicksal und der Alltag der ‚Mädchen von Zimmer 28‘ im Konzentrationslager Theresienstadt, einen Alltag, der die kommende Tragödie bereits in sich birgt. Es ist eine Geschichte der Hoffnung, der Freundschaft, des Bemühens um Vollkommenheit, um kulturelle Leistungen, um Menschlichkeit - im Angesicht größter Angst.“ Und: „In einer schier hoffnungslosen Situation, inmitten von Hunger, Angst und Schrecken, versuchte man den Kindern in Theresienstadt doch so etwas wie ein „Zuhause" zu schaffen - eine „Insel im tobenden Meer". Und auf dieser Insel passierte allerhand Ungewöhnliches: Die Kinder gründeten die Organisation „Maagal" - ein hebräisches Wort für Kreis, und im metaphorischen Sinne, für Vollkommenheit. Nach Vollkommenheit wollten diese Mädchen streben - und dafür gibt es viele Beweise und Zeichen - eine Hymne von Zimmer 28, eine Flagge, Gedichte, Eintragungen ins Poesiealbum, Aufsätze und manches mehr.“
Die Zeiten ändern sich, und waren vor drei Jahren, während der Ausstellung im Rathaus des Berliner Bezirks Schöneberg, noch alle „Mädchen“ dabei, lebten noch alle zum Zeitpunkt der Israelreise und den „12 Tagen des Gedenkens“ im Februar 2010, sind mittlerweile die ersten verstorben. Auch Zeitzeugen haben nur eine begrenzte Zeit, persönlich Zeugnis abzulegen. Was bleibt nach ihrem Tod zu tun?
Die Erinnerung weiter tragen
Die Erinnerung weiter tragen, in einer zu entwickelnden zeitgemäßen Form. Dafür ist jetzt ein deutsch-tschechisches Projekt entstanden, das gestern auf Einladung des Botschafters der Tschechischen Republik, Dr. Rudolf Jindrák, in der Botschaft der Tschechischen Republik in der Wilhelmstraße in Berlin vorgestellt wurde .
Gesandter Botschaftsrat Milan Coupek, Hannelore Brenner-Wonschick
Nachdem Hannelore Brenner-Wonschick im Kinosaal der Botschaft in vielen Bildern die Entstehung und Geschichte des Projekts noch einmal verdeutlich hatte, referierten die beiden Professoren Zdenek Beněs (Karls Universität, Prag) und Detlef Pech (Humboldt-Universität zu Berlin) über ihren Ansätze und den Beginn der Überlegungen, mit den Studenten Unterrichtsmaterialien zu entwickeln, die diesem besonderen Anliegen des Projekts, die Leistung einer humanistischen Kultur im Überleben von Menschen zu thematisieren, zu entsprechen.
Der zweite Teil des Abends brachte dann im Musiksaal der Botschaft die Texte aus dem historischen Tagebuch, dem Poesiealbum und den Liedern, die in Theresienstadt komponiert worden waren, zum Wieder-Erleben. Helga Pollak-Kinsky, eines der damaligen Mädchen und Holocaust-Überlebende, die heute in Wien lebt, und Hannelore Brenner-Wonschick lasen abwechselnd aus den Texten.
Die Texte kreierten mit den Liedern, die von Maria Thomaschke und Andreas Jocksch aus Berlin vorgetragen wurden, begleitet von Winfried Radeke (Leitung, Arrangement) auf dem Flügel (Ensemble "Zwockhaus"), einen Wort- und Klangrahmen, der die zahlreichen Zuhörer berührte.
Das Gebäude der Botschaft der Tschechischen Republik steht in der Wilhelmstraße in Berlin genau gegenüber der Einmündung der Voßstraße, an der von den Nationalsozialisten die Neue Reichskanzlei Adolf Hitlers errichtet worden war.
Diese besondere Situation verdichtete sich umso mehr, als die Stadt, die durch die raumhohe Verglasung des Musiksaales langsam in der zunehmenden Dämmerung zurück in die Dunkelheit trat, und das Licht des Saales, die Texte der Lesung und die gesungenen Lieder aus dem Konzentrationslager Theresienstadt Teile der Gegenwart blieben.
Helga Pollak-Kinsky im Gespräch mit Schülern und beim Signieren
C.F.