Schlussbetrachtung: Es wäre verfehlt, die 60 000 Besucher des Mannheimer Katholikentages aus säkularer Sicht kollektiv zu ignorieren oder gar auszugrenzen. Zu deutlich und vielfältig waren die kritischen Stimmen.
Es war dies keine reine Papstveranstaltung. Manche Wortmeldungen könnten auch von einem Säkularen stammen: „Die Kirche ist oft ausgrenzend und hartherzig“ und „Überwiegend alte Männer versuchen ihre Macht zu erhalten“.
Bundestagspräsident Lammert konstatierte eine „faktische Entmündigung der Laien“ und meinte, dass statt eines schon vor 50 Jahren propagierten Aufbruchs heute Stagnation herrsche. Da erhebt sich natürlich die Frage, ob diesmal das Motto des Mannheimer Katholikentages „Den Aufbruch wagen“ mehr als eine Worthülse sein kann.
Offenbar ließ sich Erzbischof Meisner zu der erstaunlichen Einsicht hinreißen, dass Homosexuelle auch Menschen sind. Folgerichtig meinte ein Humorist auf dem Katholikentag: „Wenn man einen Bischof gehört hat, braucht man anschließend wieder etwas zum Lachen“.
Viele Teilnehmer formulierten: „Der Dialog funktioniert nicht – aber austreten, unmöglich“. Die sozialen Bindungen und die Einübung in den Glauben verhindern noch bei vielen eine konsequente Entscheidung. Aber hier kommt ein strukturelles Problem auf die Kirche zu: die nächste Generation scheint von solchen Hemmnissen weitgehend frei zu sein.
Und viele der Teilnehmer am Mannheimer Event, mit denen man heute schon auf einer gemeinsamen Basis reden kann, werden sich demnächst von der Kirchenhierarchie verabschieden. Sonst wäre nicht zu erklären, dass in absehbarer Zukunft wiederum die Zahl der Austritte aus der katholischen Kirche die Gesamtzahl der Teilnehmer am Kirchentag übersteigen wird.
Robert Zwilling
Fotografie: Reza (8), Evelin Frerk (4), Manja Neuhaus (1), Michael Reich (1), GBS Rhein-Neckar (2).