Rechtsextremistische Einstellungen

(hpd) Die im Zwei-Jahres-Rhythmus im Auftrag der Friedrich Ebert-Stiftung durchgeführten Umfragen zur Verbreitung rechtsextremistischer Einstellungen konstatieren vor allem einen relativ starken Anstieg in den ostdeutschen Ländern und ebendort unter Jugendlichen.

In der Bundesrepublik Deutschland gab es nach den Angaben im Verfassungsschutzbericht des Bundes Ende 2011 22.400 mehr oder weniger politisch organisierte Rechtsextremisten. Doch wie steht es um das Ausmaß von rechtsextremistisch Eingestellten in der Bevölkerung? Darüber geben Befragungen im Sinne der empirischen Sozialforschung Auskunft, wobei es sich meist nur um einmalige Umfragen handelt. Insofern können vergleichende Beobachtung im zeitlichen Verlauf nur schwer vorgenommen werden. Eine Ausnahme bilden hier die seit 2002 im Zwei-Jahres-Rhythmus im Auftrag der Friedrich Ebert-Stiftung durchgeführten Studien zu rechtsextremistischen Einstellungen, die von einem Forscherteam an der Universität Leipzig um die beiden Psychologen Elmar Brähler und Oliver Decker durchgeführt werden. Ihre neueste Studie mit dem Titel „Die Mitte im Umbruch. Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2012“ enthält eine Auswertung von repräsentativem Datenmaterial vom Juni und Juli des Jahres.

Nach einigen definitorischen und methodischen Ausführungen präsentierten sie die Daten mit teilweise recht hohen Zustimmungswerten zu eindeutig rechtsextremistischen Einstellungen wie etwa „Was Deutschland jetzt braucht, ist eine einzige starke Partei, die die Volksgemeinschaft insgesamt verkörpert“ mit 16,2 Prozent oder „Eigentlich sind die Deutschen anderen Völkern von Natur aus überlegen“ mit 17,8 Prozent. Dem folgen Ausführungen zu soziodemographischen Merkmalen der rechtsextremistisch Eingestellten wie etwa zu Alter, Bildung, Geschlecht oder Wohnort. Gesonderte Aufmerksamkeit finden darüber hinaus noch die Einstellungen zum Antisemitismus sowie die Einstellungen zu Islamfeindschaft und Islamkritik, wobei die beiden letztgenannten Positionen trennscharf definiert und untersucht wurden. Auch die politischen Einstellungen bei Migranten, die ja nun auch rechtsextremistische Einstellungen aufweisen können, thematisiert diese Ausgabe der regelmäßigen Studien erstmals genauer.

Bilanzierend halten die Autoren fest: Bezogen auf die rechtsextremistischen Einstellungen insgesamt gibt es ein leichtes Ansteigen von 8,2 Prozent 2010 auf 9,0 Prozent 2012, wobei aber ein leichter Rückgang im Westen und ein starker Anstieg im Osten feststellbar ist. In den neuen Bundesländern nahmen die Werte von 10,5 auf 15,8 Prozent zu. Dabei fallen „gerade die jungen Ostdeutschen ... mit hohen Werten auf“ (S. 54). Man sieht das Problem aber weder als Jugend- noch als Ostthema, gibt es doch auch bei Älteren im Westen relativ hohe Werte. Bezogen auf die gesellschaftlichen Ursachen heißt es: „Vielmehr scheinen die sozioökonomischen Strukturmerkmale der Bundesländern entscheidend zu sein“ (S. 55). Insbesondere in abwärtsdriftenden Regionen in Ost wie West ließen sich starke Anstiege ausmachen. Ansonsten konstatieren die Autoren: „Die Ausländerfeindlichkeit ist zudem nicht etwa da besonders hoch, wo sich unterschiedliche Bevölkerungsgruppen täglich begegnen, sondern dort, wo kaum Migranten wohnen“ (S. 55).

Die Studien von Brähler und Decker sind allein schon aufgrund ihrer einheitlichen und regelmäßigen Durchführung bedeutsam und unverzichtbar, erlaubt doch nur eine solche Vorgehensweise die präventive Einsicht in Bedeutungsverschiebungen im Meinungsbild der Bevölkerung. Sie arbeiten auch mit eindeutigen Einstellungsstatements, die wie die genannten Beispiele klar rechtsextremistische Positionen messen. Dies gilt aber nicht unbedingt für die Items zu Fremdenfeindlichkeit und Nationalismus. Aber hier kann man sich die Daten zu den entscheidenden Fragen immer gesondert betrachten. Kritikwürdig wäre ebenfalls die Rede von einem „geschlossenen rechtsextremistischen Weltbild“, was es in dieser Form häufig noch nicht einmal bei Aktivisten in diesem politischen Lager gibt. In der aktuellen Ausgabe verdienen insbesondere die Ausführungen zu Antisemitismus und Islamfeindlichkeit größere Aufmerksamkeit. Darüber hinaus machen die Brähler und Decker deutlich, dass es sehr starke judenfeindliche Neigungen unter Migranten gibt.

Armin Pfahl-Traughber

Oliver Decker/Johannes Kiess/Elmar Brähler, Die Mitte im Umbruch. Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2012, Bonn 2012 (J. H. W. Dietz-Verlag), 142 S., 9,90 €

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