Christenverfolgung, Mission und Open Doors

Öffentliche Gelder für missionarisch tätige christliche Organisationen

Die deutsche Entwicklungshilfe fließt bevorzugt in solche christlich-missionarische Projekte, die überwiegend vom Steuerzahler finanziert werden. (Siehe auch: Carsten Frerk, Violettbuch Kirchenfinanzen – wie der Staat die Kirchen finanziert)

Es ist wegen der (Unterstellung: absichtlich) mangelnden Transparenz der vielfältigen christlichen Einrichtungen mühsam, diese Informationen zusammenzutragen und zu einem vollständigen, objektiven Bild zu gelangen.

Die Zusammenarbeit Kirchen/Staat wurde von Adenauer eingeführt und besteht unverändert seit mehr als 50 Jahren. Zahlen und Fakten: Die Mittel gehen in etwa paritätisch an evangelische und katholische Entwicklungshilfeeinrichtungen. Im Jahr 2011 hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung dafür 233,3 Mio. Euro zur Verfügung gestellt. Diese Mittel werden frei von politischen Auflagen zur Verfügung gestellt: Einzige Bedingung: Die Kirchen dürfen die Steuermittel nicht für Verkündungsprojekte einsetzen. Siehe: 50 Jahre Kooperation von Staat und Kirchen in der Entwicklungszusammenarbeit. Die Hilfe wird vorrangig für Maßnahmen der Bildung, der Gesundheit und andere soziale Zwecke bereitgestellt. Seelsorgerische Maßnahmen, insbesondere der Verkündigung, sind von der öffentlichen Hilfe ausgenommen; hierfür werden ausschließlich kirchliche Mittel verwendet. Die Kirchen müssen zu den Projekten mindestens 25 Prozent Eigenmittel bereitstellen.

Die Kirchen müssen Eigenmittel einsetzen und zusätzlich zusätzliche Spendenmittel einwerben und können dann wunderbar Entwicklungshilfe-Projektarbeiten und christliche Missionierung kombinieren. Die Kirchen können durch Entwicklungshilfeprojekte und kircheneigene Missionsarbeit Synergien erzielen, die überwiegend der Steuerzahler finanziert. Laut Jahresbericht 2011 wurden beim Evangelischen Entwicklungsdienst ziemlich genau die geforderten 25 Prozent Eigenmittel (46,1 Millionen Euro) eingesetzt; bei dem bischöflichen Hilfswerk MISEREOR wurden lediglich 8,3 Millionen Euro (Anteil: 4,6%) an kirchlichen Haushaltsmitteln ausgewiesen.

Diese Zusammenhänge werden in Deutschland verborgen gehalten. Statt Trennung von Kirche und Staat überwiegen gemeinsame Interessen von Politikern und Kirchenvertretern zur gegenseitigen wohlwollenden Unterstützung. In Köln nennt man solche Zustände „Klüngel“ – ein System auf Gegenseitigkeit beruhender Hilfeleistungen und Gefälligkeiten „eine Hand wäscht die andere“. Hier wäre Transparenz und eine Trennung von Kirche und Staat heilsam.

Missionsarbeit wird in der Öffentlichkeit in Deutschland kritisch wahrgenommen; öffentliche Geldgeber stellen ihre Mittel dafür nicht zur Verfügung und in den Empfängerländern ist Missionsarbeit teils verboten oder unerwünscht. In den Unterlagen von MISEREOR und Brot für die Welt, z. B. in Projektberichten und Jahresberichten findet man kaum Hinweise auf missionarische Absichten. Offiziell bestreitet das bischöfliche Hilfswerk MISEREOR missionarische Absichten. Eine ähnliche Sichtweise darf man auch von der Stiftung Brot für die Welt erwarten.

Die katholische Kirche ist ihrem Wesen nach „missionarisch“

Wer das nicht glaubt oder bestreitet, kann es auf einer katholischen Internetseite unter den Stichworten „Mission“, „Missio“ nachlesen:

Mission
Lat. missio = "Auftrag, Sendung"; die Verkündigung des Evangeliums unter Nichtchristen. Gemäß dem Zweiten Vatikanischen Konzil ist die kath. Kirche ihrem Wesen nach "missionarisch". Es ist urchristlicher Auftrag, den Glauben an den auferstandenen Jesus zu verkünden ("Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen", Mk 16, 15; "Darum geht zu allen Völkern und macht die Menschen zu meinen Jüngern!", Mt 28, 19). In der Reflexion des eigenen Verhaltens hat sich die Kirche von gewalttätiger Mission in der Vergangenheit distanziert und Fehler eingestanden. Der christliche Missionsauftrag kann nur so erfüllt werden, dass sich Menschen von einem überzeugend gelebten Glauben ansprechen lassen.

Missio
Lat. "Sendung"; internationales kath. Missionswerk mit Sitz in Aachen und München, 1832 gegründet, eines von weltweit über 100 päpstlichen Missionswerken. Seine Aufgabe besteht darin, partnerschaftliche Beziehungen zu den Kirchen in Afrika, Asien und Ozeanien zu unterhalten, Projekte dieser Kirchen zu unterstützen und in Deutschland Bewusstseinsbildung zu leisten. Finanziert werden diese Projekte überwiegend aus Spenden und dem Ergebnis der Kollekte am Weltmissionssonntag, aber auch aus Kirchensteuermitteln.

Auszug Weltkirche katholisch zum Thema „Mission“:

Die Kirche ist daher wesentlich „missionarisch“, es geht um Inkulturation auf allen sechs Kontinenten. Auch Johannes Paul II. betonte in seiner Missionsenzyklika Redemptoris missio (1990), dass die Kirche zu neuen Ufern aufbrechen müsse und nahm daher neue soziale Welten wie Armut, Großstädte und Migranten in den Blick. Missionarische Tätigkeit im integralen Sinn umfasst neben dem Lebenszeugnis und der Verkündigung den Einsatz im Bildungs- und Gesundheitswesen und in der Entwicklungszusammenarbeit.

„Die missionierende Weltkirche ist eine kommunikative Lerngemeinschaft, eine spirituelle Gebetsgemeinschaft und eine diakonische Solidargemeinschaft.“

Die deutschen Katholiken unterstützen die Weltkirche mit den kirchlichen Hilfswerken und den missionierenden Orden, aber auch durch die zahlreichen Gruppen und Initiativen, die sich für die Eine Welt einsetzen. Die deutschen Bischöfe haben mit dem Dokument Allen Völkern Sein Heil (2004) programmatisch dazu beigetragen. Sie sehen eine missionierende Weltkirche als kommunikative Lerngemeinschaft, als spirituelle Gebetsgemeinschaft und als diakonische Solidargemeinschaft.

Bibelverteilung in islamischen Ländern / Koranverteilung in Deutschland

In Deutschland klingt es zunächst harmlos, wenn christliche orientierte Organisationen jährlich Millionen Bibeln und andere christliche Traktate in islamischen Ländern verteilen.

Um die öffentliche Wirkung in muslimischen dominierten Regionen zu verstehen, sollte man sich in Erinnerung rufen, welches Echo die Koranverteilung durch islamische Salafisten im Jahr 2012 in Deutschland ausgelöst hat [22]. Es hat nicht lange gedauert, bis der öffentliche Druck auf die Druckerei dazu geführt hat, dass diese keine Koran-Ausgaben mehr gedruckt hat. Auch der Verfassungsschutz kritisiert die Koran-Verteilung. Die Ulmer Druckerei hat den Druck eingestellt, nachdem von den 25 Millionen geplanten Exemplaren 300.000 gedruckt waren.

Nach dieser Erfahrung in Deutschland sollte man sich nicht länger wundern, dass christliche Missionierung und Bibelverteilung in islamischen Ländern ebenfalls Ressentiments auslöst.

Missionierung ist ein Übel

Missionierung ist ein Übel und bekanntermaßen das Ziel jeder religiösen Organisationen. Sie darf vom deutschen Staat nicht unterstützt werden.

Die Mehrheit der Deutschen will keine vom Steuerzahler finanzierten christlichen Missionen und christliche Entwicklungshilfe im Ausland. Andere Nationen und viele neutrale Hilfseinrichtungen leisten Entwicklungshilfe ohne dies „Amtskirchen“ anzuvertrauen.

Altbundeskanzler Helmut Schmidt sagt sehr deutlich in seiner Weltethos-Rede in Tübingen: „Dem Ziel des Friedens dient es nicht, wenn die Gläubigen und die Priester einer Religion versuchen, die Gläubigen einer anderen Religion zu bekehren und zu missionieren. Deshalb stehe ich dem Grundanliegen der Mission des Glaubens mit tiefer Skepsis gegenüber.“ Dieselbe Aussage findet man in seinem Buch „Religion in der Verantwortung: Gefährdungen des Friedens im Zeitalter der Globalisierung“.

Im Gegenteil, es wäre für die Bundesregierung angebracht sich von missionarischen christlichen Bewegungen zu distanzieren. Dazu müssen offensichtlich die Medien und die Bevölkerung erst einmal informiert sein und dann den Politikern und der Bundesregierung Fragen stellen.

Werner Koch

 

Die ZEIT für Propaganda (Open Doors) vom 19.6.2007