Filmfestival: Rassismus im Alltag

Deutsche Kolialherrschaft

In der Pause kann man feststellen, dass der Saal in der Villa Neukölln bis auf den letzten Platz gefüllt ist, vor allem, aber nicht ausschließlich, mit jungem weißen Publikum. Es gibt einen Büchertisch mit DVDs, Broschüren und Gedichtbänden. In einer Ecke des Raumes läuft der Film „White Charity“, (47:59)  in dem die Autoren Timo Kiesel und Carolin Philipp auf rassistische Spendenwerbung von Entwicklungshilfeorganisationen, wie „Misereor“, „Brot für die Welt“, „Welthungerhilfe“, „Care“ u. a. m.  aufmerksam machen.

 

Während man im ersten Block an vielen Stellen schmunzeln und lachen konnte, wird es im zweiten Block des Filmfestivals schwermütig. In ihrem Film „Deutsch-Südwas?“
recherchieren die Filmemacher des Filmkollektivs Deutsch Süd-Was zu dem deutschen Kolonialverbrechen an den Herero und Nama in Namibia Anfang des 20. Jh. In den Jahren 1904 bis 1908 wurden die Aufstände der Herero und Nama von deutschen Truppen blutig niedergeschlagen, ja, es gab den Vernichtungsbefehl durch von Trotha und erste deutsche Konzentrationslager.

In einer Anfangssequenz des Films werden Menschen auf der Straße zu ihrem Wissen über die deutsche Kolonialpolitik befragt. Obwohl die Frage einen überaus wichtigen historischen Wert hat, wissen nur wenige, dass Deutschland Kolonien z.B. im heutigen Tansania, Namibia oder Kamerun hatte. Der Film berichtet, dass auf dem Garnisonsfriedhof in Neukölln ein Gedenkstein steht, der an die gefallenen Soldaten der deutschen Schutztruppe in Namibia erinnert. 2009 wurde aufgrund von Protesten endlich ein weiterer Gedenkstein „Zum Gedenken an die Opfer der deutschen Kolonialherrschaft in Namibia 1884-1915, insbesondere des Kolonialkrieges von 1904-1907“ eingeweiht.

Der auf das Podium geladene Moctar Kamara, Vorstandsmitglied des Zentralrats der Afrikanischen Gemeinde in Deutschland, fordert die Bundesregierung auf, diesen Genozid endlich zu benennen und damit auch völkerrechtliche Konsequenzen zu ziehen. Damit ist eine offizielle Entschuldigung der deutschen Regierung und Reparationszahlungen unabhängig von den bisherigen Entwicklunghilfezahlungen gemeint. (Seit 1990 sind insgesamt lächerliche 700 Mio € Entwicklungshilfegelder geflossen. Nur zum Vergleich: Die jährlichen Gehälter von kirchlichen Amtsträgern betragen in Deutschland 800 Mio € aus Steuergeldern!)

In einem weiteren Film konfrontierten die Filmemacher von leftvision clips Passagiere der Berliner U-Bahn mit den Namen der NSU-Opfer und Texte zu Alltagsrassismus (03:51).

Sie möchten zeigen, dass sich Rassismus nicht nur in seiner extremsten Form, einer jahrelangen Mordserie, äußert, sondern schon im alltäglichen gesellschaftlichen Umgang.

Im dritten und letzten Block zeigten die Veranstalter den Film „Hoffnung im Herz“ (13:25) aus dem Jahre 1997 von Maria Binder, der die Lyrikerin May Ayim porträtiert, die sich nach schwerer psychischer Krankheit und einem langen Kampf gegen Rassismus 1996 mit nur 36 Jahren das Leben nahm.

Teil 1: (13:25)

Teil 2: (09:08)

 

May wuchs in einer weißen deutschen Pflegefamilie in Westfalen auf und schrieb Gedichte über ihre Erfahrungen als schwarze Deutsche unter weißen Deutschen.