Statistik als Kirchen-Lachnummer

 

Ganz erstaunlich wird es dann jedoch bei der Aufschlüsselung der Kirchenmitglieder nach Altersgruppen:

Abgesehen von der ältesten Altersgruppe (65 Jahre und älter: 74 Prozent Röm.-Kath. + Evang.) haben alle anderen Altersgruppen recht gleich bleibend zwischen 57 – 61 Prozent Kirchenmitglieder.

Das passt nun allerdings überhaupt nicht zu der in repräsentativen Bevölkerungsumfragen immer wieder festgestellten Verringerung des Anteils der Kirchenmitglieder in den jüngeren Altersgruppen, wie sie beispielsweise für die Volkszählung 1987 oder auch für die Evangelischen Kirchenmitglieder vorliegt. Hinweise auf die ansteigende Religiosität in den Altersgruppen verweisen in die gleiche Richtung. Zudem verweisen ebenso alle Zahlen des kirchlichen Lebens (Evangelische Kirche und Katholische Kirche), der sich verringernden Taufen und Konfirmationen/Firmungen etc. auf die sich verringernde Zahl des Anteils der Kirchenmitglieder in den jüngeren Altersgruppen. Insofern widersprechen die Zahlen des Zensus mehreren anderen Feststellungen.

Hier müssen weitere detaillierte Untersuchungen genauer klären, ob bei der Haushaltsstichprobe des Zensus 2011 zugunsten der Kirchenmitglieder „gewichtet“ wurde und falls ja, in welcher Hinsicht.

Konfessionslose

Der Anteil von 10,5 Prozent der Bevölkerung, die nach dem Zensus 2011 keiner Religion angehören, also konfessionslos sind, verspottet alle Ergebnisse der Sozialforschung der vergangenen Jahrzehnten. So nennt z. B. die Bundeszentrale für politische Bildungsarbeit für 2010 einen Anteil der Konfessionslosen von 33 Prozent.

Auch der hohe Anteil (17 Prozent) derjenigen, die „keine Angabe“ zu der zweiten Frage machten, verweist darauf, dass Konfessionslose mit einer rationalen Weltsicht sich nicht in diese an Religionen orientierten Antwortvorgaben wieder finden konnten.

Muslime

Ebenso zu überprüfen ist die Feststellung des Zensus 2011, dass sich (nur) 1,9 Prozent der Befragten (nach Frage 8) zum Islam bekannten. Die Erklärung des Präsidenten des Statistischen Bundesamtes, Roderich Egeler, dass davon auszugehen sei, dass die Frage nach der Religionszugehörigkeit am häufigsten von Juden und Muslimen nicht beantwortet worden sei, hat keinerlei Plausibilität. Es gibt ebenso Hinweise dafür, dass von den als Muslimen gezählten Migranten (5 Prozent der Bevölkerung) - weil sie aus "überwiegend muslimischen Ländern" stammen -, tatsächlich nur eine Minderheit gläubige Muslime sind.

Fazit

Hinsichtlich der Fragen von Religionszugehörigkeiten in Deutschland sollte man den Zensus 2011 schlicht vergessen.

Seine Fragestellungen dazu sind offensichtlich zu sehr von dem Bestreben getrieben, eine größere christliche Mehrheit in Deutschland zu finden, als es der Realität entspricht.

Die erläuterten methodischen Unzulänglichkeiten entsprechen nicht den sozialwissenschaftlichen Standards, die in der deutschen Religionssoziologie und empirischen Forschung üblich sind.

Insofern hat sich die Prophezeiung von Frank Patalong (vom Mai 2011) im SPIEGEL erfüllt: „Deutschland wird zum Staat der Gläubigen erhoben“.