Fastenbrechen an Berliner Schule

"Grundsätzlich gilt für staatliche Schulen in Berlin das Neutralitätsgebot"

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Symbolbild

Eine Berliner Schule wollte alle Schüler verpflichten, am islamischen Fastenbrechen teilzunehmen. Die Bildungssenatorin musste eingreifen, um die religiöse Zwangsbeglückung zu verhindern.

Eigentlich sind die Dinge in Berlin bestens geregelt. Das vor 20 Jahren beschlossene Neutralitätsgesetz bestimmt sogar, dass Schüler von Lehrern im Unterricht nicht einmal optisch religiös bedrängt werden dürfen:

"Lehrkräfte und andere Beschäftigte mit pädagogischem Auftrag in den öffentlichen Schulen nach dem Schulgesetz dürfen innerhalb des Dienstes keine sichtbaren religiösen oder weltanschaulichen Symbole, die für die Betrachterin oder den Betrachter eine Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft demonstrieren, und keine auffallend religiös oder weltanschaulich geprägten Kleidungsstücke tragen. Dies gilt nicht für die Erteilung von Religions- und Weltanschauungsunterricht."

Die Verpflichtung von Schülern, an einer religiösen Veranstaltung teilnehmen zu müssen, ist damit ausgeschlossen. Eigentlich – denn genau das geschah an der Carl-Zuckmayer-Schule im Berliner Bezirk Neukölln. Für Freitag nächster Woche, den letzten Schultag vor dem Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan am 30. März, sollten die Kinder von 17.30 Uhr bis 20 Uhr in die Schule kommen, um gemeinsam "Iftar", das Fastenbrechen, zu begehen. In einem Schreiben wurde den Eltern – unabhängig davon, ob sie religiös waren oder einem anderen Glauben als dem muslimischen anhingen – mitgeteilt:

"Dieses Treffen ist verpflichtend, da wir dafür einen anderen Unterricht ausfallen lassen."

Zudem wies die Schule darauf hin, dass die Kinder Essen mitbringen sollten.

Das Zwangsfastenbrechen, über das Bild zuerst berichtete, löste bundesweit Empörung aus. Der Psychologe Ahmad Mansour sagte bei Welt TV: "Das ist nicht Toleranz, das ist nicht Vielfalt. Das ist eine Art Regelaufzwingen."

Berlins Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) griff ein, untersagte das Vorgehen der Schule und sagte im Abgeordnetenhaus: "Selbstverständlich besteht grundsätzlich keine verpflichtende Teilnahme am Fastenbrechen." Ihrer ersten Einschätzung nach dürfte dies auch rechtswidrig sein. Günther-Wünsch sprach von einem möglichen Verstoß gegen die staatliche Neutralitätspflicht und die sogenannte negative Religionsfreiheit.

Auf Anfrage des Humanistischen Pressedienstes unterstrich die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie die Einschätzung der Senatorin: "Grundsätzlich gilt für staatliche Schulen in Berlin das Neutralitätsgebot. Die Teilnahme an religiösen Veranstaltungen ist für Schülerinnen und Schüler nicht verpflichtend."

Nach Rücksprache mit der regionalen Schulaufsicht und der Schule sei klargestellt worden, dass die Teilnahme an der Veranstaltung ausdrücklich freiwillig sei und auch kein Unterricht entfalle. "Um weiteren Missverständnissen vorzubeugen, hat die Schule das Elternschreiben entsprechend korrigiert und erneut versendet." Weitere Vorfälle dieser Art seien nicht bekannt. Günther-Wünsch habe von dem Schreiben durch die Medien erfahren.

Der Humanistische Pressedienst wollte von der Carl-Zuckmayer-Schule unter anderem wissen, wie es zu der verpflichtenden Ramadan-Feier kam, wie die Schule die Berichterstattung und Diskussion über das Thema sieht und wie sie die Reaktion des Senats einschätzt. Bis Redaktionsschluss erhielten wir keine Antworten.

Von den Fraktionen im Abgeordnetenhaus antwortete nur die SPD, die in Berlin gemeinsam mit der CDU regiert. Die Sozialdemokraten betonten, es bestehe Einigkeit darüber, dass Schulen in öffentlicher Trägerschaft – im Unterschied zu konfessionellen Schulen – ein Ort religiöser Neutralität seien. Insofern verbiete sich jede Form von "Missionierung":

"Im Rahmen des Unterrichts gehört in geeigneter Weise die Wissensvermittlung über Religion sowie Weltanschauungen zum schulischen Auftrag. Hierzu zählen natürlich auch Feste wie Weihnachten, Chanukka und natürlich Ramadan. In welcher Form diese als Angebot – wohlgemerkt nicht verpflichtend – in das Schulleben aufgenommen werden, ist vor Ort und im Einzelfall sowohl pädagogisch als auch organisatorisch unter Wahrung des Aspekts der Inklusion zu entscheiden."

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