Fünftausend Stolpersteine

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Stolpersteine, Fotos: F. Nicolai

BERLIN. (hpd) Sie fallen kaum auf, aber wohl jeder hat sie bereits gesehen: die messingfarbenen Stolpersteine, die der Künstler Günter Demnig in die Gehwege von 857 Orten In Deutschland einbaute. Fast 40.000 davon gibt es inzwischen europaweit. In Berlin wurde heute der fünftausendste verbaut.

"Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist" sagt Demnig. Gegen dieses Vergessen arbeitet er mit seinen kleinen, fast unscheinbaren Kunstwerken an.

Heute baute Demnig den 5.000 Stolperstein Berlins in den Gehweg des Reinickendorfer Eichborndammes ein. Der erinnert - wie alle Stolpersteine - an eines der beinahe namenlos gebliebenen Opfer des Nationalsozialismus.

Paul Höhlmann lebte in dem Haus am Eichborndamm im Berliner Norden. Bis er abgeholt und am 27. August 1942 als "unwertes Leben" ermordet wurde. Zuvor musste er medizinische Experimente über sich ergehen lassen, die heute glücklicherweise undenkbar sind.

Schüler des Friedrich-Engels-Gynasiums haben dem kurzen Leben von Paul Höhlmann nachgeforscht:

Günter DemnigPaul wurde eine Woche vor Weihnachten geboren: am 16. Dezember 1927. Bald stellte sich heraus, dass Paul - das älteste von fünf Geschwistern - am Down- Syndrom litt. 1936 wurde der Junge von seinen Eltern getrennt und in das Kinderheim in Marwitz (bei Oranienburg) eingewiesen. Dort wird er in einer Akte als "liebenswertes Kerlchen" beschrieben. In Marwitz blieb er bis zum März 1942, von dort aus wurde er als einer der ersten Patienten in die neu errichtete "Nervenklinik für Kinder - Der Wiesengrund" nach Berlin-Wittenau überwiesen. Obwohl er nicht krank war.

In dieser "Klinik" wurden an ihm und den anderen Kindern medizinische Experimente für die Charité durchgeführt. An deren Folgen verbarb Paul Höhlmann am 26. August 1942 im Alter von nur 14 Jahren.

An sein Schicksal erinnert der heute eingesetzte Stolperstein.

Günter Demnig sagte in seiner kurzen Ansprache: "Für mich war immer das Material Messing, das durch's Benutzen blank poliert wird, ausschlaggebend. Das heißt: die Erinnerung wird blank poliert, dadurch, dass man darüber läuft."

"Ich hab's gesehen: die ersten Steine waren verlegt und Passanten blieben stehen und wollten lesen. Wenn Du lesen willst, musst du automatisch eine Verbeugung vor dem Opfer machen."

F.N.

Die Reden der SchülerInnen gibt es hier als unbearbeiteten Mitschnitt.