Aber immerhin habe die jetzige Bundestagsfraktion als erste überhaupt zwei Gesetzanträge zu den Grundrechten der Beschäftigten und zur Ablösung der sogenannten Staatsleistungen eingebracht. Welche von den anderen Parteien unisono abgelehnt wurden. Gekeler hebt hervor, daß die LINKE als erste und fast einzige Partei in ihrem aktuellen Wahlprogramm auch ein Kapitel „Bekenntnisfreiheit verwirklichen, Religionsgemeinschaften gleichbehandeln, Staat und Kirche institutionell trennen“ beschlossen hat. Sie vergißt allerdings mitzuteilen, daß dies auf Antrag der parteioffiziellen Bundes- und Landesarbeitsgemeinschaften „Laizismus“ geschehen ist. Sie vergißt auch, daß es hiergegen seitens des Thüringer Provinzpolitikers Bodo Ramelow erbitterten Widerstand gab und gibt. Umfänglich wird dagegen über die von deren Parteispitzen nicht anerkannten SPD-Laizisten gesprochen. Klar kommt hier aber auch durch Meinungsäußerungen von SPD- und Grünenpolitikern zu Ausdruck, daß seitens der Parteiführungen keinerlei Veränderungen gewünscht wird...
Zum widersprüchlichen innerhalb der LINKEN sei deren Europaabgeordnete und Sozialpfarrer Jürgen Klute zitiert – und zwar das, was vielleicht ohne Wenn und Aber gleich am Anfang von Gekelers Buch hätte stehen können:
„Gemeint war und ist, daß den Kirchen das recht übertragen worden ist, über die Besetzung ihrer Pfarr- und Bischofsstellen selbst entscheiden zu können, ohne Einmischung des Staates. Und daß sie die Aufgabenbestimmungen ihres Personals eigenständig regeln können.
Die Konstituierung eines arbeitsrechtlichen Sonderstatus der Kirchen, wie ihn der heutige Dritte Weg darstellt, hat Art. 137 WRV hingegen nicht zum Ziel gehabt und seinerzeit auch nicht nicht begründet. Die Kirchen unterlagen während der Weimarer Republik, wie alle anderen Arbeitgeber auch, dem für alle geltenden Arbeitsrecht... (…)
Tatsächlich stammt die Rede von der 'Dienstgemeinschaft' weder aus dem Alten Testament, noch aus der Weimarer Republik. Zu Beginn der 1950er sollten unter Rückgriff auf einen seit 1937 verwendeten Begriff der Nazis Gewerkschaften von kirchlichen Arbeitsplätzen ferngehalten werden.“ (S. 248/249)
Also wieder einmal bundesdeutscher Rückgriff auf Nazi-Deutschland. Man denke nur an die erst von der Hitler-Regierung eingeführte und bis heutige gültige Regelung zur Eintreibung der „Kirchensteuer“ durch Arbeitgeber und staatliche Finanzämter.
Empfehlenswert ist in diesem Zusammenhang ganz besonders das Interview mit Ingrid Matthäus-Maier: „Politik ist viel zu kirchennah“.
Auch wenn es wohl so bald keine Veränderungen geben wird, so meint Gekeler in ihrem Fazit dennoch „Veränderungen sind möglich“ und fordert die Politik, die Politiker auf, in den Parlamenten von ihren politischen Gestaltungsmöglichkeiten, „zu denen nun mal auch das Formulieren von Gesetzen gehört“ Gebrauch zu machen. Bis dahin sollten vom Arbeitsunrecht Betroffene den rechtlichen Weg nicht scheuen, auch nicht die Inhilfenahme von Gewerkschaften, engagierten Rechtsanwälten und Organisationen wie GerDiA. Not tut vor allem aber auch die Aufklärung der Allgemeinbevölkerung, „mit deren Geld die diskrimierenden Privilegien der beiden ehemaligen Staatskirchen“ finanziert werden.
Siegfried R. Krebs
Corinna Gekeler: Loyal dienen. Diskriminierendes Arbeitsrecht bei Caritas, Diakonie und Co. 322 S. Paperback. Alibri-Verlag. Aschaffenburg 2013. 22 Euro.
Das Buch ist auch im denkladen zu bestellen.