WEIMAR. (hpd) Der MDR, der öffentlich-rechtliche Rundfunk Mitteldeutschlands, überschlägt sich derzeit in allen Medien. Nein, nicht der Tag der Befreiung am 8. Mai ist das Thema. Das alles beherrschende Thema ist die Einweihung des Neubaus der katholischen Propsteikirche St. Trinitatis am 9. Mai in Leipzig. Diese wurde mitten im Herzen der Messestadt errichtet – genau gegenüber dem Rathaus, der demokratisch legitimierten weltlichen Macht. Der katholische Klerus zeigt damit wohl sehr deutlich, wer auch in Leipzig das Sagen haben will.
Zunächst einige demographische Fakten: Leipzig zählt derzeit etwa 485.000 Einwohner, davon sind etwa 56.000 Mitglied der evangelischen Kirche und 19.000 Mitglied der katholischen Kirche; also nur 11,5 bzw. 3,9 Prozent der Bevölkerung. Wie es übrigens von der katholischen Gemeinde selbst heißt, ist diese erst nach 1989 erheblich angewachsen – durch den Zuzug zahlreicher "Eliten" aus der alten Bundesrepublik. In ganz Sachsen sieht es nicht anders aus: Mehr als 80 Prozent der Einwohnerschaft sind religionsfrei.
Im umgekehrten Verhältnis zur demographischen Situation machen Politik und insbesondere die öffentlich-rechtlichen Medien Propaganda für den Katholizismus. Angesagt zur Feier hat sich so u.a. der katholische Ministerpräsident des weitgehend "gottlosen" Freistaates Sachsen, Stanislaw Tillich (CDU).
Der MDR selbst überträgt die Weihe der neuen Propsteikirche in Leipzig am 9. Mai ab 10:45 Uhr im MDR FERNSEHEN live und bei MDR.DE im livestream. Außerdem berichten Hörfunk und Fernsehen noch intensiv über die Propstei-Gemeinde, die Architektur der Kirche und die Bauarbeiten. Ein Beispiel: MDR.DE veranstaltet auf 17 (!) Seiten einen Wissenstest, u.a. mit solchen Fragen: Welche Farbe hat das Scheitelkäppchen des Papstes? Womit wird die Krankensalbung vorgenommen?
Und da ist es auch kein Wunder, dass der MDR seine schon in frühen DDR-Zeiten gegründeten (weltlichen) Ensembles MDR-Kinderchor und MDR-Rundfunkchor zu Auftritten in die katholische Kirche abordnet. Selbst der Chor der staatlichen Leipziger Universität soll dort zum Kirchenlobe singen, heißt es.
Der MDR berichtet sogar über die Kosten des größten Kirchenneubaus im Osten Deutschlands nach 1945. Größter Kirchenbau übrigens für eine deutliche Minorität! Zur Erinnerung, für weniger als vier Prozent in einer weitgehend religionsfreien Stadt. Um so mehr muss die Kirche sich also im Stadtbild zeigen. Nicht nur mit dem Standort vis-a-vis des Rathauses, sondern auch damit: In 50 Metern Höhe ziert ein gut sieben Meter hohes Kreuz aus Edelstahl das Gebäudedach.
Nach Angaben der katholischen Gemeinde belaufen sich die Baukosten derzeit auf etwa 15 Millionen Euro. Davon hätten die Gemeinde sieben Millionen Euro übernommen, 1,5 Millionen stammten vom Bonifaziuswerk der deutschen Katholiken und den Rest trage das Bistum. Weitere Kosten seinen noch nicht bezifferbar, denn es müssten ja noch die sechs Glocken eingebaut werden usw. Zu den reinen Baukosten würden noch weitere zehn Millionen Euro hinzukommen, unter anderem für das Grundstück in bester Citylage, die Orgel und die Innenausstattung…
Tja, das klingt für den objektiven Beobachter erst einmal gut: Die Katholiken bezahlen ihren monströsen Kirchenneubau selbst. Aber ist dem wirklich so? Wie setzen sich die Summen konkret zusammen? Was davon resultiert aus den Mitgliedsbeiträgen – Kirchensteuer genannt? Was davon kommt aus den Vermögenserträgen des Wirtschaftsunternehmens Kirche? Wie hoch ist der Anteil von Spenden aus allen möglichen Töpfen? Gab es keinerlei Baukosten-"Zuschüsse" von der öffentlichen Hand? Der öffentlich-rechtliche Rundfunk fragt nicht nach… Denn ansonsten zeigen sich ja bundesweit Bund, Länder und Kommunen überaus spendabel, wenn es um kirchliche Aktivitäten geht; siehe nur Finanzierung von Kirchentagen. Öffentliche Hand – das beinhaltet ja in erster Linie das Steueraufkommen der religionsfreien Mehrheit, aber auch nichtchristlicher Menschen.
Zurück zu den Zahlenangaben: Sieben Millionen Euro Baukosten habe die katholische Gemeinde selbst getragen, heißt lapidar. Nehmen wir mal an, dass damit alle Leipziger Katholiken gemeint sind und nicht nur die Mitglieder dieser einen katholischen Kirchgemeinde: Dann hätte jeder einzelne Katholik (selbst die im Baby-Alter) pro Kopf rund 370 Euro allein für die reinen Baukosten aufgebracht. Die Leipziger Katholiken wären demzufolge wohl samt und sonders Besserverdienende.
Und da bleibt noch die Frage, wie sieht es mit den weiteren noch mindestens zehn Millionen Euro Kosten aus; von wem werden die denn aufgebracht? Die Fragen, wie es in Leipzig (und Sachsen) mit der verfassungsgemäßen Trennung von Staat und Kirche aussieht und wie mit der weltanschaulichen Neutralität des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, sollen ausnahmsweise mal nicht gestellt werden.
12 Kommentare
Kommentare
Julian Estragon am Permanenter Link
Oh Gott, ist die hässlich. Da wäre es einmal wünschenswert, wenn die Kirche sich nicht dem modernen Zeitgeist anpassen würde - nämlich auf dem Gebiet der Architektur - und dann werden solche Monstrositäten gebaut.
Udo Endruscheit am Permanenter Link
Wer Erfahrungen mit öffentlichen Bauvorhaben hat, glaubt sowieso keine einzige veröffentliche Zahl.
Bei der Transparenz der Papstkirche werden wir nie erfahren welche Summen hier tatsächlich zum Tragen kommen. Aber abgesehen davon, was reitet die KK, hier einen protzigen Repäsentativbau hinzusetzen? Mit Bedarf hat das doch wohl nichts zu tun. Es geht schlicht und einfach um Machtdemonstration und Missionierungswahn. Unterstützt vom öffentlich-rechtlichen MDR...
Ein Schlag ins Gesicht nicht nur für den konfessionsfreien Kirchenfinanzierer, sondern m.E. auch für jeden Kirchensteuerzahler.
Antje T. am Permanenter Link
Die Einwohnerzahl Leipzigs liegt aber bereits über 530.000 (Stand Dez. 2013)
Siegfried am Permanenter Link
liebe antje, danke für den hinweis. dann war meine web-quelle nicht korrekt. und wenn die zahl 530.000 korrekt ist, dann sinkt der katholikenanteil in der messestadt sogar noch auf 3,6 ab...
Linda Meyer am Permanenter Link
Welch demographische Fakten? Die Daten im Artikel sind falsch.
Bruder Spaghettus am Permanenter Link
Richtig, nicht alle Konfessionfreien sind auch religionsfrei.
Das dürfte den Anteil der Religiösen unter den Konfessionsfreien gut decken.
Udo Endruscheit am Permanenter Link
Sie wissen schon, dass Sie hier einen veritablen Strohmann aufbauen... ?
Sven Schultze am Permanenter Link
Da Sie haben sie absolut recht; die Gesellschaft ist schon ein wenig bunter.
Antje T. am Permanenter Link
Lieber Siegfried,
Leider funktioniert der Antwortbutton unter dem Kommentar bei mir nicht, so muß ich halt einen neuen Kommentar hinzufügen:
Die Daten des Jahrbuchs 2014 (pdf. im Internet, Daten Dezember 2013) besagen 531562 EW (Zensus 2011 bereinigt) sowie 30590 Katholiken und 63207 Protestanten (Tabellen 201, 221 und 222 auf Seiten 17 und 32 der Statistik). Ganz aktuelle Daten (Dez. 2014) liegen ja noch nicht vor, aber es gibt Info, daß per Ende 2014 die 550.000 EW-Marke geknackt wurde. Die Religionsdaten fehlen aber noch zum Vergleich.
Wenn man jetzt noch sieht, wie selbst die Partei 'die Linke' St. Tetris lobhudelt, muß ich mit dem Kopf schütteln. Auf der anderen Seite - Genossen waren ja schon immer Opportunisten, die weniger den Sozialismus gelebt als die Karriere im Kopf gehabt haben. Wenn man sich im eigenen Umfeld mal umschaut, wieviele ehemalige SED-Genossen, stramm mit 3 und mehr Jahren Armee, jetzt stolze Christen und CDU-Mitglieder sind und dies auch ständig betonen müssen. Kenne da leider eine ganze Reihe ...
Hier noch der Link:
www.leipzig.de/buergerservice-und-verwaltung/unsere-stadt/statistik-und-zahlen/?eID=dam_frontend_push&docID=39502
Antje T. am Permanenter Link
@ Bruder Spaghettus:
Richtig ! ... und bei weitem nicht alle Religionsmitglieder sind gläubig. Ich würde mal sagen, außer den angekarrten Claqueure-Rentnerbussen zur Eröffnung, welche antikgläubig sind , sind die meisten wohl, neben jenen mit erzwungener Mitgliedschaft, sowieso nur noch politisch und wirtschaftliche Opportunisten, die gerne so tun, als wären sie religiös, weils dem Geldsäckel und den Beziehungen gut tut. Allen voran gerne auch ehemals SEDler, vor allem jene der ehemals karrierestrammen Sorte. Früher hieß es "biste in der Partei", heute wird Partei durch Kirche ersetzt. Hach, wie die Bilder sich gleichen. Nur ist die Kirche um einiges erpresserischer. Bei der Kirche wird selbst die Putzfrau zur Mitgliedschaft gezungen, da waren ja die Ätz-Genossen entspannter mit dem Mitgliedschaftszwang ...
Wolfgang am Permanenter Link
In so ein hässliches Gebäude kommt niemals ein Jesus! Wetten dass???
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Was haben Wetten, dass...? und Jesus gemeinsam?
Richtig! Beide existieren nicht mehr, weil ihr Konzept veraltet ist.