Seit Jahren wird über Themen wie Geburtenregelung und Gentechnik, Stammzellenforschung und Sterbehilfe, Tierversuche
und Transplantation heftig diskutiert.
Inhaltlich gehören die damit verbundenen Fragen zur Bioethik, einer relativ neuen Teildisziplin der Philosophie, die moralische und naturwissenschaftliche Perspektiven miteinander verbindet. Einen Überblick zu den dabei vertretenen Auffassungen und unterschiedlichen Kontroversen will Franz M. Wuketits in seinem Buch „Bioethik. Eine kritische Einführung" liefern.
Der in Wien Wissenschaftstheorie lehrende Autor geht dabei davon aus, dass für viele moralische Entscheidungen in den genannten Bereichen auch neue moralische Kriterien gefunden werden müssten. Denn: Von objektiven Werten könne man nicht sprechen, und statt Patentlösungen bedürfe es immer Einzelfallentscheidungen.
Dies verdeutlicht Wuketitis nach Ausführungen zu den Aufgaben der Ethik und den Wurzeln unserer Moral anhand der drei großen Themenfelder der Bioethik: medizinische Ethik, Ethik nichtmenschlicher Lebewesen (Tierethik) und ökologische Ethik. Hierbei stellt er kenntnisreich und sachlich die jeweiligen Positionen zu den genannten Bereichen vor und verschweigt bei aller Ausgewogenheit auch nicht seine eigenen Positionen. Ab und an werden auch weit verbreitete Auffassungen kritisch hinterfragt, sei es die inhaltliche Begründung der Menschenwürde, das romantische Bild von der Natur oder die Rigorosität mancher Moralvorstellungen. Bioethik gilt dem Autor als Überlebenswissenschaft. Ihr ginge es darum, Kriterien für ein lebenswertes Leben zu finden und Grundlagen für die Erhaltung von Leben zu formulieren.
Wie seine anderen Veröffentlichungen auch zeichnet sich dieses Buch von Wuketits dadurch aus, dass er komplexe Sachverhalte und schwierige Themen in gut verständlicher Form, aber ohne Oberflächlichkeit und Trivialität anschaulich vermittelt. So erhält der Leser einen ausgezeichneten Überblick zu den jeweiligen Debatten und Positionen. Hier und da hätte man sich möglicherweise noch ausführlichere Darstellungen gewünscht. Dafür ist aber eine Einführung nur eine Einführung. Kritikwürdig wäre allenfalls das Fehlen einer kommentierten Literaturliste mit Tipps zum weiterlesen. Ansonsten handelt es sich um eine wirklich lesbare und lesenswerte Veröffentlichung zur Ethik des Lebendigen.
Armin Pfahl-Traughber
Franz M. Wuketits, Bioethik. Eine kritische Einführung, München 2006 (C. H. Beck-Verlag), 192 S., 12,90 €
Auch im denkladen direkt erhältlich.