Fünf Jahre gbs Köln

Rückschau und Ausblick

Wie aber war der Besuch der einzelnen Veranstaltungen, was und wen haben wir erreicht?

Nun, die Besucherzahl schwankte zwischen enttäuschend und ansehnlich. Zwar spielt die Popularität von Personen auch hier die größere Rolle vor Inhalten, aber das allein, das konnten wir ausmachen, war nicht so entscheidend wie die nötige örtliche Werbung. Plakataktionen sind sehr teuer, dank eines großzügigen Sponsors konnten wir einmal davon profitieren und hätten den Saal für Hamed Abdel-Samad zweimal füllen können. Den besten Besuch konnten Michael und Lea Schmidt-Salomon (mit dem "Butterkeks") für sich verbuchen, eine Veranstaltung im Kammermusiksaal der Hochschule für Musik Köln, welche mit einem kleinen Konzert eröffnet wurde.

Bei allen Veranstaltungen war zu konstatieren: Trotz Pressemitteilungen an alle relevanten Organe in Köln und Umgebung, trotz teilweise auch persönlicher Ansprache schaute von der hiesigen Presse niemand vorbei, geschweige denn, dass ein Vorbericht erschienen wäre.

Dies dürfte die größte Hürde sein, die es zu nehmen gilt. In einer Millionenstadt wie Köln sind mit großer Sicherheit viel mehr Menschen an unserer Arbeit und unseren Veranstaltungen interessiert - es ist nur ungemein schwer, diese zu erreichen. Nun haben sich kleine neue Pfade aufgetan, wir wollen sehen, ob sich da etwas machen lässt, um das "Schweigen der Presselämmer" bezüglich der gbs zu brechen. Wir sind einfach mal optimistisch.

Aus einem anderen, skeptischen Blickwinkel betrachtet bleibt zu konstatieren: Umwerfend viel haben wir nicht erreicht. Es ist halt das berühmte Bohren dicker Bretter. Allerdings machen kleine Erfolge immer wieder Mut, diesen Weg weiter zu gehen.

Die gbs als solche hat sicherlich schon eine ganze Menge erreicht, gerade in den Diskussionen der letzten Wochen und Monate wird dies deutlich, auch wenn medial darauf fast nie verwiesen wird. Die Regionalgruppen als Bestandteil des Ganzen leisten mit ihrer Arbeit vor Ort die notwendige Zuarbeit in der Breite, bis eines Tages durch die Präsenz der gbs in den Köpfen vieler auch die Presse nicht mehr vorbeischauen kann, vor allem nicht an den Inhalten.

Wenn man aber bedenkt, dass alle Arbeit, die von der (einer) Regionalgruppe getan wird, ausschließlich ehrenamtlich im mehr oder weniger beruflichen und familiären Nebenbei geschieht, keine Sekretärin zur Verfügung steht und schon gar nicht auf einen professionell organisatorischen und propagandistischen Apparat zurückgegriffen werden kann, wie es gewisse andere Institutionen zu tun vermögen. Letztere mit vergleichsweise immensen finanziellen Mitteln auf ihrer Seite, mit über große Zeiträume hinweg gewachsenen Strukturen, mit tief verwurzelten Memplexen usw. Angesichts dieses Gegenübers können wir mit Sicht auf diese Relation doch wiederum einigermaßen selbstbewusst unser aller Engagement eben als (relativ) erfolgreich ansehen. Viele Ideen haben einmal klein angefangen, bald 10 Jahre gbs und jetzt 5 Jahre gbs Köln sind gemessen an den historischen Zeiträumen eher kurz.

Aber das hier dargestellte als Gegenüber der Kirchen und Religionen läuft Gefahr, als alleiniger Inhalt zu kurz gegriffen zu sein. Es sollte uns nicht vergessen lassen, dass (evolutionärer) Humanismus mehr ist als das Infragestellen von Religionen und ihren Institutionen und der zugehörigen Schamanenkaste samt deren politischer Einflussnahme, auch wenn die Religionskritik das medial wahrgenommene Markenzeichen der gbs ist. Diese Aspekte sind fraglos wichtig und auch aktuell nötig, wie es z. B. auch der neue Koalitionsvertrag der sogenannten GroKo zeigt. Und daher gilt es selbstverständlich auch, in diesem Punkte nicht nachzulassen, denn es gibt keinen Grund, uns in Anbetracht der aktuellen Lage zurück­zu­leh­nen. Und wenn wir über den mitteleuropäischen Tellerrand schauen schon gar nicht.

Diesbezüglich wachrüttelnd war die Reaktion von Mina Ahadi auf einem unserer letzten Monatstreffen, als wir über gewisse intellektuelle Defizite und vor allem einen recht anmaßenden Satz Norbert Blüms ("Nichtglauben ist Versagen") diskutierten: "Diese Probleme hätten wir gerne..."

Ohne hier eine Grundsatzdebatte führen zu wollen, möchte ich noch einmal aufgreifen, was – auch innerhalb unserer Gruppe – öfters angeregt worden ist, dass inhaltliche Arbeit und die dementsprechende Ausrichtung sich weiter öffnen sollte in Richtung umfassender Bildung, die möglichst breit und vielschichtig angelegt sein sollte. Nicht umsonst ist ein Motto der gbs: "Wer sich um Wissenschaft, Kunst und Philosophie bemüht, braucht keine Religion." Da kann man nur sagen: "Lasset uns dies also (weiterhin) tun!"

Religionskritik ist nur ein "Abfallprodukt" umfassender Bildung, und davon ist die Kritik an deren Institutionen und Vertretern in komischen Gewändern wiederum ein weiter untergeordnetes "Abfallprodukt". Letzteres geht leicht von der Hand (siehe Kritik an TvE). Aber gerade dieses machen andere auch schon. Insofern sollten wir auch bei der Wahl unserer Veranstaltungen, respektive deren Referenten und Referentinnen, ein breiteres Spektrum anpeilen: in der oben beschriebenen Richtung. Da aber die Interessenlage und "Kontakttiefe" mit den verschie­densten Gebieten recht unterschiedlich ist, erscheint dies u. U. recht kompliziert zu werden. Es läuft auf einen schwer zu bewältigenden Spagat zwischen Unverständlichkeit auf der einen und (oder) Oberflächlichkeit auf der anderen Seite hinaus, wobei das Volks­hoch­schul­niveau ver­dächtig nahe rückt, wenn man nicht aufpasst. Trotzdem sollte man diesen Spagat wagen und allen Beteiligten Offenheit und auch Geduld nahelegen.

D. h. also zweigeleisig denken. Erste Schiene: öffentlichkeitswirksamere Veranstaltungen, zum einen mit dem Markenkern Religionskritik als Grundlage, zum anderen ggf. auch wissenschaftliche, künstlerische, philosophische Themen, die allenfalls mittelbar etwas mit Religion resp. Religionskritik zu tun haben müssen. Zweite Schiene: interne Veranstaltungen, die der Bereicherung der Gruppe dienen und i. d. R. aus dieser selbst heraus gestaltet werden, inhaltlich wie die oben dargestellte Alternative, aber ohne eine breite Resonanz anzustreben.

Um dies reibungsloser umsetzen zu können, planen wir innerhalb der gbs Köln eine strukturelle Veränderung, die dem dreiköpfigen Vorstand ein Beisitzergremium zur Seite stellt, um auf diese Weise die vielfältigen organisatorischen Aufgaben verantwortlich auf weitere Schultern verteilen zu können. Ganz flache "Hierarchie" soll dabei ebenso erhalten bleiben wie auch Offenheit gegenüber jedem, der sich konstruktiv einbringen will. Das Element der Freiwilligkeit und des Ehrenamtes kann gegenüber pekuniär gesteuerter Professionalität durchaus ein Trumpf sein, da sich um Fleischtöpfe herum auch gerne diejenigen scharen, die einfach nur Hunger haben und nach eigener Sättigung wieder das Weite suchen.

Vielleicht vermögen die drei Punkte:

* Intensivierung der Pressekontakte,

* breitere thematische Aufstellung und

* Einbeziehung eines größeren Personenkreises in die organisatorischen Abläufe

helfen, die dicken Bretter doch schneller durchbohren zu können, als man es erwartet. Letztlich sind gerade diese Bretter, die wir vornehmlich bearbeiten, als solche 'Bretter vor den Köpfen'. Und die können doch einfach gar nicht so dick sein ...?!

Burkhard Wepner