Tödlicher Messerangriff in Mannheim

Rationale Islamkritik statt emotionaler Debatten

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Nach dem tödlichen Messerangriff haben sich auch Stimmen aus dem humanistischen Umfeld zu Wort gemeldet. Der hpd veröffentlicht hier eine Pressemitteilung sowie einen offenen Brief von gbs-Regionalgruppen sowie ein Statement von Hamed Abdel-Samad.

Die GBS-Bodensee e.V. / GBS-Hochschulgruppe Konstanz verurteilt den menschenverachtenden Messerangriff in Mannheim auf Teilnehmende einer Veranstaltung sowie einen Polizisten durch einen mutmaßlichen Islamisten aufs Schärfste. Die medialen Debatten über das Attentat werden emotional geführt. Sie reichen von rassistischen Pauschalisierungen gegenüber Migranten bis hin zu Relativierungen des Attentats. Sachlich geführte Diskussionen ohne vorauseilende Moralisierungen gelingen kaum, sie sind in einer offenen Gesellschaft aber bitter nötig. Eine rationale und ehrliche Debatte über den politischen Islam schwächt nicht nur islamistische Strukturen, sondern stärkt auch liberale Muslime, die auf dem Boden des deutschen Grundgesetzes in Frieden leben. Wir fordern die Politik daher auf, den politischen Islam endlich ernst zu nehmen und konkrete Lösungen gegen dessen gewaltbereite Strukturen zu erarbeiten. Dazu gehört dringend, den §166 StGB zu streichen, wegen dem die Organisatoren der Veranstaltung in zynischer Weise für das Attentat verantwortlich gemacht werden könnten.

Am 31.05.24 veröffentlichten die Staatsanwaltschaft Karlsruhe, das Präsidium Mannheim und das LKA eine gemeinsame Stellungnahme zum Messerangriff in Mannheim. Demnach griff gegen 11:35 Uhr ein mit einem Messer bewaffneter Mann Teilnehmer einer Veranstaltung des Vereins "PAX Europa e.V." an und stach mehrere Personen nieder, inklusive eines Polizisten, der wenig später tragischerweise verstarb. Der Täter wurde anschließend durch die Dienstwaffe eines weiteren Polizisten gestoppt.

Seither entbrennt in den sozialen Medien eine emotional geführte Debatte um den Umgang mit Einwanderern aus islamisch geprägten Ländern. "Von Pauschalisierungen gegenüber Migranten bis hin zu Relativierungen der Tat und des Täters ist alles dabei", meint Alexander Wolber, Vorsitzender der GBS Bodensee. Diese Art der Diskursführung sei allerdings nicht neu, so Wolber weiter, "kritische Diskussionen über Religionen, egal ob Christentum, Judentum oder Islam werden nur allzu gerne als religionsfeindlich diffamiert, sodass eine rationale Debattenkultur gar nicht erst entstehen kann", konstatiert der Vorsitzende. Die "Abscheulichkeit dieser schrecklichen Tat" gipfele in der "ideologischen Instrumentalisierung" durch die anschließende Mahnwache der rechtsextremistischen AfD und der Gegendemonstration der linksextremistischen Antifa für ihre eigenen demokratiefeindlichen Ziele.

Bekannte Kritiker wie Mina Ahadi, Ahmad Mansour, Hamed Abdel-Samad, Salman Rushdie und Michael Schmidt-Salomon werden immer wieder aufgrund ihrer kritisch-rationalen Auseinandersetzung mit dem politischen Islam mit dem Tode bedroht. Gleichzeitig werden sie von Aktivisten aus dem politisch linken Spektrum ins "Kreuzfeuer" genommen und als "islamophob" oder "antimuslimische Rassisten" bezeichnet. Trotz der zentralen Bedeutung ihrer aufklärerischen Arbeit sei diese angesichts der stetigen Bedrohungslage sicherlich "nicht besonders beneidenswert", so Wolber.

Es könnte für die Organisatoren der Veranstaltung von "PAX Europa e.V." sogar noch bitterer kommen: Laut ihrer Homepage informiert "PAX Europa" "die Öffentlichkeit über die vom Politischen Islam ausgehenden Menschenrechtsverletzungen und über existenzielle Gefahren (…)". Diese Information allein könnte jedoch nach §166 StGB schon einen Straftatbestand beinhalten, denn "wer öffentlich oder durch Verbreiten eines Inhalts (…) den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden". Die Kampagne "Free Charlie" (angelehnt an den islamistischen Terroranschlag auf Charlie Hebdo im Jahr 2015 in Paris) hat zuletzt mit einer Bundestagspetition versucht, diesen Gotteslästerungsparagraphen zu streichen, da er das Potenzial birgt, Opfer zu Tätern zu machen.

Wir fordern die Politik auf den politischen Islam ernst zu nehmen und mit allen rechtsstaatlichen Mitteln zu bekämpfen. Ein erster Schritt sollte sein, den überholten Gotteslästerungsparagraphen 166 zu streichen.

Wir wünschen den Verletzten eine gute Genesung und drücken den Angehörigen des verstorbenen Polizisten unser tiefstes Mitgefühl aus.


Hamed Abdel-Samad schrieb bei Facebook:

Als jemand, der auf Polizeischutz angewiesen ist, wenn ich einen Vortrag halte, aber auch wenn ich einkaufen oder spazieren gehe, hat mich der Terrorakt von Mannheim erschüttert. Als mich die Nachricht vom Tod des Mannheimer Polizisten Rouven L. erreichte, wurde ich richtig emotional. Jedes Mal, wenn ich die Bühne betrete, um eine Rede zu halten, schaue ich auf die Personenschützer und bin dankbar, dass sie ihr eigenes Leben riskieren, um mich vor Angreifern zu schützen. Mir ist immer bewusst, dass wir das gleiche Schicksal teilen.

Mein Herz ist bei den Verletzten und den Angehörigen der Opfer, bei allen Opfern. Ich mache keinen Unterschied zwischen rechts und links, zwischen Polizei und Passanten. Wir sitzen alle im selben Boot und haben es mit Feinden der Freiheit zu tun.

Meine Solidarität hat auch Michael Stürzenberger. Mir gefällt nicht, wie er über Muslime redet, und das habe ich ihm auch persönlich gesagt, als er mich vor 14 Jahren um ein Interview bat. Ich habe ihm gesagt, dass ich Islamisten kritisiere, weil sie Nichtmuslime verachten und Menschenrechte mit Füßen treten. Aus dem gleichen Grund kann ich einer Plattform, die Muslime als "Muselmänner" und "Kamelf*cker" bezeichnet, kein Interview geben. Ich bin dafür, dass jede Form von Religionskritik erlaubt ist, aber wenn es um Menschen geht, sollte man auf Beleidigungen und Herabwürdigungen verzichten.

Trotzdem verurteile ich den Angriff auf ihn. Nichts, aber auch gar nichts rechtfertigt Gewalt gegen jemanden, der nur Worte benutzt. Wenn wir es ernst meinen mit der offenen Gesellschaft, dann müssen wir jede Form von Gewalt als Angriff auf die Demokratie begreifen, egal ob sie von rechts, links oder von Migranten kommt. Dass wir das immer wieder betonen müssen, zeigt, dass wir ein Problem haben!


Die gbs-Rhein-Neckar e.V. schrieb einen Offenen Brief an den Oberbürgermeister Mannheims:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Specht,

warum nennen Sie die Dinge nicht beim Namen, sondern verlieren sich mit Ihrer Einladung zur Kundgebung in Allgemeinplätzen?

Wir vermuten, dass Sie sehr wohl damit gerechnet haben, dass von rechter Seite die Tat ausgenutzt wird, um ganz generell gegen zugewanderte Menschen zu hetzen. Und tatsächlich stellten sich solche Trittbrettfahrer auch umgehend ein, um die entsetzliche Tat für Ihre menschenverachtenden Zwecke zu missbrauchen.

Dabei übersehen Sie, dass gerade dadurch, dass die Dinge nicht beim Namen genannt werden, den Rechten ein Sprachraum überlassen wird, den sie sehr wohl auszunutzen wissen.

Richtig und dem Verbrechen angemessen wäre ein Aufruf gewesen: "Mannheim hält zusammen gegen Islamismus und religiösem Fanatismus" ohne anschließendes interreligiöses Friedensgebet.

Dass sich nach einer religiös motivierten Tat wieder einmal die Religionsvertreter gegenseitig ihre Friedfertigkeit versichern und ihre Ablehnung gegenüber Gewalt bekunden, ist wohlfeil.

Erkennen Sie nicht, wie paradox es ist, auf einen religiösen Irrsinn mit Gebeten zu reagieren?

Selbstverständlich wären bei einer solchen Kundgebung auch Religionsvertreter als Teilnehmer willkommen gewesen. Gerne hätten sie dabei bekunden dürfen, dass ihre Gläubigen es schlicht auszuhalten haben, wenn andere ihre Religion wahlweise für erfunden, schädlich oder gefährlich halten.

Wir haben ein gemeinsames Plakat der Religionsvertreter vermisst, auf dem steht: "Wir halten es aus, dass Andere und Nichtgläubige unsere Religionen für Erfindungen und für ein Problem und nicht für eine Lösung halten."

"Mit Diskussionen um Demokratie und Meinungsfreiheit erreicht man weder schuld- und deliktsunfähige Täter noch religiöse Fanatiker, deren Gedankenwelt uns völlig fremd und absurd erscheint." So Ralf Kusterer, Landeschef der DPolG Baden-Württemberg.

Tatsache ist, dass die hier angesprochene Gedankenwelt in der gemäßigten, aber ebenso in der irrational begründeten Gedankenwelt der Religionen zu Hause ist. Diesem speziellen Verbrechen vom Freitag liegt die Gedankenwelt des Islam zugrunde. Selbstverständlich teilen viele aufgeklärte, gläubige Muslime diese menschenverachtende Gedankenwelt nicht. So wie christliche Gläubige an einen erfundenen Gott glauben, glauben muslimische Gläubige an einen erfundenen Allah, was an sich zu keinem Verbrechen Anlass gibt. Nur ist der erfundene Allah in Teilen seiner Anhängerschaft nun mal deutlich gewaltbereiter.

Dass Menschen vor dieser Gedankenwelt Angst haben, ist mehr als verständlich und berechtigt. Diese Angst teilen ausdrücklich auch viele Menschen, die vor religiösem Fanatismus in ihren Heimatländern zu uns geflohen sind.

Diese Angst sollten Sie, Herr Oberbürgermeister, hören und zu erkennen geben, dass Sie sich nicht scheuen, den Gegenstand dieser Angst beim Namen zu nennen. Überlassen Sie es nicht den Rattenfängern vom rechten Rand, diese Angst für ihre Zwecke einzuspannen.

Wir, die gbs Rhein-Neckar e.V., verurteilen die brutale islamistische Tat in Mannheim.

Unser Mitgefühl und unsere Trauer sind mit den Angehörigen auch jener Einsatzkräfte, die nicht unmittelbar betroffen waren.

Wir begrüßen das Vorhaben der Stadt Mannheim, auf diese Tat zu reagieren.

Allerdings ist aus unserer Sicht Beten keine Lösung. Beten ist Teil religiöser Traditionen. Religionen sind jedoch maßgebliche Ursache für derartige Konflikte in Vergangenheit und Gegenwart in unserer Welt. Für eine politische Organisation ist es insofern ratsam, religionsfreie Formen der Anteilnahme anzubieten und Probleme mit Religion auch klar und deutlich zu benennen.

Wir fordern Sie auf, in Zukunft Gedenkveranstaltungen zu planen, die ohne religiösen Bezug stattfinden und konkret die Missstände benennen, auf die sich eine Kundgebung bezieht und sich nicht hinter Allgemeinplätzen zu verstecken, wenn eine klare Aussage gefordert ist.

Das gilt für Verbrechen von links, von rechts und von religiös motivierten Verbrechern.

Mit freundlichen Grüßen

Der Vorstand der Säkularen Humanisten - gbs Rhein-Neckar e.V.

Dirk Winkler
Angela Lahee
Stefan Dewald
Marianne Mauch
Rolf Kickuth
Friedrich Coradill
Karl-Heinz Büchner

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