„Würde und Gerechtigkeit für uns alle"

NEW YORK / BERLIN. (hpd) Universelle Menschenrechte in einer Periode der Krise

 

Am 10. Dezember 1948 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte." Das erste Mal in der Geschichte der Menschheit war es gelungen, dass über 50 Staaten der Erde gemeinsam erklärten, dass alle Menschen, Männer wie Frauen, frei und gleich an Würde und Rechten geboren sind, dass es keine Unterschiede zwischen Menschen verschiedener Völker, Nationalitäten und Glaubenrichtungen gebe.

Nicht zuletzt unter dem Eindruck des zurückliegenden Zweiten Weltkrieges verkündeten die Vereinten Nationen damit zugleich das Ideal, dass diese Rechte eines Tages jedem Menschen gewährt werden sollten. Es war ihnen bewusst, dass die „Verkennung und Missachtung der Menschenrechte zu Akten der Barbarei führten, die das Gewissen der Menschheit tief verletzt haben" und „die Schaffung einer Welt, in der den Menschen, frei von Furcht und Not, Rede- und Glaubensfreiheit zuteil wird, als das höchste Bestreben der Menschheit" anzusehen ist.

Den Zeitungen in Deutschland war damals diese Deklaration nicht mehr als eine Kurzmeldung wert. Die meisten Deutschen empfanden sie als eine Ohrfeige.

Ideal ist immer noch nicht verwirklicht

Heute, 59 Jahre später, ist dieses Ideal noch immer nicht verwirklicht. Zwar finden sich Menschenrechte in fast allen Verfassungen der internationalen Staatengemeinschaft, ihre materielle Verwirklichung steht selbst in der Bundesrepublik weiterhin auf der Tagesordnung. Anlässlich eines Briefings von Nicht-Regierungs-Organisationen (NGO) am 6. Dezember 2007 in New York erklärte Craig Mokhiber, Stellvertretender Direktor des Büros des Hochkommissars der UNO für Menschenrechte, dass sich die Menschenrechte aktuell in einer Periode der Krise befänden.

Wäre heute eine Erklärung der Menschenrechte möglich?

Müsste die Menschenrechtserklärung heute verhandelt werden, so Mokhiber, so gäbe es kaum die Chance, dass ein solches Dokument wie es 1948 angenommen wurde, zustande kommt. „Die universelle Verwirklichung ist keine Realität und wir sind noch nicht einmal nahe daran. Und deswegen brauchen wir eine Wiederbekräftigung und eine neue Selbstverpflichtung auf die universelle Erklärung der Menschenrechte."

Bei der Überwindung der Krise geht es nach Mokhiber um eine doppelte Aufgabe:„ Eine hat damit zu tun, dass es eine Reihe von Bedrohungen der Menschenrechte selbst gibt. Einige dieser Bedrohungen haben eine existentielle Dimension - Probleme von Armut, Probleme von Krieg, Konflikt und Besatzung, das Problem Rassismus, die Wiederauferstehung einer überholten Vorstellung von Staats-Sicherheit im Zusammenhang des ´Krieges gegen den Terror´, die das Konzept einer menschlichen Sicherheit, wie es sich vorher herauszubilden begonnen hatte, zu verdrängen scheint. Menschliche Sicherheit war definiert worden als Freiheit von Furcht und Freiheit von Mangel, für jeden von uns. An dessen Stelle tritt jetzt die Vorstellung einer Sicherheit des Staates, die wir als gegeben gesehen hatten. Und jetzt trampelt diese Staats-Sicherheit auf allem herum, auch auf den Menschenrechten."

Motor ist die Zivilgesellschaft

Die UNO plant daher in den Monaten bis zum 60. Jahrestag der Menschenrechtserklärung im Dezember 2008 eine Reihe von Veranstaltungen rund um die Welt. Eine zentrale Konferenz wird im September in Paris stattfinden. Im Verlauf des Briefings wurde klar, dass der Motor zur Verbesserung der Menschenrechte nicht die UNO, nicht die Regierungen, sondern die Zivilgesellschaft ist. Die Menschenrechtsarbeit muss expansiv und einbeziehend geführt werden; die NGOs als Vertreter der Zivilgesellschaft sind die treibende Kraft. Wirklich neue Überlegungen und neue Taktiken sind, so die einhellige Auffassung der Anwesenden, notwendig, um die universellen Menschenrechte zu schützen.

Das Eintreten für Menschenrechte gehört nach wie vor zum Aufgabenspektrum humanistischer Organisationen. Im Humanistischen Verband Deutschlands (HVD) laufen zurzeit Vorbereitungen, sich mit eigenen Projekten an der „Year long campaign for Human Rights" zu beteiligen. Es bleibt zu hoffen, dass auch andere Gruppierungen sich 2008 engagieren.

Manfred Isemeyer