Säkulare Verbände, 3. Folge: bfg

In zwangloser Reihenfolge wird der Humanistische Pressedienst Darstellungen der einzelnen Verbände über die Verbandsgeschichte

und heutigen Positionen veröffentlichen. Diese Texte sind die Sichtweise der Verbände selber und liegen ausschließlich in ihrer Verantwortung.

 

 

 

 

 

 

 

 

Bund für Geistesfreiheit (bfg) Bayern K. d. ö. R.

von Helmut Steuerwald, Nürnberg

Der Bund für Geistesfreiheit (bfg) Bayern K.d.ö.R. ist eine Weltanschauungsgemeinschaft, die sich an den Grundsätzen der Aufklärung und des Humanismus orientiert. Er ist die größte Organisation konfessionsfreier Menschen in Bayern.

 

 

Geschichtlicher Abriss

Die Ursprünge des Bundes für Geistesfreiheit reichen in die Jahre des Vormärzes, die Jahre vor der bürgerlich-demokratischen Revolution von 1848 zurück und sind verbunden mit der Geschichte der freireligiösen Bewegung. Als Initialzündung kann die Herausgabe eines „offenen Briefes“ gegen die Zurschaustellung des so genannten „Heiligen Rockes von Trier“ 1844 gewertet werden. In diesem Brief wandte sich der katholische Kaplan Johannes Ronge (1813-1887) gegen den krassen Aberglaube in der Kirche. Auch auf protestantischer Seite gab es zu der Zeit eine kritische Bewegung, die sich der Aufklärung verbunden fühlte. Ihre Anhänger wurden häufig als „Lichtfreunde“ bezeichnet.

[1]

In der Folge entstanden deutsch-katholische, freie christliche oder freie religiöse Gemeinden. Die neuen Gemeinden wurden nach der Niederwerfung der Revolution 1851/52 in den deutschen Landen verboten. Nachdem liberalere Strömungen sich gegen Ende der 50er Jahre des 19. Jahrhunderts durchsetzten konnten, durften die Gemeinden wieder entstehen. Sie führten nun meist den Namen „Freireligiöse Gemeinde“. Bereits 1859 kam es in Deutschland zur Gründung eines Gesamtverbandes „Bund freireligiöser Gemeinden“.

 

In Bayern konnte die ersten Gemeinschaften erst während der Revolutionsjahre 1848/49 gegründet werden, so u. a. in München, Nürnberg, Fürth und Schweinfurt. Christliche Vorstellungen und entsprechende Rituale verloren hier rasch an Bedeutung. Neue, auf der Philosophie der Aufklärung beruhende Ansichten setzten sich durch. Auch die bayerischen Gemeinden wurden nach der Niederwerfung der Revolution 1851/52 wieder verboten. Begründet wurde das Verbot unter anderem damit, dass die Gemeinden „eine Richtung genommen haben, welche dem Christentum und selbst dem Begriffe und Wesen von Religion und Religionsgemeinschaft überhaupt widerstreitet und deshalb notwendig zum Verfalle allen Glaubens und dem hierauf gegründeten sittlichen und bürgerlichen Verhältnisse führen muss…“

[2]

Bei der Begründung des Verbotes wurde festgestellt, dass in den Gemeinden die Philosophie Ludwig Feuerbachs erheblichen Einfluss hatte.

Aber gegen Ende der 50er Jahre des 19. Jahrhunderts konnten sich die freireligiösen Gemeinden auch in Bayern wieder bilden. Sie entwickelten sich alsbald rege in Nürnberg, Fürth und Umgebung. Später erst kamen München (1870), Schweinfurt (1905), Erlangen (1907), Augsburg (1911) u.a. wieder dazu. In Bayern ging man auf Distanz zu den religiösen Vorstellungen Johannes Ronges, dem Gründer der freireligiösen Bewegung, und man wandte sich naturalistischen und materialistischen Vorstellungen zu. Neben althergebrachten freireligiösen Vorstellungen kamen in den Organisationen atheistische Haltungen zum Tragen.

Auf diesem Hintergrund kann festgestellt werden, dass in Bayern schon frühzeitig teilweise andere Wege eingeschlagen wurden und weiter verfolgt wurden als in der übrigen freireligiösen Bewegung. Gründe hierfür sind vor allem:

  • 1.

    Die historische Entwicklung Bayerns mit seinem ausgeprägten reaktionär-konservativen Katholizismus. Dies führte in der freigeistigen Bewegung zu stärkeren antiklerikalen Haltungen. Man befasste sich deshalb auch frühzeitig mit der Religionskritik von David Friedrich Strauß (1808-1874) und anderen.

  • 2.

    Die philosophischen Anschauungen Ludwig Feuerbachs (1804-1872) beeinflussten die Gemeinden in Bayern stark.

  • 3.

    Der bedeutende Prediger und Sprecher Carl Scholl (1820-1907), ein Anhänger der Lehren Feuerbachs, übte großen Einfluss auf die freireligiöse Bewegung in Bayern aus. Auch in seiner monatlich erscheinenden Zeitschrift „Es werde Licht“ vertrat er für das 19. Jahrhundert äußerst moderne Anschauungen. Er wandte sich gegen überkommene Rituale, setzte sich für die Gleichberechtigung der Frauen ein, stand für Friedenspolitik, wandte sich gegen Antisemitismus und andere reaktionäre Haltungen.

  • 4.

    So kam es, dass man sich in den Gemeinden mit modernen naturwissenschaftlichen Auffassungen auseinander setzte und dort die Entwicklungslehre Darwins Bedeutung erlangte.

  • 5.

    Aus der sich rasch entwickelnden Arbeiterbewegung der Industriestädte Nordbayerns fanden viele engagierte Mitglieder und führende Kräfte den Weg in die freireligiösen Gemeinden. Es entstand eine fruchtbare Zusammenarbeit vor allem auf dem Bildungssektor.

  • 6.

    Im 20. Jahrhundert wandten sich die meisten Gemeinden frühzeitig gegen den aufkommenden Nationalsozialismus und waren antifaschistisch eingestellt. Nach der Machtergreifung wurden die meisten Gemeinden verboten.

  • 7.

    Nach dem 2, Weltkrieg gab es im „Bund für Geistesfreiheit“ stärkere atheistische Strömungen, und man nahm eine klar antimilitaristische Haltung ein. Der bfg engagierte sich von Anfang an in der Friedensbewegung und in Bürgerbewegungen.

 

 

Obwohl die freireligiösen Gemeinden in Bayern ab 1859 offiziell wieder zugelassen worden waren, hatten sie stets unter Schikanen der bayerischen Regierung zu leiden. Frühzeitige Ansätze, Jugendweihen und freireligiösen Unterricht einzuführen wurden ebenso verhindert wie die Bildung von Frauengruppen.

1861 schickten mehrere Eltern aus Nürnberg ihre Kinder zur „Freireligiösen Confirmation“ nach Ulm, da entsprechende Feiern in Nürnberg verboten wurden.

Nach mehrjährigen Auseinandersetzungen mit der bayerischen Regierung konnte 1869 endlich der „Frauenverein der freireligiösen Gemeinde Nürnberg“ gegründet werden. Dieser Verein stand dann aber über viele Jahre unter Polizeiaufsicht.

Dann war 1872 die erste „freireligiöse Confirmation“ der freien Gemeinde Nürnberg möglich; Carl Scholl hielt die Feierrede.

[3]

Seit 1889 wurde hierfür in Nürnberg der Begriff „Jugendweihe“ verwendet.

[4]

Als Ludwig Feuerbach 1872 starb, rief die Nürnberger Arbeiterbewegung sowie die Freireligiöse Gemeinde die Menschen zur Teilnahme an der Beerdigung auf. Etwa 10.000 Menschen kamen, ganz erstaunlich für Nürnberg, das damals nur rund 80.000 Einwohner hatte. Hauptredner am Grabe war wieder der freireligiöse Sprecher Carl Scholl.

In den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts setzte sich an öffentlichen Schulen in Nürnberg und Fürth der freireligiöse Unterricht durch. Zwar wurde er von der bayerischen Regierung bekämpft, aber vom Stadtrat und der Stadtverwaltung wirtschaftlich und sachlich unterstützt. Nach dem ersten Weltkrieg, in der Weimarer Zeit, erlangte er seine größte Bedeutung, vor allem durch den engagierten Lehrer und Sprecher Dr. Hans Schmidt.

Die bayerischen Gemeinden kooperierten, es gab jedoch keine gemeinsame Plattform. Eine solche wurde erst am 19. Februar 1919 mit der Gründung der „Freireligiösen Landesgemeinde“ geschaffen, wobei die Eigenständigkeit der Ortsgemeinden gewahrt blieb. Im Einklang mit der neuen Weimarer Verfassung wurde sie nicht mehr als Religions- sondern als Weltanschauungsgemeinschaft bezeichnet. Zum 1. Vorsitzenden wurde Dr. Hermann Heimrich, hauptamtlicher Stadtrat in Nürnberg (später bekannter Oberbürgermeister in Mannheim) gewählt.

 

In der Weimarer Zeit entwickelte sich ein reges Verbandsleben, vor allem in Nordbayern. Die bayerischen Verbände fühlten sich als Sammelbecken für freireligiöse, freigeistige und freidenkende Menschen. Daher wurden Bestrebungen nach einer Namensänderung laut. In Nürnberg wurde dann 1927 die Gemeinschaft offiziell in „Bund für Geistesfreiheit (Freireligiöse Gemeinde)“ umbenannt. Weitere Städte folgten.

Im Jahr 1927 erhielten verschiedene örtliche Gemeinschaften die Körperschaftsrechte, so Nürnberg, Fürth und München.

Der Bund für Geistesfreiheit, Parteien, Gewerkschaften und Sponsoren aus der Wirtschaft planten gemeinsam eine Gedenkstätte für Ludwig Feuerbach. Verwirklicht wurde dies 1930 mit der Errichtung des Ludwig-Feuerbach-Denkmales auf dem Rechenberg in Nürnberg. Oberbürgermeister Dr. Luppe übernahm es in die Obhut der Stadt. Allerdings wurde bereits 3 Jahre später - nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten - vom gleichgeschalteten Nürnberger Stadtrat die Beseitigung des Denkmals beschlossen. NS-Oberbürgermeister Liebel begründete das hauptsächlich so: „Auf der einen Seite trägt das Denkmal die Inschrift ‚Der Mensch schuf Gott nach seinem Bilde’. Wir sind der Auffassung: Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde.“

[5]

Im Jahr 1955 konnte das Denkmal als Wiedergutmachung gegen den Widerstand der CSU und kirchlicher Organisationen erneut errichtet werden.

 

 

Nachdem die Nationalsozialisten 1933 die Macht im Staat übernommen hatten, sahen sich die Gemeinschaften in Bayern schon bald schweren Verfolgungen ausgesetzt: Geschäftstellen wurden zerstört, Unterlagen und Geld beschlagnahmt und führende Persönlichkeiten der Organisation verhaftet, wie etwa der Nürnberger Vorsitzende Richard Schramm, den man dann noch ins Konzentrationslager Dachau brachte. Ähnlich erging es weiteren Vorstandsmitgliedern.

Der Bund für Geistesfreiheit in Nürnberg, Fürth und auch andere Gemeinschaften, zum Beispiel die „Freireligiöse Landesgemeinde“, wurden 1934 endgültig verboten. Eine Ausnahme bildete die „Freireligiöse Gemeinde in München“, die zwar verfolgt wurde, doch unter großen Schwierigkeiten weiter bestehen konnte.

[6]

 

 

Der Wiederaufbau der Organisationen nach dem 2. Weltkrieg gestaltete sich schwierig, da viele Unterlagen verloren gegangen waren und Geldmangel herrschte. Am 26. April 1946 gelang es zunächst, den Bund für Geistesfreiheit (bfg) in Nürnberg neu zu gründen. Andere Ortsgemeinschaften folgten. 1947 konnte die „Freireligiöse Gemeinde Bayern“ wieder ins Leben gerufen werden. Noch im gleichen Jahr erhielt sie den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die Landesgemeinde nannte sich ab 1977 “Freigeistige Landesgemeinschaft Bayern“ und schließlich seit 1990 „Bund für Geistesfreiheit (bfg) Bayern“. Auch die verschiedenen Ortsgemeinschaften entschieden sich im Laufe der Jahre für diese Bezeichnung. Nürnberg trat allerdings 1996 dem „Humanistischen Verband Deutschland“ bei und führt deshalb seit 1999 den Namen „Humanistischer Verband Deutschlands – HVD-Nürnberg“. Der Verband gehört aber weiterhin korporativ dem „Bund für Geistesfreiheit (bfg) Bayern“ an.

 

Ab 1969 hat sich der bfg mit Engagement für den Kirchenaustritt eingesetzt, was einen sprunghaften Anstieg der Austritte bewirkte.

Im Jahre 1973 erfolgte die Gründung der „Initiative für Trennung von Staat und Kirche“, an der der bfg aktiv beteiligt war. 1979 wurde durch den Einsatz des bfg’s eine „Arbeitsgemeinschaft für die Trennung von Staat und Kirche“ ins Leben gerufen. 1976 beschloss der bfg Nürnberg die Gründung der „Initiative für humanes Sterben“, aus der später die „Gesellschaft für Humanes Sterben e. V.“ hervorging.

Zum 31.12. 1991 trat der „Bund für Geistesfreiheit (bfg) Bayern“ aus dem „Bund freireligiöser Gemeinden Deutschlands“ aus und schloss sich dem „Dachverband Freier Weltanschauungsgemeinschaften e.V.“ an. Dadurch ist er Mitglied in der Internationalen Humanistischen und Ethischen Union (IHEU).

In den 90er Jahren wurde ein neues Grundsatzprogramm erarbeitet.

 

 

 

Ziele und Haltungen: Das Grundsatzprogramm des „bfg Bayern“

Das folgende Grundsatzprogramm wurde am 20. 5.1995 beschlossen:

 

I. Humanistische Grundsätze

Der Bund für Geistesfreiheit Bayern ist eine Weltanschauungsgemeinschaft in der Tradition der europäischen Aufklärung. Er vertritt die Interessen und Rechte von Konfessionslosen. Das Selbstverständnis seiner Mitglieder beruht auf der Lebensauffassung des weltlichen Humanismus.

1. Der weltliche Humanismus ist eine demokratische, nicht-religiöse, ethische Lebensauffassung. Danach haben alle Menschen das Recht und die Verantwortung, ihr Leben selbst zu bestimmen.

2. Ausgehend von der humanistischen Lebensauffassung fördern Humanistinnen und Humanisten den konstruktiven und friedlichen Austausch von Ideen. Sie lehnen jeden Dogmatismus ab und vertreten keine absoluten Wahrheiten.

3. Die Wissenschaften sind für den Humanismus ein unverzichtbares Hilfsmittel. Sie beruhen auf menschlichen Erfahrungen, auf der Überprüfbarkeit ihrer Aussagen und auf der kritischen Beurteilung ihrer praktischen Konsequenzen. Wissenschaft wird nicht wertfrei und ohne Eigeninteresse benutzt. Daher müssen die Forschung und die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse an ethische Kriterien geknüpft werden.

4. Humanist(inn)en erleben die Welt in ihrer Vielfalt und Widersprüchlichkeit. Sie gehen davon aus, dass weder in der Natur noch in der Ferne des Kosmos eine "göttliche" Kraft das menschliche Sein bestimmt.

5. Menschen sind Teil der Natur und der ökologischen Entwicklung. Nach humanistischer Auffassung müssen die Menschen Verantwortung für die Erhaltung der Arten und für die Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen übernehmen, die z.B. durch die Bevölkerungsexplosion bedroht sind.

6. Die Menschen haben die Freiheit, zwischen verschiedenen Lebensauffassungen zu wählen. Humanismus setzt die Fähigkeit zu selbstbestimmter ethischer Entscheidung voraus. Selbstbestimmung bedeutet die Entfaltung persönlicher Freiheit in sozialer Verantwortung. Zur Selbstbestimmung gehört ebenso das Bewusstsein der Grenzen menschlicher Erkenntnis.

7. Selbstverantwortung und Solidarität der Menschen untereinander machen die Verwirklichung der Menschenrechte zu einem Schwerpunkt humanistischer Praxis.

8. Humanist(inn)en tragen dazu bei, die Vielfalt der menschlichen Lebensformen als Bereicherung zu erfahren. Deshalb wenden sie sich gegen jede Diskriminierung auf Grund von ethnischer Abstammung, Geschlechtszugehörigkeit, nationaler oder sozialer Herkunft sowie auf Grund religiösweltanschaulicher Bindungen oder homosexueller Orientierung. Diese Vielfalt und die Toleranz ist Ausdruck von Freiheit in einer Gesellschaft.

9. Krieg, Produktion von Massenvernichtungsmitteln und Waffenhandel sind Ausdruck inhumaner und irrationaler Verhaltensweisen. Dauerhafter Frieden, Solidarität und Gerechtigkeit sind dagegen zentrale Ziele des Humanismus. Eine ideologisch-religiöse Hilfestellung für Armeen, etwa durch Militärseelsorge, steht im Widerspruch zu humanistischen Ideen.

10. Die humanistische Lebensauffassung begründet die Gleichberechtigung der Geschlechter und die Emanzipation von Frauen und Männern in allen Lebensbereichen. Die fortdauernde Herrschaft der Männer über die Frauen lässt sich mit der humanistischen Weltanschauung nicht verbinden und wird aktiv zurückgedrängt.

11. Humanist(inn)en setzen sich bewusst mit dem Sinn des individuellen Lebens auseinander und fordern einen menschenwürdigen Umgang mit Alter, Krankheit und Behinderung. Eine Verklärung von menschlichem Leid als sinnstiftend lehnen sie ab.

12. Sterben und Tod sind Teilaspekte des Lebens, die weder zu verdrängen noch zu idealisieren sind. Wir treten ein für das Selbstbestimmungsrecht des Individuums auch in der letzten Lebensphase, das das Recht auf den eigenen Tod einschließt.

13. Die Bereitschaft zur Verständigung ist die Grundlage, das Miteinander auf der Erde zu garantieren. Humanistische Lebensauffassung ist gekennzeichnet von Toleranz gegenüber allen Menschen, anderen Denk- und Lebensauffassungen und zu Religionen. Toleranz trifft ihrerseits auf Grenzen, wenn Menschenrechte verletzt bzw. wenn Positionen der Intoleranz vertreten werden.

14. Humanistische Vereinigungen arbeiten international an der Verwirklichung der Menschenrechte. Ihre Vorstellung eines Zusammenlebens auf unserem Planeten liegt in menschenwürdigen Lebensverhältnissen, demokratischen Freiheiten und in der uneingeschränkten Selbstbestimmung für alle Menschen.

 

 

II. Trennung von Staat und Kirche

In den Menschenrechten ist die Gleichberechtigung aller Religionen und Weltanschauungen verankert. Auch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verpflichtet den Staat - trotz des Hinweises auf die "Verantwortung vor Gott" in der Präambel - zu religiös-weltanschaulicher Neutralität. Es schließt theoretisch die Privilegierung bestimmter Bekenntnisse aus.

Die gesellschaftliche Wirklichkeit sieht anders aus. Durch die Übernahme von Ausnahmeklauseln aus vordemokratischen Zeiten in die Verfassung und Sondervereinbarungen mit dem Staat haben sich die Kirchen in Deutschland Privilegien gesichert, die weltweit einmalig sind. Daher tritt der Bund für Geistesfreiheit für folgende Forderungen zur Verwirklichung einer echten Trennung von Staat und Kirche ein:

1. Abschaffung des Status der "Körperschaft des öffentlichen Rechts" für alle Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften; für sie hat, wie für alle anderen Vereinigungen auch, das Vereinsrecht zu gelten.

2. Abschaffung des staatlichen Kirchensteuereinzug

3. Kein Religionsunterricht an staatlichen Schulen; religiöse Unterweisung ist Sache der Glaubensgemeinschaften.

4. Die Priester- und Theologenausbildung ist nicht Sache des Staates; daher sind die theologischen Fakultäten der Universitäten in kircheneigene und kirchlich finanzierte Ausbildungsstätten umzuwandeln.

5. Alle Staatsleistungen an die Kirchen (z.B. aufgrund der Säkularisierung in früheren Jahrhunderten) sind einzustellen. Durch die bisherigen Zahlungen des Staates ist die von der Verfassung vorgesehene Ablösung bereits geleistet.

6. Die noch gültigen Konkordate und Staatskirchenverträge (z.B. das Hitler-Konkordat von 1933) sind zu kündigen, ihre Inhalte sind - soweit erforderlich - durch Gesetz oder Übergangsvereinbarung zu regeln.

7. Sakrale Symbole haben in staatlichen Einrichtungen ebenso wenig zu suchen wie religiöse Kulthandlungen bei staatlichen Veranstaltungen.

8. Die Seelsorge in Militär, Grenzschutz, Polizei und Justizvollzug ist keine staatliche, sondern eine Angelegenheit der jeweiligen Religionsgemeinschaft, die auch die Finanzierung zu übernehmen hat.

9. Bildung, Krankenpflege und soziale Versorgung sind öffentliche Aufgaben. Die öffentliche Hand muss daher eine ausreichende Zahl von weltanschaulich neutralen Einrichtungen betreiben. Staatliche Zuschüsse an Einrichtungen freier Träger sind von der Gewährleistung der Grundrechte für alle Beteiligten abhängig zu machen. Auch bei kirchlichen Trägern muss das allgemeine Arbeits- und Sozialrecht gelten.

10. Das Darstellungsrecht der Kirchen in den öffentlichen Medien ist dem anderer gesellschaftlicher Gruppen gleichzustellen.

11. Steuerfreiheit und gebührenrechtliche Privilegien der Religionsgemeinschaften sind abzuschaffen.

12. Die Mitgliedschaft in Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften wird - unabhängig von früher vollzogenen religionsinternen Ritualen - durch eine persönliche Beitrittserklärung nach Erreichen der Religionsmündigkeit (Vollendung des 14. Lebensjahrs) erworben. Der Austritt erfolgt durch einfache schriftliche Erklärung gegenüber der betroffenen Organisation.

Diese Ziele sind umso begründeter, als über ein Viertel der Bevölkerung in Deutschland konfessionslos ist und weite Teile der Kirchenmitglieder nur aus Gewohnheit (noch) in den Kirchen Mitglied bleiben, nicht aber aus Überzeugung. Angesichts der fortschreitenden Säkularisierung kann von Volkskirchen, die die Mehrheit der Bürger repräsentieren, nicht mehr gesprochen werden. Umso nötiger ist ein aktiver Verband, der die Interessen der Konfessionslosen vertritt.

 

 

 

Gegenwärtige Situation

Der Bund für Geistesfreiheit (bfg) Bayern, K.d.ö.R., ist vor allem aktiv auf kulturpolitischen Gebieten. Er tritt weiter für Aufklärung, für eine klare Trennung von Staat und Kirche ein, wendet sich gegen den Missbrauch kirchlicher Macht. Er arbeitet im freigeistigen Raum mit verschiedenen anderen Organisationen zusammen, vor allem auch vor Ort.

Im bfg bestehen auf Orts- und Landesebene enge Kontakte zum „Deutschen Freidenker-Verband (DFV)“, zum „Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA)“, zur „Giordano Bruno Stiftung“, zum „Humanistischen Verband“ und natürlich zu den Organisationen, die im „Dachverband freier Weltanschauungsgemeinschaften“ vertreten sind. Darüber hinaus gibt es eine Zusammenarbeit mit der „Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben“, dem Trägerverein des Senioren- und Pflegeheimes „Ludwig Feuerbach“ e.V., mit der „Humanistischen Union“ sowie mit Friedensorganisationen und Bürgerbewegungen.

Die Ortsverbände und der Landesverband leisten eine breite Öffentlichkeitsarbeit, sie führen öffentliche Veranstaltungen, Feiern, Schulungen und auch Reisen durch. Es werden auch Dienstleistungen angeboten, z. B. Redner für Bestattungen und andere Lebensfeiern.

 

Neben örtlichen Mitteilungen gibt der bfg vierteljährlich die „Freigeistige Rundschau“ heraus. In sechswöchigem Abstand gestaltet der bfg beim Bayerischen Rundfunk, auf Bayern 2, sonntags um 7:05 Uhr eine viertelstündige Sendung.

Im Jahr 2000 hat der bfg Bayern das „Humanistische Bildungswerk Bayern e. V. (hbb)“ ins Leben gerufen.

Der bfg Bayern verfügt über die Webseite: www.bfg-bayern.de. Auf Initiative des bfg ist auch eine Webseite www.schulfach-ethik.de des Arbeitskreises Ethikunterricht in Bayern entstanden.

 

Am 20. Mai 2006 fand auf der Landesdelegiertenversammlung die Wahl des neuen Vorstands statt. Zum neuen Landesvorsitzenden wurde einstimmig Dietmar Michalke (56, Physiker) aus Augsburg gewählt. Seine Stellvertreter sind Monika Hendlmeier (Regensburg), Friedrich Patzier (Schweinfurt) und Rainer Lüttich (Neuburg /Donau). Zum Schriftführer wurde Wolfgang Günther (Schweinfurt) und als Kassiererin Uta Pallaske (Fürth) gewählt. Adi Meister wurde für seinen 10-jährigen Einsatz und seine Arbeit als Landesvorsitzender zum Ehrenvorsitzenden ernannt.

 

 

Literatur:

Dr. phil. Franz Bohl: „100 Jahre Kampf um Ludwig Feuerbach.“ Erschienen im Auftrag des „Bund für Geistesfreiheit Nürnberg“, 1955.

Silvie Fisch: „Zwischen Aufbruch und Verbot. Hans Schmidt (1882-1933) und die freigeistige Bewegung in Nürnberg“ . Angelika Lenz Verlag, Neustadt am Rübenberge, 2000.

Helmut Steuerwald: „Die freigeistigen Bewegungen und der Nationalsozialismus“. Herausgegeben vom Bund für Geistesfreiheit Fürth 2002. (Dort erhältlich.)

Helmut Steuerwald: „Kritische Geschichte der Religionen und freien Weltanschauungen. Eine Einführung“. Angelika Lenz Verlag, Neustadt am Rübenberge, 1999.

Emilie Schurig: „100 Jahre Freireligiöse Gemeinde München“. Eigene Herausgabe, 1970.

Hugo Belian, Adi Meister: „Bund für Geistesfreiheit Fürth K.d.ö.R. 1849-1999. 150 Jahre Ringen für Geistes- und Gewissensfreiheit“. Eigene Herausgabe, 1999. Neue überarbeitete Ausgabe unter dem Titel: „Bund für Geistesfreiheit. Die Entwicklung am Beispiel der Ortsgemeinschaft Fürth“, Eigendruck 2006.

Karl Bierl, Ali Zellner, Monika Hendlmeier: „1977 bis 2002. 25 Jahre Bund für Geistesfreiheit (bfg) Regensburg“. Eigene Herausgabe, 2002.

 

Wikipedia. Beitrag Bund für Geistesfreiheit.: http://de.wikipedia.org/wiki/Bund_f%C3%BCr_Geistesfreiheit

 

 


[1]

Näheres dazu in:

Bund Freireligiöser Gemeinden Deutschlands (Hg.): „Die Freireligiöse Bewegung – Wesen und Auftrag“ im Selbstverlag 1959.

[2]

Dr. Franz Bohl,: „Die frei­reli­giöse Be­wegung in Bayern - Werden und Wirken“, Freireligiöse Landes­gemein­de Bayern, 1961? (Letzte Daten von 1960).

[3]

Carl Scholl: „Es werde Licht“, Jahrgang III, Heft 6, 1872, S. 81 ff. (Stadtarchiv Nürnberg)

[4]

Carl Scholl: „Es werde Licht“, 20. Jahrgang, Nr. 10, Juli 1989, S. 147 ff. (Stadtarchiv Nürnberg)

[5]

Dr. phil. Franz Bohl: „100 Jahre Kampf um Ludwig Feuerbach.“ Erschienen im Auftrag des „Bund für Geistesfreiheit Nürnberg“, 1955. S.30.

[6]

Näheres dazu: Helmut Steuerwald: „Die freigeistigen Bewegungen und der Nationalsozialismus“. Herausgegeben vom Bund für Geistesfreiheit Fürth 2002.