Ein Berater von John McCain

USA. (hpd) Während die deutschen Medien seit dem „Super Tuesday" nur noch über den Vorwahlkampf innerhalb der Demokratischen Partei

berichten, steht der republikanische Kandidat bereits fest. Daher ist fast jedem aufmerksamen Beobachter hierzulande die Kontroverse über Obamas schwarzen Pastor bekannt, der als zu unpatriotisch gilt. Dass es jedoch auch im republikanischen Lager einen Kirchenführer gibt, an dem sich die Geister scheiden, bleibt weitgehend unbekannt. John McCain traf sich im Jahre 2007 mehrfach mit Pastor John Hagee, einem Fundamentalisten, dessen Weltsicht Europäer nur irritieren kann.

Um wen handelt es sich bei dem Protestanten, der auf Seiten der Republikaner in den Wahlkampf eingestiegen ist?

Pastor John Hagee wurde 1940 in der texanischen Provinz als Sohn einer deutschstämmigen Predigerfamilie geboren. Bereits im Alter von 17 Jahren predigte er das erste Mal vor der Gemeinde seines Vaters. In seiner somit 50-jährigen Karriere hat der Prediger viel erreicht. Seine Cornerstone Church in San Antonio, Texas, die dem US-amerikanischen Trend zur „Megachurch" folgt, zählt über 18.000 Mitglieder. Darüber hinaus gilt Hagee als einer der finanziell erfolgreichsten und politisch einflussreichsten Vertreter der evangelikalen Bewegung in den USA, der mit seiner Lobbyorganisation „Christians United for Israel", die bedingungslose Unterstützung Israels fordert.

„Christlicher Zionist"

Nicht nur McCain steht der Gruppierung nahe, auch George W. Bush bemühte sich um gute Beziehungen zu den „Christlichen Zionisten". Ebenso Politiker wie der ehemalige Sprecher des Repräsentantenhauses, Newt Gingrich, der ehemalige Fraktionsvorsitzende der Republikaner, Tom Delay und der jüdische Senator Joe Lieberman, der von den Demokraten in Connecticut aufgestellt wurde, besuchten die Versammlungen der CUFI.

Hagee unterstützt die typisch wertkonservativen christlichen Positionen, die in den USA weit verbreitet sind. Als unbiblisch werden abgelehnt: Sex vor der Ehe, die Homo-Ehe, Abtreibungsrechte, Stammzellenforschung und die Evolutionstheorie. Aber auch die Todesstrafe wird von Hagee auf seiner Website in der FAQ-Sektion verteidigt. Wie könne, so die Frage, ein Christ trotz des göttlichen Gebots „Du sollst nicht töten!" an der Todesstrafe festhalten? Hagee entgegnet, dass die Bibel neben den 10 Geboten gleichzeitig auch für bestimmte Vergehen die Todesstrafe vorschreibt. Da sich die Stellen nicht widersprechen könnten, sei eindeutig ersichtlich dass das Tötungsverbot nicht generell zu verstehen sei. (Auf die Idee, dass auf umgekehrtem Wege das Tötungsgebot nicht generell zu verstehen sei, kommt Hagee nicht.) Die korrektere Übersetzung sei ohnehin „Du sollst nicht morden!" Da der Todesstrafe die niederen Beweggründe fehlten, sei sie eben als Tötung, nicht als Ermordung zu begreifen.

Das Ende der Welt steht bevor

Auf ähnliche Art und Weise scheint Hagee auch den Krieg zu beurteilen. Die Invasion des Irak verteidigte er ebenso, wie er heute über die Möglichkeit einer Bombardierung des Iran nachdenkt. Doch die übliche Behauptung, es ginge Hagee, wie allen anderen Falken in der US-Politik, nur um das Öl, greift zu kurz. Der Texaner ist felsenfest davon überzeugt, dass das Ende der Welt, in dem Gott die Feinde Israels (also auch den Iran) vernichten wird, kurz bevorsteht.

In einem Fernsehinterview mit dem konservativen Moderator Glenn Beck erläuterte Hagee das Szenario der Apokalypse, wie es in der Bibel beschrieben wird. Seit Jahren mehren sich die Zeichen, die, so Hagee, verkünden, dass das Ende der Welt kurz bevorsteht. (Angeblich soll die Apokalypse innerhalb der nächsten 20 Jahre stattfinden.) Die deutlichsten Anzeichen seien die Wiedererichtung des Staates Israel, sowie die zunehmende Radikalisierung des Islams nach dem 11. September. Außerdem prophezeie die Bibel die Entwicklung der Wasserstoffbombe - eine entsprechende Bibelstelle, in der Gott die Feinde Israels vernichtet, soll treffend die Auswirkungen einer Nuklearwaffe auf den Körper beschreiben. Des Weiteren werde die Menschheit seit einigen Jahren verstärkt von Seuchen, Hungersnöten und Erdbeben geplagt. Der Moderator, der diese Aussage als unwissenschaftlich nicht gelten lassen wollte, fragte, ob nicht auch die globale Erwärmung in dieses Schema passe. Doch diese sei, so Hagee, nur eine Erfindung, die der amerikanischen Wirtschaft schaden solle.

Bibel kündigt das Fernsehen an

Des Weiteren werde in der Bibel die Entwicklung des Fernsehens verkündet. Dort heißt es, die Kunde von der Endschlacht in Jerusalem werde innerhalb von nur einer Stunde in die ganze Welt hinausgetragen. Wie, wenn nicht mit den heutigen Massenmedien, sei dies möglich?

Im Übrigen sei es bereits eine Aussage der Bibel, dass der Glaube der Christen angezweifelt und verspottet werde. Die Existenz von Atheisten sei also der beste Beweis für die Korrektheit der Heiligen Schrift. Jedes vorgebrachte logische Argument kann Hagee in seinem Gotteswahn nur noch bestärken.

Hagees Sicht über den Verlauf der in absehbarer Zeit eintretenden Endschlacht offenbart, dass er beinahe überall den Antichrist verortet. Vereint werden die islamischen Staaten, die Europäische Union, Russland und China Israel angreifen um von Gottes Zorn zerschmettert zu werden.

Europäische Union ist der Anti-Christ

Der Bezug zu den islamischen Staaten liegt auf der Hand, der Iran wird, wenn auch nur als Persien, namentlich erwähnt. In der europäischen Union sieht Hagee den Antichrist. Denn dieser soll laut Bibel eine gemeinsame Weltregierung und -währung anstreben, wie es auf kleinerer Ebene ja bereits vollzogen wurde. Russland wird nur als ein Land aus dem fernen Norden beschrieben, während für China Zahlenspielereien ins Feld geführt werden. In der biblischen Endschlacht wird ein östliches Reich 200 Millionen Krieger entsenden, welches Land, wenn nicht das Reich der Mitte mit seiner Milliardenbevölkerung könnte dies sein?

Aus diesen theologischen Überlegungen heraus begründet Hagee seine eigene Version der Nahostpolitik, die hoffentlich niemals zu einer self-fulfilling prophecy wird. Differenzierte Äußerungen darf man von ihm nicht erwarten - Hagee ist ein Mann klarer Worte:

„Menschen, die ihr Leben nach dem Koran ausrichten, haben den Auftrag ihrer heiligen Schrift, Christen und Juden zu töten. [...] Es gibt 1.3 Milliarden Menschen, die dem Islam anhängen. Angenommen, dass nur 15% von ihnen nach Amerika oder Israel kommen, um es zu zerstören, reden wir immer noch von ca. 200 Millionen Menschen. Das ist weit mehr als Hitler, Italien, Japan und die übrigen Achsenmächte im 2. Weltkrieg unter Waffen stehen hatten."
„Wir sollten uns vor allem deshalb um Israel sorgen, weil es eine demokratische Gesellschaft ist und die Vereinigten Staaten immer demokratische Gesellschaften verteidigt haben. Wir haben England verteidigt, wir haben Frankreich gegen Hitler verteidigt. Wir durchleben die Geschichte erneut. Wir befinden uns wieder im Jahr 1938. Der Iran ist Deutschland und Ahmadinedschad ist Hitler."

Hagee lud Bill McKay, einen „Nahost-Experten" und Filmemacher zu sich ins Studio ein, um ihm zu ermöglichen, seine Sicht der Dinge zu erklären. Die Diskussionsrunde brachte erstaunliche Defizite und Vorurteile ans Tageslicht. Bill McKay, dessen Äußerungen Hagee zu keinem Zeitpunkt widersprach, ging zuerst auf die Situation im Irak ein. Die US-Truppen könnten den dortigen Krieg zwar militärisch gewinnen, doch das Parlament, das sich für einen Truppenabzug einsetzt, würde ihre Niederlage herbeiführen. (Eine Legende, die in Deutschland bald den 90. Geburtstag feiern wird.)

Sobald die amerikanischen Truppen den Irak verlassen haben, wird der iranische Staatspräsident Ahmadischan [sic!] das hinterlassene Machtvakuum ausfüllen. Dies würde bedeuten, dass der Iran den islamischen Terrorismus auf eine neue Dimension heben würde und gleichzeitig 40% der Erdölreserven weltweit kontrollieren wird. (Tatsächlich wären Zahlen um 20% realistischer, was dennoch ein enormer Betrag wäre.) In dieser Situation würde Ahmadischan den, nach Öl gierenden, „dekadenten Europäern" einen Deal vorschlagen. „Juden gegen Öl" . Ein Tauschhandel, dem die „dekadenten Europäer" sofort zustimmen würden, da sie seit 2000 Jahren Antisemiten seien.

Hurrikan als „Strafe Gottes"

Auch Ereignisse, die für einen Europäer wohl kaum in Zusammenhang mit der Politik stehen, werden von John Hagee thematisiert. Für den Hurrikan Katrina, der im Sommer 2005 die Stadt New Orleans verwüstete und 1800 - 2500 Todesopfer forderte, bot er gleich zwei Erklärungen an. Einerseits hätten in der Stadt mehrfach Schwulenparaden stattgefunden - eine schwerwiegende Sünde, die Gott sogleich bestrafte. Andererseits war Gott erzürnt, dass Präsident Bush Ariel Sharon zur Kompromissbereitschaft gegenüber den Palästinensern und einer Aufgabe jüdischer Siedlungen im Gazastreifen gedrängt habe. Da Bush Gottes Land antastete, verwüstete Gott das Land des US-Präsidenten.

Am erschreckendsten ist jedoch, was Hagee über den Holocaust schreibt. In seinem Buch „Jerusalem Countdown", das sich 600.000 Mal verkaufte, versucht er mittels abenteuerlicher Bibelinterpretationen erst zu beweisen, dass Auschwitz einerseits als Strafe Gottes für die Juden, andererseits aber als Ausdruck seiner Liebe ihnen gegenüber verstanden werden muss. Erst durch den Holocaust war die Weltgemeinschaft dazu bereit, einen unabhängigen Staat Israel zu akzeptieren. Als dieser 1948 gegründet wurde, erfüllte sich die Prophezeiung der Bibel, dass die Juden, die einst vertrieben wurden, eines Tages in ihre Heimat zurückkehren würden. Als der jüdische Journalist Max Blumenthal Hagee auf einer Pressekonferenz fragte, wie man diese Passagen außer als antisemitisch verstehen könne, wurde er vom Sicherheitspersonal aus dem Gebäude begleitet.

Lukas Mihr