Konfessionsfreie und Verfassungsrecht

BERLIN. (hpd / HAD) Unter dem Titel „Konfessionsfreie und deutsches Verfassungsrecht. 90 Jahre Weimarer Reichsverfassung“ findet am 11./12. September 2009 in Berlin eine „Rechtspolitische wissenschaftliche Konferenz“ der Humanistischen Akademie Deutschland (HAD) statt, die von der „Bundeszentrale für politische Bildung“ gefördert wird, was die Einladung wichtiger Fachleute, meist Juristen und Staatskirchenrechtler, ermöglichte.

 

Die Tagung (Flyer Einladung und Programm sowie Anmeldeformular im Anhang) verfolgt das Ziel eines ergebnisoffenen und parteiübergreifenden Dialogs über ein neu entstehendes Politikfeld von bundespolitischer Relevanz: Die Interessenartikulationen von Konfessionsfreien, deren Stellenwert in der Gesellschaft, ihr Platz im deutschen Verfassungsstaat und ihr Verhältnis zu Kirchen, Religionen und deren Organisationen.

Zugleich will die Tagung einen Beitrag leisten zur Würdigung des deutschen demokratischen Grundgesetztes, der Weimarer Reichsverfassung von 1919.
Als die Weimarer Reichsverfassung 1919 entstand, deren Artikel 136-139 sowie 141 per Art. 140 zur „Religionsverfassung“ ins Deutsche Grundgesetz inkorporiert sind, gab es in Deutschland weniger als eine halbe Million Konfessionsfreie (in heutiger Definition). In der Gegenwart sind es aber mehr als dreißig Millionen, mehr als ein Drittel der Bevölkerung. Außerdem sind zu den ehemals dominanten christlichen Volkskirchen muslimische Gemeinschaften hinzugekommen. Die Folgen dieser Veränderungen werfen die Frage auf, wie ein neunzigjähriges Verfassungsrecht mit der heutigen Verfassungswirklichkeit und den Realitäten pluraler „Glaubensverhältnisse“ zurechtkommt.
 

Die geplante Tagung soll Erkundungen hinsichtlich dieser neuen Befindlichkeiten und ihren möglichen Rechtsfolgen befördern. Dem dienen vor allem die Vorträge der eingeladenen Experten, darunter die Professoren Dr. Stefan Korioth (München, Öffentliches Recht und Kirchenrecht), Dr. Hans Michael Heinig (Göttingen, Öffentliches Recht, insb. Kirchenrecht und Staatskirchenrecht) und Dr. jur. Dr. phil. Eric Hilgendorf (Würzburg, Strafrecht, Strafprozessrecht und Rechtstheorie). Ein Referat wird auch die Juristin Dr. Christine Mertesdorf (Igel) halten, die jüngst durch ihr Buch über die „Weltanschauungsgemeinschaften“ durchaus Furore machte.
 

Auf einem Podium werden Dr. Thomas Heinrichs (Berlin, Rechtsanwalt und Philosoph), Dr. Reinhard Hempelmann (Berlin, Theologe, Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen), Prof. Dr. Hartmut Kreß (Bonn, Systematische Theologie und Ethik) und Prof. Dr. Rosemarie Will (Berlin, Öffentliches Recht, Landesverfassungsrichterin a.D.) über „Die Weimarer Reichsverfassung von 1919 und das Prinzip der Gleichbehandlung von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften heute“ diskutieren.
 

Das politische Abschlusspodium mit den Beauftragten für Kirchen und Religionsgemeinschaften der im Bundestag vertretenen Fraktionen (bzw. deren Vertretungen) – 14 Tage vor der Bundestagswahl – soll den politischen Streit darüber befördern, wie in den demokratischen Parteien Konfessionsfreie und ihre Interessen gesehen werden und welche Absichten die Parteien diesbezüglich artikulieren.
 

Von der Tagung sind keine direkten politischen Handlungsvorschläge oder Hinweise an säkulare wie religiöse Organisationen zu erwarten, aber mehr Klarheit hinsichtlich des Debattenstandes.
Es ist vorgesehen, wesentliche Ergebnisse anschließend durch die Humanistische Akademie zu publizieren.

Horst Groschopp