Station Tübingen der Buskampagne

TÜBINGEN. (hpd) Der Regen legte eine Pause ein. Manch einer würde sagen, wenn das keine göttliche Fügung ist? Wahrscheinlich scheint aber dafür die Wetterlage an diesem stürmischen, nassen Donnerstag verantwortlich gewesen zu sein, dass der Doppeldecker von „Buskampagne.de“ trockenen Lackes auf dem Holzmarkt in Tübingen ankam.

Bereits halb zehn waren Vertreter vom Tübinger „Stammtisch Unser Huhn“ auf dem Holzmarkt präsent und warteten mit einem schlichten Holzkreuz, dem die blaue Unterhose Hölderlins übergezogen war, auf die Ankunft des Omnibusses. Der „Stammtisch Unser Huhn“ wurde Anfang der 90iger Jahre von Studenten gegründet. Zu den Gründungsmitgliedern gehörte unter anderem der spätere Chefredakteur des politisch – satirischen Magazins „Titanic“, Oliver Schmitt. Bis heute trifft man sich jeden Dienstag in der Papstgaststätte in Tübingen. Übrigens soll Papst Benedikt XVI. alias Joseph Kardinal Ratzinger während seiner Zeit als Ordinarius für Dogmatik und Dogmengeschichte an der Universität Tübingen in diesem Lokal, das damals noch den Namen Parkgaststätte trug, hin und wieder gespeist haben.

Was noch fehlte, war der Bus, der irgendwo in Tübingen stand und den Weg zum geplanten Standort nicht fand. Dr. Carsten Frerk, einer der „7 Gottlosen“, die mit dem Gefährt durch Deutschland touren, bemühte sich, unterstützt von ortskundigen Helfern den Bus vom Stadtrand auf den Holzmarkt zu lotsen.

Die Wartezeit wurde keineswegs verschwendet, sondern durch Gespräche mit der Lokalpresse zweckmäßig genutzt. Der Platz füllte sich unterdessen auch mit interessierten Menschen, die sich bereits in kleinen Gruppen über das Themen Gott, Religion und das Verhältnis Kirche und Staat unterhielten.

Verspätet aber sehr eindruckvoll schob sich dann der rote Doppeldecker den Berg herauf und bog in den Holzmarkt ein, wo er unterhalb der Stiftskirche und umgeben von den typischen Tübinger Fachwerkhäusern zum Stehen kam. Noch während ein Tisch aufgestellt und Informationsmaterial bereitgelegt wurde, fuhr die Gegenseite vor.

Der schicke, luxuriöse Reisebus der Initiative „Gottkennen.de“, der dem roten Doppeldecker auf seinem Weg durch die Republik ständig auf den Fersen ist, wurde zusätzlich von einem Reisemobil begleitet. Dem Bus entströmten zumeist junge Menschen, die alle in einheitlich weißen T-Shirts steckten. Der Leiter des Busses der Gottesbefürworter und Dr. Frerk vom Doppeldecker trafen sich kurz und vereinbarten mit Handschlag ein faires Verhalten bei der Aktion in Tübingen.

Dem Augenzeugen der Szenerie entging nicht, dass sich sehr bald um den Infostand am Doppeldecker eine kleine Menschenansammlung bildete. Viele verlangten Informationsmaterial in Form von kleinen Broschüren und diskutieren mit dem fahrenden Personal.

Obwohl die Gottesbefürworter kostenlosen Kuchen anpriesen und sehr geschäftig die vorübergehenden Passanten ansprachen, oder ihnen Broschüren in die Hand drückten, waren kaum Menschen zu sehen, die sich um diese Gruppe scharten.

 

Die Aktion der beiden Parteien wurde zum Leidwesen aller Anwesenden sehr bald von der Polizei beendet. Die Ordnungshüter verlangten, dass die Busse vom Holzmarkt entfernt werden. Infostände hätten stehen bleiben können. Der Grund für das Einschreiten der Staatsmacht war ganz simpel oder besser gesagt, typisch deutsch. Es lag nur eine mündliche und keine schriftliche Genehmigung der Stadt Tübingen vor. Diskussionen mit den Polizisten halfen nichts, die Busse mussten weg und die gesamte Aktion war damit beendet. (Dazu der Mail-Wechsel im Anhang)

Bewertet man das Auftreten und den Erfolg der beiden Gruppen, dann fällt es sehr leicht zu einem Ergebnis zu kommen.

Die Aktion „Buskampagne.de“ hat ihr Ziel, Menschen zu erreichen auf keinen Fall verfehlt. Der Zuspruch und das Diskussionsverhalten der Menschen um deren Stand herum war Beweis genug.

Am Schluss war das Oberdeck des roten Bussen gut gefüllt mit Leuten, die eine kostenlose Stadtrundfahrt mit einem Bus unternahmen, an dessen Vorderseite mit großen Lettern geschrieben stand: „Gottlos Glücklich“.

Thomas Häntsch