"Dissident Club" heißt eine Graphic Novel über das Leben des säkularen pakistanischen Journalisten Taha Siddiqui und seine Flucht nach Frankreich. Die Geschichte soll nun auch in deutscher Sprache in der Reihe "Secular Voices" erscheinen, aber die Finanzierung ist noch nicht gesichert. Der Alibri Verlag und der Verein Projekt 48 haben daher auf der Plattform "Startnext" eine Spendenkampagne ins Leben gerufen, damit das Buch bis zur Leipziger Buchmesse realisiert werden kann.
Es war einer der großen säkularen Erfolge, als in einem von der Giordano-Bruno-Stiftung unterstützten Verfahren erstritten werden konnte, dass in Deutschland die Verfolgung aufgrund von Unglaube als Asylgrund anerkannt wird. Wenn dann Menschen, die vor den religiösen Zuständen in ihrem Geburtsland geflohen sind, erst einmal hier sind, bietet die Säkulare Flüchtlingshilfe Unterstützung im Alltag an, hilft bei Behördengängen oder der Suche nach geeigneten Sprach- und Integrationskursen.
Doch viele gerade der säkularen Flüchtlinge waren vor ihrer Flucht politisch aktiv, haben sich an Debatten über die Gestaltung der Gesellschaft oder wissenschaftlichen Diskursen beteiligt. Für sie ist es nur ein erster Schritt, in halbwegs sicheren Verhältnissen ohne direkte Bedrohung zu leben. Ihr eigentliches Ziel ist es, wieder am politischen Leben teilhaben zu können – trotz Sprachbarriere und oft prekärer Einkommensverhältnisse. Genau dies zu ermöglichen, ist eines der Vereinsziele von Projekt 48.
Ein Instrument dafür ist die Buchreihe "Secular Voices". Sie soll migrantischen Autorinnen und Autoren Gehör verschaffen, soll Stimmen vernehmbar werden lassen, die in vielen Ländern der Welt Diskriminierung und Verfolgung ausgesetzt sind und in Deutschland durch das Vorherrschen identitätspolitischer Diskurse überhört werden. Als erster Band erschien das Buch von Yahya Ekhou "Freie Menschen kann man nicht zähmen", in dem er seine Erfahrungen nach seiner Ankunft in Deutschland und die repressiven Verhältnisse in Mauretanien schildert.
Nun hat Projekt 48 den zweiten Band ausgewählt: Eine Graphic Novel über das Leben des säkularen Journalisten Taha Siddiqui. Auch er emanzipierte sich von seiner religiösen Erziehung, trat für Veränderungen in der pakistanischen Gesellschaft ein und musste schließlich fliehen. Heute lebt er in Paris und betreibt dort den "Dissident Club" – eine Bar, in der sich alle möglichen "Abweichler" treffen. "Einer der Gründe, warum wir uns für Tahas Geschichte entschieden haben, ist schon, dass sie sowas wie ein Happy-End hat. Sie ist halt ein Mut machendes Beispiel dafür, wie jemand hier in Europa ankommt und kurz danach schon wieder mithilft, die herrschenden Verhältnisse zu verändern", meint Martin Bauer aus dem Vorstand von Projekt 48.
Ein anderer Grund war sicherlich, dass Taha Siddiqui einen prominenten Fürsprecher hatte: Der langjährige Präsident der schweizerischen Freidenker Andreas Kyriacou setzte sich nicht nur dafür ein, das Buch in einer deutschen Ausgabe herauszubringen, er übernahm auch die Übersetzung. Um die Geschichte möglichst authentisch ins Deutsche zu übertragen, traf er sich mehrfach mit Siddiqui, um Details zu besprechen.
Im Verlag wird das Buch gerade gesetzt. Erscheinen soll es spätestens zur Leipziger Buchmesse, aber vollständig gesichert ist das noch nicht. Denn die Finanzierung macht Verlagsgründer Gunnar Schedel noch Sorgen. "256 Seiten sind für eine Graphic Novel ziemlich umfangreich, alleine die Druckkosten werden bei über 5.000 Euro liegen. Und ich fürchte, dass wir nicht ganz so viele Exemplare verkaufen werden wie Glénat." Glénat ist der französische Verlag, in dem die Originalausgabe des Buches erschienen ist. In Frankreich hat die Geschichte einiges an öffentlicher Aufmerksamkeit auf sich gezogen und wurde ein kleiner Verkaufserfolg. Für Deutschland sieht Schedel die Möglichkeiten weit weniger optimistisch: "Nach unseren bisherigen Erfahrungen mit diesem Themenbereich wird es nicht für die schwarze Null reichen. Da wird einfach deutlich, dass die Verankerungen des Säkularismus in der deutschen Gesellschaft verglichen mit Frankreich sehr viel geringer ist." Aber das Buch sei wichtig, da stimmt er mit Herausgeber Projekt 48 überein. "Wir wollen nicht darauf verzichten, außergewöhnliche und in ihren Aussagen wertvolle Bücher zu machen, nur weil deren ökonomischer Erfolg unsicher ist", formuliert der Verlag seinen Anspruch.
Um die Finanzierung abzusichern, hat der Verlag bei Startnext eine Spendenkampagne angestoßen. 6.000 Euro sollen zusammenkommen, damit das finanzielle Risiko überschaubar wird. "Da wir im Gegensatz zu vielen anderen Verlagen unserer Größe keine staatlichen Subventionen von Bund oder Land erhalten, müssen wir darauf setzen, dass es genügend Menschen gibt, die die von uns geplanten Buchprojekte für genauso wichtig halten wie wir", steht dazu auf der Startnext-Seite.
Bis zum 16. Dezember muss das Spendenziel erreicht sein – anderenfalls steht der Verlag mit leeren Händen da. Wer sich an der Finanzierung von "Dissident Club" beteiligen möchte, kann sich hier das Konzept, aber auch die "Dankeschöns" ansehen – und natürlich spenden.