Bayerischer Landtag beschloss Gesetz:

Keine telemedizinische Beratung vor medikamentösem Schwangerschaftsabbruch mehr

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Bei einem medikamentösen Schwangerschaftsabbruch werden Präparate eingenommen, die dafür sorgen, dass das Schwangerschaftsgewebe abblutet. Dieser Vorgang kann in einer Praxis geschehen, aber auch zu Hause und telemedizinisch begleitet durchgeführt werden. Die Medikamente werden per Post verschickt, sobald alle Voraussetzungen erfüllt sind. Mit der Mehrheit von CSU und Freien Wählern wurde dies am 10. Dezember in Bayern verboten.

Die SPD und die Grünen im bayerischen Landtag lehnten den Gesetzentwurf ab, die AfD enthielt sich. Evangelikale und sogenannte "Lebensschützer" feiern die Entscheidung.

Laut Ärztezeitung war die neue bayerische Regelung erst im Zuge des parlamentarischen Verfahrens per Änderungsantrag eingebracht worden.

"Dies ist eine Regelung auch im Sinne der Frauen", sagte der CSU-Abgeordnete Stefan Meyer bei der Debatte im Landtag. Das sehen allerdings mehr als 80 Prozent der Frauen anders. Margit Kollmer zum Beispiel. Sie ist Beiratsmitglied von Doctors for Choice Germany e.V. und kommentierte: "Frauen sollten die Möglichkeit haben, die für sie beste Methode zu wählen. Der Zugang zu einem medikamentösen Schwangerschaftsabbruch darf nicht von Wohnort oder politischen Ideologien abhängen. Telemedizin ist keine Ersetzung, sondern nur eine pragmatische Ergänzung – sie kann Frauen dabei helfen, in vertrauter Umgebung sicheren Zugang zu medizinischer Versorgung zu erhalten."

Der rbb beschrieb bereits 2022 in einem Artikel, wie eine solche telemedizinische Beratung ablaufen kann. Sobald alle Voraussetzungen erfüllt sind werden die Medikamente per Post verschickt. Zu den Voraussetzungen gehören "die Vorlage eines Ultraschall-Bildes, der Bescheinigung über die gesetzlich vorgeschriebene Beratung und der eingehaltenen Wartefrist" sowie ein Vorgespräch mit dem Arzt oder der Ärztin. "Während eines zweiten Videogesprächs nimmt die Schwangere dann das Medikament, das die Schwangerschaft beendet. Das zweite Medikament nimmt sie zwei Tage später ein - es löst die Blutung aus. […] Bei der anschließenden Blutungsphase sollten der Partner oder eine andere Begleitperson dabei sein. Denn bei der medikamentösen Methode werde eine Fehlgeburt ausgelöst." Die pro familia-Beraterin und Frauenärztin Jana Maeffert erklärte laut rbb dazu: "Das ist mit deutlich mehr Schmerzen verbunden als bei einem operativen Abbruch. Die Kontraktionen der Gebärmutter werden viel stärker erlebt."

Immer weniger Frauenarztpraxen bieten Schwangerschaftsabbrüche an. Das war auch der Grund, weshalb die Idee einer telemedizinische Beratung vor medikamentösem Schwangerschaftsabbrüchen geboren wurde.

"Das Projekt 'Schwangerschaftsabbruch zu Hause' von Jana Maeffert und ihren Kolleginnen vom Berliner Familienplanungszentrum Balance ging Ende 2020 an den Start. Es entstand in Kooperation mit Doctors for choice, mit Unterstützung von pro familia und sollte während der Corona-Zeit ungewollt Schwangeren helfen, die wegen einer Quarantäne keine Praxis aufsuchen konnten."

Am Tag vor der Entscheidung des Bayerischen Landtags schrieb der Bayerische Rundfunk, dass der CSU-Gesundheitspolitiker Bernhard Seidenath erklärte, "der Staat habe 'ein Wächteramt' für das ungeborene Leben, 'das so keine Lobby hat'. […] Wer einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen wolle, was den 'Tod eines menschlichen Lebens' zur Folge habe – und zwar 'irreversibel' – solle das 'vor Ort, Auge in Auge mit dem behandelnden Arzt' tun." Ich halte diese Aussagen für bedrohlich und menschenverachtend. Denn selbstverständlich ist auch einem Herrn Seidenath bekannt, dass es namentlich in Bayern kaum noch Möglichkeiten für einen Schwangerschaftsabbruch gibt. Denn besonders in ländlichen Regionen in Süddeutschland ist laut der ELSA-Studie vom April 2024 der Versorgungsgrad besonders schlecht.

Darauf weisen auch Doctors for Choice Germany e.V. hin. In einer Pressemitteilung heißt es, "durch Telemedizin können Hürden im Zugang zu einem Schwangerschaftsabbruch überwunden werden, zeitliche Hürden (z.B. lange Fahrtwege), organisatorische Hürden (z.B. Kinderbetreuung) sowie die ggf. damit einhergehenden finanziellen Hürden. Besonders in manchen ländlichen Regionen in Süddeutschland, wo die Versorgungslage für schwangere Personen sehr schlecht ist, kann die Telemedizin eine sinnvolle Ergänzung für ungewollt Schwangere darstellen."

"Bei uns in Bayern müssen Frauen, wenn sie Pech haben, über 200 Kilometer zur nächsten Praxis anreisen, die einen Schwangerschaftsabbruch vornimmt. CSU und Freie Wähler behindern mit ihrem Veto die sichere Ver­sorgung ungewollt Schwangerer. Vor allem im ländlichen Raum. Das macht mich ziemlich fassungslos", sagte Laura Weber von den Grünen. Dem ist nichts hinzuzufügen.

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