Fundis im Aufwind

Linke uneinig

Die Debatte zeigt auch, dass die linken politischen Parteien und Frauenrechtsorganisationen einige Konflikte auszufechten haben. Zwischen den und innerhalb der Organisationen. Dass Grüne und Sozialistische Jugend (entspricht den Jusos in Deutschland) eine Gegendemo organisiert haben und die Frauenorganisation der SPÖ eine zweite liegt zwar an der Kurzfristigkeit, in der das passieren musste. Erst am Dienstag wurde bekannt, dass die Fundis vor dem Rathaus aufmarschieren wollen. Das ließ zu wenig Zeit, um die Veranstaltungen zu koordinieren.

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Foto: Anna Paseka
Dass auf der Gegendemo von Grünen, SJ und KP die SPÖ heftig attackiert wird, sagt aber mehr über die Stimmung aus. Den Wiener Sozialdemokraten wird die Schuld gegeben, dass Abtreibung in Österreich immer noch illegal ist und nur unter bestimmten Bedingungen nicht strafrechtlich verfolgt wird. Ungeachtet der Tatsache, dass das Bundesgesetzgebung ist. Mona Vana, Frauen-Sprecherin der Wiener Grünen, hält der Wiener SPÖ auch vor, dass es nach wie vor keine Schutzzonen um Abtreibungskliniken gibt. Auch das fällt unter Bundesgesetzgebung. Vielleicht wollen sich die Grünen auch ein knappes Jahr vor der Wiener Gemeinderatswahl stärker links positionieren.

Auf der Kundgebung der SPÖ verspricht Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek solche Schutzzonen durchzusetzen. „Ich führe gerade Gespräche mit Justizministerin Claudia Bandion-Ortner. Wir suchen nach Möglichkeiten, wie man solche Schutzzonen oder Bannmeilen errichten kann“. Der tägliche Psychoterror der Fundis vor den Abtreibungskliniken müsse ein Ende haben.

Uneinigkeit herrscht auch in der Frage, ob an allen öffentlichen Spitälern in Wien Abtreibungen möglich sein sollen oder nicht. Die Grünen fordern das etwa. „Wenn man in allen Spitälern Abtreibungen vornehmen lassen kann, tun sich die Abtreibungsgegner wesentlich schwerer, Gewalt gegen Frauen auszuüben“, sagt etwa Grün-Politiker Sigrid Pilz. Unterstützung kommt von Österreichs erster Frauenministerin, der SPÖ-Politikerin Johanna Dohnal. Sie hatte ihre eigene Partei in den vergangenen Tagen dafür kritisiert, dass sie ihrer Meinung nach nicht deutlich genug auf die Fundis reagiert hatte. Auch sie fordert Abtreibungen an allen öffentlichen Spitälern – allerdings nur auf der Demo der SPÖ. Bei der Kundgebung von Grünen und SJ fehlt die legendäre Frauenpolitikerin.
Wiens Sozialstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) äußert sich in dieser Frage nicht. Einig zeigt sie sich mit ihren Kritikerinnen aber in der Ablehnung der Fundis. Das Recht auf Abtreibung sei ein Selbstbestimmungsrecht der Frau. Das lasse man sich nicht wegnehmen. Dafür werde man kämpfen.

Gut 500 Demonstranten gegen Fundamentalisten

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Foto: Karl Linek
Das eint die Demonstranten über die Veranstaltungs- und Organisationsgrenzen hinweg. „Kirche raus aus der Gebärmutter“ steht auf dem Schild einer jungen Demonstrationsteilnehmerin. „Frauenrechte sind Menschenrecht“ auf einem anderen. Egal ob die Schilder in grün oder rot gehalten sind. Die Botschaft ist eindeutig: Ein Recht, das sich Frauen in Österreich vor 35 Jahren gegen harte Widerstände erkämpften, lassen sich diese großteils jungen Menschen nicht nehmen. 250 sind sie bei der Kundgebung von SJ und Grünen um 17:00 Uhr, gut 500 eine Stunde später bei der Demonstration der SPÖ-Frauen. Deutlich mehr als die Fundis.

Die NS-Vergleiche will man auch nicht auf sich sitzen lassen. „Das ist ein Skandal und die Umkehrung historischer Tatsachen", zeigt sich Frauenministerin Heinisch-Hosek "empört über die menschenverachtenden Methoden". Jene, die das Recht der Frauen auf ihren eigenen Körper verteidigten, mit den Schergen des nationalsozialistischen Regimes zu vergleichen, sei ein massiver Angriff auf die Demokratie.

Das weckt auch bei der kämpferisch auftretenden Dohnal Optimismus. Sie erinnert an die harten Kämpfe für die Fristenlösung in Österreich. Es sei ein gutes Zeichen, dass heute nicht nur die Kämpferinnen von damals aufstünden sondern auch junge Menschen. Sie sei überzeugt "dass uns die Fristenlösung niemand mehr wegnehmen kann".

Christoph Baumgarten

 

Weitere Impressionen von der Demonstration sind auch auf Christoph Baumgartens Blog  nachzulesen