Wenn Väter gebären

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Helmut Debelius signiert. Foto: Fiona Lorenz

MASTERSHAUSEN. (hpd) Über gequälte Haie und bizarre Seepferdchen: Zu einem farbenprächtigen und informativen Diavortrag plus Videopräsentation des Meereskundlers Helmut Debelius, lud der GBS-Vorsitzende Herbert Steffen zur 40. Postmatinee im Haus am See ein.

Wie ein Blumenstrauß unter Wasser wirken die zahlreichen Aufnahmen des GBS-Beiratsmitglieds Helmut Debelius. Doch leider ist nicht alles so idyllisch, wie es scheint, speziell, wenn der Mensch eingreift: Aufgrund der angeblich aphrodisisch wirkenden Haifischflossen sowie für die gleichnamige Suppe werden Haie entfinnt und zurück ins Wasser geworfen, wo sie, zäh wie sie sind, elendig in einem zwei bis drei Wochen währenden Todeskampf verrecken. Dagegen kann man etwas unternehmen: Debelius ist Gründungsmitglied der Deutschen Elasmobranchier Gesellschaft, die sich dem Schutz der Haie verpflichtet und gemeinsam mit der European Shark Week eine Petition organisiert hat.

Haie haben keine Lobby

Generell will Debelius nach seinen Jahrzehnten im Meer auf das Missverhältnis der „maßlosen Selbstüberschätzung der Spezies Mensch“, geschürt von monotheistischen Religionen („Krone der Schöpfung“, „Ebenbild Gottes“), sowie auf die daraus resultierende Zerstörung und Ausbeutung der Meere aufmerksam machen. Und die schüchternen Haie – „man muss sich an sie heranschleichen“ – haben, so Debelius, keine Lobby, obgleich sie in der Ökologie der Meere eine wichtige Rolle spielen.

In seinen Büchern bemüht sich der Meereskundler stets um populäre Beschreibungen, um ein breites Publikum zu gewinnen und um den Tieren die Ehre zu erweisen.

Besonders die Seepferdchen und ihre bizarren Verwandten haben es ihm in den vergangenen Jahren angetan. Bei Seepferdchen handelt es sich um Fische, die aufrecht schwimmen. Sie gehören zur Familie der Pfeifenfische, die wegen ihrer pfeifenförmigen Schnauzen so bezeichnet werden. Zu ihnen gehören des weiteren Seenadeln, Trompetenfische und der Geisterpfeifenfisch sowie Fetzenfische.

Eine evolutionäre Erfolgsgeschichte

Einige dieser Fischarten sind weltweit verbreitet, andere findet man nur an bestimmten Stellen. Ihnen allen ist gemein, dass die Väter gebären. Ihre Anpassung ist für diese Tiergruppe ein ganz entscheidender, evolutionärer Vorteil: Sie sind hervorragend getarnt und innerhalb ihrer Lebensräume kaum vom Umfeld zu unterscheiden. Das mache, so Helmut Debelius, auch die Jagd auf diese Tiere spannend: die Entdeckung.

Die Männchen sind meist deutlich kleiner als die Weibchen, von denen sie, je nach Art, im Liebesakt die Eier in Hautfalten, Bauchbeutel oder außen an den Körper platziert bekommen. Der Geburtsvorgang ist für Seepferdmännchen schmerzhaft, was man an seinen „schrecklichen Schmerzgeräuschen“ erkennt. Ihre Nahrung besteht ab der Geburt aus Schwebegarnelen.

Bereits vor 55-35 Millionen Jahren existierten Pfeifenfische, wie man in Fossilien aus dieser Zeit entdeckte.

In Australien findet man den sehr bizarren Drachenfisch sowie den Fetzenfisch, die von Tangalgen kaum zu unterscheiden sind. Viele dieser Namen musste Debelius erst erfinden, da es noch keine Bezeichnungen für sie gab. Die Fetzenfische stehen in Australien unter Naturschutz und werden in Aquarien nachgezüchtet.

Zu guter Letzt lenkt der Referent seine Aufmerksamkeit auf die Zwergseepferdchen, die maximal zwei Zentimeter groß sind und sehr gut getarnt in Paaren leben. 1995 befand sich Debelius im Roten Meer und erblickte beim Aufwärtstauchen das kleine Seepferdchen, was er zunächst irrtümlich als „lichtensteini“ identifizierte. Da sich aber lichtensteini 2005 als eine japanische Art entpuppte, schrieb er per Internet das Seepferdchen zur Fahnung aus. Ein Tauchlehrer entdeckte das Tier, konnte es 2008 auch einfangen und es wurde nach Australien geschickt, um in der Folge nach seinem Entdecker benannt zu werden: Hippocampus debelius.

In den Videos konnte das verzückte Publikum einige der bereits fotografisch präsentierten Pfeifenfische in Aktion erleben, darunter auch Balz- und Kopulationsszenen, die noch nie zuvor gefilmt wurden.

Fiona Lorenz

Literatur

Helmut Debelius: "Atlas der wirbellosen Meerestiere: Weichtiere, Würmer, Stachelhäuter, Krebstiere", sowie "Atlas der Meeresfische: Die Fische an den Küsten der Weltmeere"