Am 10. Dezember, dem UN-Tag der Menschenrechte, veranstaltete der Schweinfurter Bund für Geistesfreiheit im Saal der Disharmonie Schweinfurt einen Abend zum international anerkannten und mit Ehrungen ausgezeichneten fränkischen Kirchenkritiker und Philosophen Karlheinz Deschner aus Haßfurt. Fundierte Referentin war Ricarda Hinz aus dem Vorstand des Düsseldorfer Aufklärungsdienstes, die über Text, Bild und Film anschaulich Leben und Wirken Deschners würdigte.
Sie überraschte mit der Tatsache, dass der am 23. Mai 1924 in Bamberg geborene Karlheinz Deschner sich nach seinem Abitur am Gymnasium in Bamberg 1942 als Schüler mitsamt seiner Klasse als Kriegsfreiwilliger meldete und als Fallschirmjäger verwundet wurde.
Nach dem Krieg studierte Deschner erst an der Hochschule in Bamberg, dann an der Uni Würzburg Literatur, Philosophie, Geschichte und Theologie, promovierte 1951 über eine Arbeit des Schriftstellers Nikolaus Lenau. Im gleichen Jahr heiratete der katholische Deschner seine geschiedene Lebensgefährtin Elfi Tuch, worauf er vom Würzburger Bischof und späteren Kardinal Julius Döpfner exkommuniziert wurde.
Karlheinz Deschner veröffentlichte unzählige kritische Werke, bezog sich vor allem auf die Philosophen Friedrich Nietzsche, Immanuel Kant und Arthur Schopenhauer, nahm auch Stellung zu Werken von Hermann Kesten, Heinrich Böll, Arno Schmidt, Max Brod und Arnold Zweig. Sein wichtigstes Werk war die zehnbändige "Kriminalgeschichte des Christentums", an der er 43 Jahre arbeitete. Die Referentin, die auch einen Dokumentarfilm über Deschner gedreht hat, betonte, dass nicht seine furchtbaren Erlebnisse als Soldat während des Zusammenbruchs des Nazi-Regimes oder seine Exkommunikation durch den Bischof wegen seiner Verbindung mit einer geschiedenen Frau der Grund für sein kirchenkritisches Wirken waren, sondern die Erkenntnisse aus seiner peniblen Recherche des ganzen christlichen Systems. Das führte ihn mit seiner Familie bald in materielle Sorgen und öffentliche Verunglimpfung. Aber vor allem in Herbert Steffen, Möbelfabrikant und Gründer der Giordano-Bruno-Stiftung, fand er einen Förderer, wodurch er sich ohne größere materielle Sorgen der Vollendung seines Hauptwerks widmen konnte.
Seit 1988 wurde Deschner auch zunehmend öffentliche Anerkennung zuteil, die sich in Preisen und Auszeichnungen ausdrückte. So erhielt er in besagtem Jahr den Arno-Schmidt-Preis, im Juni 1993 nach Walter Jens, Dieter Hildebrandt, Gerhard Zwerenz und Robert Jungk den Alternativen Büchnerpreis und im Juli 1993 – nach Andrei Sacharow und Alexander Dubček – den International Humanist Award der Internationalen Humanistischen und Ethischen Union. Weitere hohe nationale und internationale Auszeichnungen schlossen sich an. Er war auch Mitglied von PEN Deutschland und Ehrenmitglied des Humanistischen Verbandes Bayern.
Referentin Ricarda Hinz untermalte die Lebens- und Erfahrungsabschnitte Deschners mit Ihren YouTube-Filmbeiträgen, so auch die Ablehnung Deschners durch bekannte kirchenkritische Personen, unter ihnen der Tübinger Theologe und Kritiker der katholischen Kirche Hans Küng, der emeritierte Professor der Universität Bamberg Georg Denzler und der Kirchenkritiker Hubertus Mynarek. 1994 erschien sogar ein Sammelband mit Stellungnahmen von Kirchenhistorikern und anderen Wissenschaftlern verschiedener Konfession gegen Deschners Werk. Die Referentin zeigte auf, dass er jedoch ebenso namhafte Zustimmung erhielt: Der evangelische Theologe Hans Conzelmann schrieb "Deschner hat sich informiert", der katholische Theologe Richard Völkl lobte seine Seriosität: "Vor allem aber beweist er auch durch eine Quellen- und Literaturverwertung, was er sagt." Sowohl der Philosoph und Literaturwissenschaftler Ludger Lütkehaus als auch der katholische Theologe Adolf Holl oder die katholische Theologin Uta Ranke-Heinemann bestätigten die seriöse wissenschaftliche Vorgehensweise Karlheinz Deschners.
Im Jahr 2004 gab die Giordano-Bruno-Stiftung die Einrichtung eines nach dem Autor benannten Deschner-Preises bekannt, der Personen oder Organisationen verliehen werden soll, "die in besonderem Maße zur Stärkung des säkularen, wissenschaftlichen und humanistischen Denkens und Handelns beitragen". Erster Träger dieses Deschner-Preises war 2007 der britische Evolutionsbiologe Richard Dawkins.
Deschner war Vegetarier und hat mehrmals in Interviews gesagt, wenn er noch einmal leben könnte, würde er seine Kraft einer noch hoffnungsloseren Thematik widmen als der Bekämpfung des Christentums – dem Tier und seinem Schutz. Seine Arbeit stünde im Dienst einer noch notwendigeren Sache, nach seiner Überzeugung der notwendigsten überhaupt. Er sagte: "Wer die Kirche verlässt: ein Lichtblick für mich; wer kein Tier mehr isst: mein Bruder."






