Haltet den Dieb! ruft der Kardinal

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Kölner Dom / Foto: Sascha Bartz (pixelio)

KÖLN. (hpd) Julius Kardinal Meisner hat wieder einmal unmissverständlich bekundet, dass er konsequent undemokratisch ist, jeglichen gesellschaftlichen Pluralismus sowie die Wissenschaft ablehnt und die eigenen historischen Verantwortlichkeiten seiner Kirche weiterhin leugnet. Das sind nicht die Irrungen eines älter gewordenen Mannes, das ist Programm.

Die Gepflogenheiten medialer Öffentlichkeit haben manchmal Elemente einer Zivilgerichtsbarkeit, die erfordert, dass man jeder Falschdarstellung der gegnerischen Seite die Richtigstellung entgegensetzen muss, da sonst die Lügen der Gegenpartei, wenn ihnen nicht widersprochen wird, im Protokoll als zutreffend bewertet werden.

Insofern war es zwingend richtig, dass sich die Giordano Bruno Stiftung vehement gegen die Darstellungen des Kirchenfürsten zur Wehr setzte. Doch Meisners Predigt ist nicht der Ausrutscher eines Konservativen, der bereits über der Zeit auf seinem Bischofstuhl sitzt, sie hat Tradition.

Der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten hat im Januar 2008 – anlässlich des seinerzeitigen Soldatengottesdienstes im Kölner Dom – eine kleine Liste mit Meisners Ansichten zusammengestellt, u. a.: (1989 wurde Meisner Erzbischof von Köln.)

  • 1991 warf er im Soldatengottesdienst (!) allen Nichtchristen „menschenverachtenden Kannibalismus“ vor, nur ein gläubiger Mensch sei „auf Dauer ein friedfertiger Zeitgenosse“.
  • 1992 geht er weiter: „Unter den Nichtgläubigen säßen wirklich die Verantwortlichen für die gegenwärtige Ausländerfeindlichkeit.“
  • 2005 behauptet er, wenn Eltern ihre Kinder nicht religiös erzögen, machten sie diese zu „geistigen Krüppeln“ und
  • 2007 verkommt „Menschlichkeit ohne Gottesglauben [ ... ] in Brutalität“.

In seiner „Allerheiligen-Predigt“ hat Julius Kardinal Meisner u.a. erklärt:

„Über diesem Menschen leuchte nicht mehr der Glanz der Gottesebenbildlichkeit, der ihm seine Würde und Unantastbarkeit gebe, sondern nur noch die Macht menschlichen Könnens. Das System des Nationalsozialismus und des Kommunismus im vergangenen Jahrhundert hat uns gezeigt, wohin das führt: Nicht zu mehr Glück und Freiheit des Menschen, sondern an den Rand des Abgrunds, in letzter Konsequenz zur Abschaffung des Menschen. Dafür stehen die KZ’s und Gulags.“

Darauf braucht es eigentlich nur einen Gegenbeleg zur Nähe der christlichen Religion zum Nationalsozialismus zu geben: Das Koppelschloss der deutschen Wehmacht im Zweiten Weltkrieg

                             

und die Eidesformel der Wehrmacht und (später der Waffen-SS) ab 1935: „Ich schwöre bei Gott diesen heiligen Eid, daß ich dem Führer des Deutschen Reiches und Volkes, Adolf Hitler, dem Oberbefehlshaber der Wehrmacht, unbedingten Gehorsam leisten und als tapferer Soldat bereit sein will, jederzeit für diesen Eid mein Leben einzusetzen.“

In einem Interview mit der Kirchenzeitung für das Erzbistum Köln (Ausgabe vom 6. November) zur Allerheiligen-Predigt hat der Generalvikar des Erzbischofs, Dr. Dominik Schwaderlapp, hervorgehoben, dass diese Predigt grundlegende christliche Wahrheiten über die menschliche Würde in Erinnerung ruft. (Das Interview)

Ein kurzer Blick in die Geschichte belehrt uns jedoch eines Anderen, der Geschichtsklitterung der katholischen Kirche, die nach dem Prinzip des Diebes, der „Haltet den Dieb!“ ruft, um von den eigenen Taten und der Mitverantwortung abzulenken, jegliche Kumpanei mit den Nationalsozialisten leugnet und andere als solche bezichtigt. Aus der Fülle der Literatur nur drei Beispiele und Zusammenstellungen über die Verstrickung der katholischen Kirche mit dem Nationalsozialismus.

Blicke in die Geschichte

1944: „Kardinal Bertram [Vorsitzender der Bischofskonferenz in Fulda] fühlte sich letztverantwortlich für die Verwirklichung seiner Leitvorstellungen in kirchenpolitischer Hinsicht. Selbst unter den Bedingungen eines totalitären Gewaltregimes hielt er an seinen Grundüberzeugungen fest. Es liege ihm „an verständnisvollem Zusammenarbeiten zwischen staatlicher und kirchlicher Autorität“. Das habe er schon 1914 gesagt. Er betonte es auch 1944: „Die Harmonie zwischen Kirche und Staat ist von Gott gewollt“. Die Seelsorge würde dabei „im Herzen des Volkes den Gehorsam gegen die gottgesetzten Obrigkeiten in Staat und Kirche“ nähren. 1940 gab Bertram für eine Besprechung im Reichspropagandaministerium eigens eine Erklärung ab, die überdeutlich zeigt, dass die Regierung Hitler als rechtmäßige Obrigkeit vom Vorsitzenden der Bischofskonferenz anerkannt und den Gläubigen mit allen daraus erwachsenden Pflichten benannt wurde: „Die Kirche gibt der staatlichen Autorität in Gott und Gewissen die nachhaltigste Verankerung, lehrt und pflegt mit innerlichen Beweggründen und übernatürlichen Kraftquellen die bürgerlichen und speziell auch die soldatischen Tugenden, [...]; eifert die Gläubigen zu den vorgenannten Tugenden in Predigt und Christenlehre an. [...] Etwa hier und da vereinzelt vorkommende Ausnahmefälle können die positiv staats- und volkstreue Lehre der Kirche und Haltung und Wirksamkeit der ganz überwiegenden Mehrheit kirchlicher Stellen tatsächlich nicht beeinträchtigen“.

Quelle: Theologie und Vergangenheitsbewältigung und Weiteres.
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Auszug aus dem "Hirtenwort des deutschen Episkopats, 24.12.1936"

"Geliebte Diözesanen!
Der Führer und Reichskanzler Adolf Hitler hat den Anmarsch des Bolschewismus von weitem gesichtet und sein Sinnen und Sorgen darauf gerichtet, diese ungeheure Gefahr von unserm deutschen Volk und dem gesamten Abendland abzuwehren. Die deutschen Bischöfe halten es für ihre Pflicht, das Oberhaupt des Deutschen Reiches in diesem Abwehrkampf mit allen Mitteln zu unterstützen, die ihnen aus dem Heiligtum zur Verfügung stehen."
"Es war ein merkwürdiges Zusammentreffen: Am Vormittag des 14. September ging der Heilige Vater vor spanischen Flüchtlingen mit dem Bolschewismus ins Gericht, und am Abend des gleichen Tages hielt der Führer des Deutschen Reiches auf dem Parteitag in Nürnberg in einer Rede, die durch die Sender in die ganze Welt getragen wurde, ebenfalls Abrechnung mit dem Bolschewismus. Der Heilige Vater ging davon aus, die tiefste Wurzel des Giftbaumes sei die Gottlosigkeit und Gottfeindlichkeit der Bolschewiken, der Führer des Deutschen Reiches entwickelte die verhängnisvollen Auswirkungen des Bolschewismus auf das geistige, politische und volkswirtschaftliche Leben der Völker, im besonderen auf die Lage des Arbeiterstandes. Wie schade, daß die Kundgebung des Heiligen Vaters nicht auch in deutschen Zeitungen und durch deutsche Sender dem Volke zugänglich gemacht werden konnte!" 

Quelle: Ludwig Volk ( Bearb.), Akten Kardinal Michael von Faulhabers 1917-1945, Bd. II, Mainz 1978

Der "Braune Conrad" (Erzbischof Conrad Gröber, Freiburg) hat NS-Gedankengut bis in die Sprachbilder hinein übernommen:

"Zum großen deutschen Volk gehört ihr als seine Wache und seine Wehr. Blut, Sprache, Kultur, naturhafte Liebe und andere Beziehungen tiefsinniger Art verbinden euch mit ihm. So lebt ihr aus dem Volk. Das Volk lebt hinwiederum aus euch. Denn ihr seid der machtvolle Schutzwall, der in schwerster Bedrängnis unser Volk und Vaterland umschirmt. Alle anderen Wälle sind tot. Sie leben und kämpfen, sie donnern und sprühen erst durch euch. (...) Mehr könnt ihr dem Volk und Vaterland kaum geben. Und ihr leistet diesen alles umfassenden Dienst als Pflicht vor Gott, übernommen durch den Eid!
Aus Pflicht, die aber keine leidig erzwungene Haltung sein soll, sondern soldatischer Charakter, d.h. ein überlegtes und mannhaftes: Ich will.
Fällt der eine oder andere von euch, so ist das weit mehr als nur die Entrichtung der menschlichen Schuld an den Allbezwinger Tod. Es ist letzte Hingabe an Vaterland und Volk. Soldatentod ist damit Opfertod.
Opfertod ist Heldentod. Heldentod ist ehrenvoller Tod, ein Ruhmeskranz der auch das Grab des unbekannten Soldaten aus der Dankbarkeit des Volksgenossen schmückt. Damit werdet ihr mit dem deutschen Volk quitt.
Es gab euch sein ruhmreiches Blut, und ihr gebt ihm das kostbare eure.
Ihr lebt aus dem Volk, das Volk aber lebt weiter durch euch. Und ihr selber lebt weiter in ihm."

Quelle: Hirtenwort "Arbeite als ein guter Kriegsmann Christi", September 1939

Aber es ist notwendig, gerecht zu sein, und deshalb kommt nun ein Widerstandskämpfer, Bischof Clemens August von Galen, zu Wort:

"Der Krieg, der 1919 durch einen erzwungenen Gewaltfrieden äußerlich beendet wurde, ist aufs neue ausgebrochen und hat unser Volk und Vaterland in seinen Bann gezogen. Wiederum sind unsere Männer und Jungmänner zum großen Teil zu den Waffen gerufen und stehen im blutigen Kampf oder in ernster Entschlossenheit an den Grenzen auf der Wacht, um das Vaterland zu schirmen und unter Einsatz des Lebens einen Frieden der Freiheit und Gerechtigkeit für unser Volk zu erkämpfen."
Quelle: Gordon C. Zahn: Die deutschen Katholiken und Hitlers Kriege, Köln 1965, S. 134

Der Bischof von Trier läuft ebenfalls zur Hochform auf, kriegt im letzten Satz aber gerade noch so die Kurve, dass er der Nachwelt dann erzählen kann, dass alles ganz anders gemeint gewesen sei...

"Die Liebe und Treue zu Volk und Vaterland ist gewiß keine ausschließlich christliche, sondern eine natürliche Tugend. Auch der Nichtchrist kann sie in heroischem Maße üben. Nirgends aber ist sie in tieferen Fundamenten verankert als im Christentum, nämlich im heiligen Willen Gottes und darum im persönlichen Gewissen eines jeden Christen.
Ebenso wie das Gesetz Christi das natürlich-sittliche, durch Ehrfurcht, Liebe und Gehorsam geformte Verhältnis des Kindes zu den Eltern zu einer übernatürlichen Tugend macht, so verlangt es auch aus übernatürlichen Gründen von uns treue und opferwillige Dienstbereitschaft gegenüber dem Volksganzen, und zwar in um so höherem Maße, je drangvoller die Lage ist, in der ein Volk sich befindet. (...) Wann aber wären die Sorgen eines Volkes schwerer und der Einsatz eines jeden notwendiger als in Kriegszeiten? Daher müssen wir nicht nur als Deutsche sondern auch als Christen aus unserem Glauben heraus jetzt alle unsere äußeren und inneren Kräfte freimachen zum Dienste am Volke, müssen jedes Opfer bringen, das die Zeitlage von uns verlangt, müssen geduldig jedes Kreuz tragen, das uns auferlegt wird. Wir müssen dies tun, indem wir das ewig vorbildliche Gebet des in Todesnot ringenden Erlösers wiederholen: "Vater, nicht mein, sondern dein Wille geschehe!" "

Quelle: "Bewährung in ernster Zeit", November 1939

Der Krieg schreitet fort, die Aussagen bleiben, zum Beispiel in einem Brief des Erzbischofs Bertram (Breslau) an Bischof Wienken (Berlin), 15.9.1940 (Vorbereitung für eine Besprechung im Reichspropagandaministerium):

"Die Kirche gibt der staatlichen Autorität in Gott und Gewissen die nachhaltigste Verankerung, lehrt und pflegt mit innerlichen Beweggründen und übernatürlichen Kraftquellen die bürgerlichen und speziell auch die soldatischen Tugenden, wie Gottvertrauen, Mut, Tapferkeit, Vaterlandsliebe, Opferbereitschaft für den Nächsten, die Volksgemeinschaft, den Staat, Genügsamkeit, Zufriedenheit zum standhaften Durchhalten und Einsatz auch in schwierigster Lage; sie bejaht den gerechten Krieg, insbesondere zur Sicherung von Staat und Volk, betet um einen siegreichen Ausgang dieses jetzt brennenden Krieges in einem für Deutschland und Europa segensreichen Frieden, eifert die Gläubigen zu den vorgenannten Tugenden in Predigt und Christenlehre an.
3. Das tuen alle maßgeblichen kirchlichen Stellen in Deutschland zur Zeit mit größter Bereitwilligkeit, unverdrossen trotz der Herabsetzungen von Christentum und Kirche in der deut-schen Öffentlichkeit vor dem Kriege. Etwa hier und da vereinzelt vorkommende Ausnahmefälle können die positiv Staats- und volkstreue Lehre der Kirche und Haltung und Wirksamkeit der ganz überwiegenden Mehrheit kirchlicher Stellen tatsächlich nicht beeinträchtigen. Allgemeine Klagen und Einzelfälle der in Rede stehenden Art sind hier bis jetzt nicht bekannt geworden. Solche Fälle werden von den maßgebenden kirchlichen Stellen entschieden mißbilligt und tief bedauert. Um dagegen einschreiten zu können und gegen ihre Wiederholung wirksame Maßnahmen ergreifen zu können, müssen aber solche Fälle den zuständigen kirchlichen Stellen mit genügendem Material rechtzeitig zur Kenntnis gebracht werden."

Quelle: Ludwig Volk (Bearb.): Akten deutscher Bischöfe über die Lage der Kirche 1933-1945, Bd. V., Nr. 670, S. 186f.

Ein knappes Jahr später klingt es immer noch so, wenn die Bischöfe einen gemeinsamen Hirtenbrief verfassen (26.6.1941):

"Geliebte Diözesanen! In schwerster Zeit des Vaterlandes, das auf weiten Fronten einen Krieg von nie gekanntem Ausmaße zu führen hat, mahnen wir euch zu treuer Pflichterfüllung, tapferem Ausharren, opferwilligem Arbeiten und Kämpfen im Dienste unseres Volkes. Wir senden einen Gruß dankbarer Liebe und innige Segenswünsche unseren Soldaten, eueren Männern, Söhnen und Brüdern im Felde, die in heldenmütiger Tapferkeit unvergleichliche Leistungen vollführen und schwere Strapazen ertragen.
Von euch allen fordert der Krieg Anstrengungen und Opfer. Bei der Erfüllung der schweren Pflichten dieser Zeit, bei den harten Heimsuchungen, die im Gefolge des Krieges über euch kommen, möge die trostvolle Gewißheit euch stärken, daß ihr damit nicht bloß dem Vaterlande dient, sondern zugleich dem heiligen Willen Gottes folgt, der alles Geschehen, auch das Schicksal der Völker und der einzelnen Menschen in seiner weisen Vorsehung lenkt. Auf ihn, den ewigen allmächtigen Gott, setzen wir unser Vertrauen, von ihm erflehen wir Gottes Schutz und Segen für Volk und Vaterland."

Quelle: Wilhelm Corsten (Hg.): Kölner Aktenstücke zur Lage der Katholischen Kirche in Deutschland 1933-1945, Köln 1949

Der (bevorstehende) Vernichtungskrieg in der Sowjetunion als "heiliger Wille Gottes", da müssen wir zum Ausgleich gleich mal wieder einen Widerstandskämpfer zu Wort kommen lassen, nämlich Kardinal Faulhaber (Kanzelerklärung über die Abnahme der Kirchenglocken, 10.12.1941):

"Euer Erzbischof weiß, daß dem christlichen Volk das Scheiden von seinen geweihten Glocken sehr schwer fällt. (...) Für das teuere Vaterland aber wollen wir auch dieses Opfer bringen, wenn es nun notwendig ge-worden ist zu einem glücklichen Ausgang des Krieges und zur Überwindung des Bolschewismus. Schrecklich ist das Bild des Bolschewismus,wie es unsere Soldaten kennen lernen. Gewaltig und furchtbar ist das Ringen gegen diesen Weltfeind und tiefsten Dank zollen wir unseren todesmutigen Soldaten für alles, was sie in die-sem Kampf Großes leisten und Schweres dulden."
Quelle: Ludwig Volk ( Bearb.), Akten Kardinal Michael von Faulhabers 1917-1945, Bd. II, Mainz 1978

Erst 1943, sprich: nach Stalingrad, als jedem, der 1+1 zusammenzählen konnte, klar war, dass das nix mehr wird mit dem Endsieg, schlagen die Bischöfe andere Töne an und sprechen von den "unmenschlichen Formen, in die der Krieg ausgeartet ist". In den unteren Rängen hingegen wird weiter für Krieg und Obrigkeit getrommelt; so meint etwa der Feldbischof Rarkowski noch in seinem Hirtenschreiben zur Fastenzeit 1944:

"Gibt es für uns Menschen von heute eine bessere Schule für den treuen Dienst Gott gegenüber als die gegenwärtige Kriegszeit? Und nirgendwo sind in dieser Kriegszeit die Tore der Schule Gottes weiter aufgetan als draußen an den Kampffronten dieses gigantischen Ringens, wo täglich der deutsche Soldat kämpft und streitet, blutet und stirbt. Es gibt gewiß für die deutsche Heimat keine Möglichkeit, sich das Ausmaß dieses schweren Opferganges seiner Söhne vorzustellen. Was in diesen Tagen im Osten des Reiches und an allen anderen Fronten, auf dem Meere und in der Luft von euch geleistet wird, läßt sich nicht mit Worten schildern. Aber wer von euch hätte es noch nicht gespürt, daß dort, wo die Feuerzone des Krieges sich ausbreitet, der ewige Gott lauter, deutlicher und eindringlicher redet und zur Treue in seinem Dienste auffordert als anderswo?"
Quelle: Verordnungsblatt des katholischen Feldbischofs der Wehrmacht, 1.4.1944

Zum Abschluss dieser Zusammenstellung, erneut ein Wort des Feldbischofs:

"Wir haben als Deutsche wieder zurückgefunden zu der Erkenntnis der Bedeutung von Blut und Boden und damit zu Grundgegebenheiten des irdischen Daseins, die von dem Schöpfer aller Dinge so und nicht anders gewollt sind. Gott hat uns deutsche Menschen unserer Zeit nicht in einen luftleeren Raum hineingestellt, sondern in diese konkrete völkische und geschichtliche Umgebung. Das ist der Bereich, in dem jeder Einzelne von uns sich mit seinen Begabungen und Aufgaben entfalten muß, das Stadion, wo wir die Laufbahn unserer Lebensaufgabe zu meistern haben. Gottes Schöpferplan muß im Rahmen der Volkszugehörigkeit verwirklicht werden.
Die Soldaten des Krieges haben eine überragende Aufgabe für die Gemeinschaft des Volkes, sie haben dieses höchste irdische Gut zu schützen und zu schirmen, alle Gefahren von ihm abzuwenden, ihm Raum und Möglichkeit zur freien Entfaltung zu sichern. (...) Wenn in der deutschen Soldatenseele Vaterlandsliebe, Soldatentum und Religion zum Dreiklang werden, wenn sich mit der fanatischen Bereitschaft für das eigene Volk die unerbittliche und kraftvolle militärische Schulung sowie das ruhige Vertrauen auf Gott verbinden, dann wird in entscheidenden Stunden Verantwortungsbewußtsein und Ausharren bis zum letzten vorhanden sein; wo aber dieser Dreiklang fehlt, wo dieser Glaube zerstört ist, da ist Entwurzelung, da wird der Mensch, sobald er ganz auf sich gestellt ist, im Schwersten und Bittersten versagen."

Quelle: Glaube und Kampf, Soldaten-Beilage für katholische Deutsche, 3.3.1940

Literaturhinweis: Publik-Forum Materialmappe: Dem Führer gehorsam. Wie die deutschen Katholiken von ihrer Kirche zum Kriegsdienst verpflichtet wurden. Dokumente. Hrsg. von Thomas Breuer (1989)
Derzeit ist sie in überarbeiteter Fassung unter dem Titel: Hans Prolingheuer / Thomas Breuer: Dem Führer gehorsam: Christen an die Front. Die Verstrickung der beiden Kirchen in den NS-Staat und den Zweiten Weltkrieg. Publik-Forum, 2005 als Buch zu erhalten.

Kirche im Krieg

Von Lukas Mihr

„Ohne Gottesglauben können die Menschen nicht sein. Der Soldat, der drei und vier Tage im Trommelfeuer liegt; braucht einen religiösen Halt. Gottlosigkeit ist Leerheit“ [1]

Verfasser dieser Worte war Adolf Hitler, der zugegebenermaßen Experte war. Er richtete diese Worte an Kardinal Faulhaber, der sie 1936 auf dem Obersalzberg zu hören bekam. Dieser war ebenfalls erfahren, denn im Ersten Weltkrieg hatte er unter anderem folgendes verkündet:

„Nach meiner Überzeugung wird dieser Feldzug in der Kriegsthematik für uns das Schulbeispiel eines gerechten Krieges werden. [...] Es geht um eine heilige, gerechte Sache, die diesen furchtbaren Einsatz an Blut und Gut wert ist, und jeder einzelne muß jetzt die Sorge des Vaterlandes zu seiner Hauptsorge machen.“

(...)

Bischof Machens sah den Krieg hauptsächlich als Wiederbelebung des Glaubens:

„Kriegszeiten sollen Zeiten der Einkehr und Selbstheiligung sein. Da sollen alle Gläubigen, voran die Soldaten, die unter die Fahnen einberufen werden, aber auch die daheim gebliebenen, die Beichtstühle geradezu belagern und die Kommunionsbänke im heiligen Eifer besetzt halten. Kriegszeiten müssen Zeiten der seelischen Erneuerung, neuer Gottesliebe, eifrigen Sakramentenempfanges sein.“ [2]

Der Bischof von Würzburg, Ehrenfried äußerte sich wie folgt:

„Da drängt es mich, euch zum Gottvertrauen und zur hingebenden Treue zum Vaterlande aufzurufen. Die Soldaten erfüllen ihre Pflicht gegen Führer und Vaterland opferwilligst mit dem Einsatz ihrer ganzen Persönlichkeit gemäß den Mahnungen der Heiligen Schrift. Mögen sie hinausziehen ins Feld im Vertrauen auf Gott und unserer Erlöser Jesus Christus.“ [3]

Der Bischof des Ermlands, Kaller, verkündete kurz nach Kriegsbeginn:

„Ehe ihr dem Rufe zu den Waffen folgtet, habt ihr die Waffenrüstung Gottes angezogen. Ich weiß, daß die meisten von euch durch die heiligen Sakramente gereinigt und gestärkt sind. Mit der Kraft Gottes werdet ihr euch einsetzen für Führer und Volk, werdet ihr bis zum letzten eure Pflicht tun zur Verteidigung unseres geliebten Vaterlandes. [. . . ] Wir alle müssen Opfer, schwere und schwerste Opfer bringen. Niemand darf sich seiner Pflicht entziehen.“ [4]

Bischof Hilfrich von Limburg verkündete 1940:

„Eine große Zeit fordert und weckt zugleich hochherzige Gesinnung und eifert an zu opfervoller Hingabe. Eine Zeit der Entscheidung über Glück und Existenz unseres Volkes! Eine Zeit weltgeschichtlicher Wende! Da möchte ich euch zum Beginn der heiligen Fastenzeit mahnen, alle Opfer, die die harte Zeit des Krieges mit sich bringt, als euer Fasten zu betrachten. [. . . ] Ich brauche euch, meine lieben Diözesanen, nicht zu ermahnen, daß ihr in der schweren Zeit euch als volksverbunden fühlt und euch als Glieder unseres Volkes draußen im Felde und daheim im Arbeitsdienst voll Hingabe tapfer und treu bewährt.“ [5]

Angesichts des Überfalls auf die Sowjetunion verkündete der katholische Militärbischof Rarkowski:

„So ist es keine Übertreibung, wenn ich sage, daß ihr im Osten gleich den deutschen Ordensrittern einer Zeit, die weit hinter uns liegt, eine Aufgabe zu erfüllen habt, die von einmaliger Bedeutung ist und deren Auswirkung für unser Volk, ja für Europa und die ganze Menschheit, heute noch nicht überblickt werden kann. Der bolschewistische Moloch hat immer wieder versucht, sein Haupt zu erheben, um mit einem Massenaufgebot an Menschen und Maschinen der Kulturwelt zu trotzen. Zwar schwebt über diesen Massen ein Idol, genährt von dem bolschewistischen Weltzerstörungstrieb, aber in ihnen lebt kein Glaube.“ [6]

Wann immer ein Land von deutschen Truppen niedergerungen wurde, läuteten die Kirchenglocken. Für die deutschen Bischöfe galt es den Krieg zu unterstützen, weil Katholiken laut Römerbrief der staatlichen Obrigkeit Gehorsam schuldeten. Doch tauchen in den Hirtenbriefen nicht nur Begriffe wie Pflicht und Vaterland auf, manche der Kirchenfürsten, wie Bischof Jaeger von Paderborn näherten sich in ihren Predigten über die Russen sogar der Terminologie der „Untermenschen“ an:

„Ist jenes arme unglückliche Land nicht der Tummelplatz von Menschen, die durch ihre Gottfeindlichkeit und durch ihren Christushaß fast zu Tieren entartet sind? Erleben unsere Soldaten dort nicht ein Elend und ein Unglück sondergleichen? Und warum? Weil man die Ordnung des menschlichen Lebens dort nicht auf Christus, sondern auf Judas aufgebaut hat.“ [7]

Wieder andere, wie der Augsburger Bischof Kumpfmüller, zogen Parallelen zu längst vergangenen Zeiten:

„Heute bedroht eine andere, nicht minder schreckliche Gefahr die ganze menschliche Gesellschaft, der sogenannte Bolschewismus. Dagegen kämpfen unserer tapferen Soldaten im Osten unter unsäglichen Strapazen und Opfern, wofür wir ihnen nicht dankbar genug sein können. Wir alle wünschen nichts sehnlicher, als ihren baldigen, endgültigen Sieg über die Feinde unseres Glaubens. Ahmt daher das Beispiel unserer christlichen Vorfahren nach, die mit dem Rosenkranz in der Hand die Türkengefahr siegreich abwehrten! Unterstützt die Waffen unserer Soldaten mit Euren gemeinsamen Gebeten!“ [8]

(...)

Konsequenzen hatten die Bejubelungen der Angriffskriege für den deutschen Militärbischof und seinen Stellvertreter nicht. Weder während des Krieges noch danach wurden die beiden Oberhirten ihrer Diözese enthoben. Ihre spezielle Stellung unter Hitler war auch im Nachkriegsdeutschland nichts anstößiges. Wäre Rarkowski nicht im Jahre 1950 gestorben, hätte er vermutlich auch in der Bundeswehr als Militärbischof dienen können. Sein Stellvertreter Werthmann zumindest übte in der BRD die gleiche Position aus, die er auch in der Wehrmacht innehatte.

Kurz nach Kriegsende machte Bischof von Galen den Weg für die Legende der „sauberen Wehrmacht“ frei, indem er den deutschen Soldaten einen Persilschein ausstellte, der sie von der Verantwortung an Kriegsverbrechen freisprach. Am 5. Juni 1945 verkündete er:

„Wir wollen auch innig danken unseren christlichen Soldaten, jenen, die in gutem Glauben, das Rechte zu tun, ihr Leben eingesetzt haben für Volk und Vaterland und auch im Kriegsgetümmel Herz und Hand rein bewahrt haben von Hass, Plünderungen und ungerechter Gewalttat.“ [9]

Quellen / Literatur:
[1] PETER PFISTER, SUSANNE KORNACKER, VOLKER LAUBE: Kardinal Michael von Faulhaber 1869-1952. Obersalzberg-Protokoll 1936 S. 541-547
[2] HUBERT GRUBER, Katholische Kirche und Nationalsozialismus 1930-1945 Ein Bericht in Quellen, Schönigh-Verlag 2006, S. 404
[3] Schönere Zukunft Wien, Nr. 1, 1. Oktober 1939
[4] Schönere Zukunft Wien, Nr. 3, 15. Oktober 1939
[5] Schönere Zukunft Wien, Nr. 21, 18. Februar 1940
[6] MANFRED MESSERSCHMIDT: Die Wehrmacht im NS-Staat. Zeit der Indoktrination, Hamburg 1969, S. 293
[7] WOLFGANG STÜKEN: Hirten unter Hitler, Essen, Klartextverlag 1999
[8] Amtsblatt Augsburg, Nr. 22 , 22. September 1941
[9] PETER LÖFFLER: Bischof Clemens August Graf von Galen - Akten, Briefe und Predigten 1933 - 1946. S. 1156