DARMSTADT. (hpd) Die Bibliothek der Technischen Universität Darmstadt bietet mormonischer Apologetik eine Plattform. Dies widerspricht nicht nur säkularen Prinzipien, sondern auch den eigenen Ausstellungsrichtlinien.
"Das Buch Mormon - Eine Quelle zur Erforschung prä-kolumbianischer Kulturen in Meso-Amerika", so der Titel der aktuellen Ausstellung in der Universitäts- und Landesbibliothek (ULB) in Darmstadt. Die Tafel am Eingang erklärt:
"Das Buch Mormon soll ein Bericht sein, der in der westlichen Hemisphäre (Mittelamerika) von 600 v. Chr. bis 421. n. Chr. geschrieben worden ist."
Die Ausstellung besteht aus mehreren Tafeln und Schaubildern, sowie Vitrinen mit Exponaten. Neben archäologischen Funden (meist als Abbildung in Büchern) der Mayazeit wird auch eine Nachbildung einer der Platten gezeigt, die die Quelle des Buches Mormon darstellen sollen.
Der Aufbau der Ausstellung versucht die Aussage der Eingangstafel zu stützen: Die Mehrzahl der archäologischen Quellen sind zusammen mit Zitaten aus dem Buch Mormon dargestellt, deren Aussagen sich scheinbar mit den Funden decken. Der unvoreingenommene Besucher erkennt die historischen Fakten an und soll so auf die Richtigkeit der Entstehungsgeschichte des Buchs Mormon schließen. Das wäre ungefährlicher, wenn es sich beim Buch Mormon zumindest im Ansatz um ein historisches Dokument über präkolumbische Kulturen handelte. Leider ist das Gegenteil der Fall.
Die angebliche Entstehungsgeschichte des Buches enthüllt, dass es als historische Quelle mehr als ungeeignet ist: Der Autor und Prophet Joseph Smith sei 1827 vom Engel Moroni zu einem Berg geführt worden, in dem sich Metallplatten mit Schriftzeichen sowie zwei Zaubersteine befunden hätten. Die Platten seien ca. 1600 Jahre zuvor durch Nachkommen 600 v. Chr. nach Amerika ausgewanderter Israeliten in diesem Berg versteckt worden. Die Steine sollen Smith befähigt haben, die Schriftzeichen auf magische Weise ins Englische zu übersetzen. Die Tafeln sollen danach an den Engel zurückgegeben worden sein.
Selbst wenn die Platten existiert haben sollten, kann man angesichts der Übersetzungsmethode sagen, dass der Sinngehalt des Originaldokumentes verloren gegangen sein muss. Die Bezeichnung des Buches Mormon als Quelle für präkolumbische Kulturen verbietet sich.
Kritische Aussagen zum Inhalt oder zur Entstehungsgeschichte des Buches sucht man in der Ausstellung vergeblich. Das einzige Zugeständnis an die Natur des Textes als religiöse Schrift sind hier und da ein "soll... sein", und der Satz "Die Entstehungsgeschichte des Buches Mormon ist umstritten." Auf den Prozess der "Übersetzung" wird nicht eingegangen, ebensowenig auf zahlreiche Diskrepanzen zwischen archäologischen Funden und dem Text des Buches.