Eine solche Vorgehensweise ist im höchsten Grade unwissenschaftlich. Mit religiösen Scheuklappen wird auf alle Fakten verzichtet, die beim Betrachter Zweifel an der Authentizität des Buches Mormon als historischem Text aufkommen lassen könnten. Für solche Ausstellungen ist jedoch kein Platz in der ULB, sie widersprechen den eigenen Richtlinien:
"Als nicht geeignet für die Präsentation in den Benutzerräumen einer wissenschaftlichen Bibliothek werden Inhalte aus den folgenden Bereichen angesehen:
* Selbstdarstellung von Parteien, Verbänden oder Religionsgemeinschaften
* Vermittlung ideologischer, politischer oder religiöser Botschaften" [Hervorhebungen aus dem Originaltext]
Es kann nicht sicher davon ausgegangen werden, dass die Ausstellung eine Selbstdarstellung der mormonischen Gemeinschaft ist, die Tatsache, dass die "Kirche Jesu Christi" auf ihrer Webseite einen Pressekontakt zur Ausstellung nennt, spricht jedoch Bände.
Sicher ist, dass die Ausstellung durch die Vermittlung der religiösen Lehrmeinung, das Buch Mormon sei als historische Quelle zu betrachten, das zweite Ausschlusskriterium erfüllt.
Gerade an einer Universität wäre zu erwarten, dass Ausstellungen vor ihrer Zulassung kritisch betrachtet werden. Dass die ULB eine solche Ausstellung entgegen den eigenen Richtlinien in ihren Räumen zulässt, ist ein Skandal, aber die Verantwortlichen scheinen sich keiner Schuld bewusst und verweisen an den Veranstalter. Dieser weist jegliche Kritik von sich:
"Die Intention dieser Ausstellung geht in keiner Weise dahin, Glaubensinhalte einer Religionsgemeinschaft zu beweisen. Niemand wird an irgendeiner Stelle der Ausstellung aufgefordert, eine bestimmte Anschauung zu uebernehmen. Vielmehr wird in den Texten darauf hingewiesen, dass das Buch Mormon durchaus kritisch und kontrovers gesehen wird."
Das "T" in TU Darmstadt steht für technisch und nicht für theologisch. Allein der Titel der Ausstellung erscheint nach Kenntnis der Entstehungsgeschichte dieser "Quelle" als schlechter Witz. Es bleibt zu hoffen, dass in Zukunft solche Fehlgriffe bei den Ausstellungen der ULB vermieden werden.
Nico Formanek, Paul Görgen
Fotos: Jan-Martin Steitz