USA. (hpd) 2003 war die Welt noch einfach. Ein evangelikaler Präsident im Weißen Haus griff den islamischen Irak an. Kein Wunder, dass die Christliche Rechte George Bushs Feldzug enthusiastisch begrüßte. Vor allem die Baptisten in den Südstaaten der USA sahen den Irakkrieg als gottgewollt an.
Ganz so einfach war die Welt 2003 aber dann doch nicht. Die Massenvernichtungswaffen, mit denen der Krieg begründet wurde, konnten nie gefunden werden. Saddam Hussein war ein blutiger Diktator, ja. Aber eben auch ein säkularer. Nach seinem Sturz überzogen Islamisten das gesamte Land mit Terror. Das Ziel eine Demokratie zu errichten, konnte nie verwirklicht werden. In letzter Konsequenz stärkte der Irakkrieg auch den amerikanischen Erzfeind, den Iran, der seinen Einfluss auf die schiitischen Glaubensbrüder im Nachbarland ausweiten konnte.
Und erst recht ist die Welt 2014 nicht einfach. Der Versuch, die jetzige Bündniskonstellation zu beschreiben, kann nur scheitern. Zwar ist noch einfach zu verstehen, dass auch Frankreich und Deutschland, die 2003 noch zu den Mahnern gehörten, sich nun dem Kampf der USA gegen die Terrorgruppe Islamischer Staat angeschlossen haben. Die Situation im Nahen Osten selbst ist jedoch kompliziert. Mittlerweile sind die beiden Bürgerkriege im Irak und Syrien miteinander verschmolzen. Dort bekämpfen sich Säkulare und Islamisten, Sunniten und Schiiten, Araber und Kurden, Staaten und Milizen. Die Kurden unterschiedlicher Ausrichtung misstrauen einander. Und während sich die sunnitischen Gruppierungen einig sind, dass die Schiiten definitiv nicht die wahren Muslime sind, streiten sie untereinander, wer denn nun die wahreren wahren Muslime sind.
Mittlerweile muss Barack Obama den Iran für eine Zusammenarbeit gegen den “Islamischen Staat” gewinnen, der gegen den syrischen Präsidenten Assad kämpft, der aber seinerseits immer noch mit dem Iran verbündet ist.
Alle Unklarheiten beseitigt?
Für die Christliche Rechte ist der Islam nach wie vor der Feind. Aber wie soll sie sie sich in einem Konflikt positionieren, in dem die US-Regierung mit islamistischen Bündnispartnern gegen islamistische Feinde kämpft? Und ist Obama nicht ohnehin insgeheim muslimisch? Zwar sind die Evangelikalen sich schnell einig, wenn es gegen Homosexualität, Abtreibung und Evolutionslehre geht. Diesmal aber finden sie zu keiner gemeinsamen Position. Im Bible Belt regiert das Chaos.
Die Abgeordnete Michele Bachman kritisierte Obama dafür, dass er nicht begreife, dass die USA sich in einem spirituellen Krieg befänden. Die Militärschläge gegen IS begrüßte sie, man solle den selbsternannten Kalifen al-Bagdadi gezielt töten. Gary Cass forderte einen “Heiligen Krieg” gegen den Islam. Zwar sei wünschenswert, alle Muslime zum Christentum zu bekehren, da sie aber vom biblischen Ismael abstammten, der laut Gott Böses vollbringen werde, sei eine solche Konversion unwahrscheinlich. Man sollte die Muslime aus den USA abschieben, oder zumindest sterilisieren, damit keine Gefahr mehr von ihnen ausgehe. Mike Huckabee berichtete seinen Zuhörern, dass er gern die Wiederholungen von Spielen seiner Lieblingsbasketballmannschaft geschaut hätte, auch wenn er bereits vorher das Ergebnis wusste. Genau so sei es im Nahen Osten. Die Bibel prophezeie den Sieg der Söhne Isaaks über die Söhne Ismaels. Christen und Juden würden gegen den Islam gewinnen. (Quelle 1), (Quelle 2), (Quelle 3)
Larry Klayman forderte ebenfalls einen Heiligen Krieg gegen den Islam. Wenn Obama wirklich den Willen Gottes erfüllen wolle, müsse er Nuklearwaffen einsetzen. Glenn Beck forderte den Einsatz von Vakuumbomben, die durch Druckabfall in der Luft die Lungen von Menschen zerfetzen, gegen den IS. (Quelle 1), (Quelle 2), (Quelle 3), (Quelle 4)
Rick Wiles spekulierte darüber, ob Obama der Mahdi (also der Messias des Islam) sei. Er habe zwar IS-Stellungen bombardiert, die Terroristen jedoch rechtzeitig informiert, damit sie fliehen könnten. Außerdem habe Obama insgeheim angeordnet, dass Models auf Werbeplakaten für Bekleidung immer häufiger einen “flohverseuchten, islamischen Bart” tragen. (Quelle 1), (Quelle 2)
Joe Farah warf Obama vor, den Krieg gegen IS nur vorzutäuschen. Er habe die Terrorgruppe jahrelang unterstützt, um einen Vorwand für Militäraktionen in Syrien zu haben. In Wirklichkeit richteten sich die Militärschläge gegen das Regime von Hafez al-Assad. Dieser ist allerdings bereits seit 2000 tot, seitdem regiert sein Sohn Baschar al-Assad Syrien. Bryan Fischer vertrat die These, dass Obama nur leere Gebäude bombardiere, um IS nicht zu schwächen. (Quelle 1), (Quelle 2)
Eine Äußerung Obamas in der er von ISIL (Islamischer Staat im Irak und der Levante) sprach, wurde kritisch analysiert. Syrien sei klar abgegrenzt, der Begriff Levante umfasse jedoch auch den Libanon, Israel und weitere Gebiete. “Imam Hussein Obama” nutze den Begriff, um den IS-Terroristen zu signalisieren, dass er deren Ziel der Zerstörung Israels billige, so Molotov Mitchell und Glenn Beck. (Quelle 1), (Quelle 2)
Der Abgeordnete John Fleming und Pat Robertson behaupteten, Obama würde IS nur bombardieren, um bei den anstehenden Wahlen im November besser abzuschneiden. Senator David Vitter warf Obama vor, er habe bewusst über die Gefährlichkeit der bis dahin unbekannten Khorasan-Terrorgruppe gelogen, die ebenfalls bombardiert wurde. (Quelle 1), (Quelle 2), (Quelle 3)
Jerry Boykin, mehrere Jahre lang ranghoher General im Pentagon, jetzt Rentner, meldete sich ebenfalls zu Wort. Obama reagiere in der Krise hilflos, da er sich jahrelang nur mit Beratern für Marxismus, Homosexuellenrechte und Klimawandel umgeben habe. Militärs misstraue er hingegen, weil er deren Liebe für Amerika nie verstehen werde. Außerdem beklagte Boykin, dass die heutigen Christen feige seien und nicht mehr für ihre Ideale sterben würden. Sie sollten sich ein Beispiel an den IS-Terroristen nehmen. (Quelle 1), (Quelle 2), (Quelle 3)
Der Republikaner Steve Scalise warf Obama vor, dass er zu sehr damit beschäftigt sei, den Namen der bekannten Sportmannschaft “Washington Redskins” (Rothäute) zu ändern und daher dem Kampf gegen IS nicht genügend Aufmerksamkeit widme. Dessen Parteikollege Trent Franks behauptete, der US-Präsident gehe lieber auf den Golfplatz, statt zu verhindern, dass der IS eine Atombombe in die USA schmuggele. (Quelle 1), (Quelle 2)
William Gheen erklärte, warum sich seit 2001 kein großer Terroranschlag in den USA wiederholt hätte. Die Muslime seien einfach zu zufrieden mit Obamas Politik. Er habe die Grenzen zu Südamerika geöffnet, wodurch viele Terroristen ins Land geströmt seien. Diese würden keine Anschläge planen, da Obama dann durch öffentlichen Druck dazu gezwungen sei, die Grenzen wieder zu schließen. (Quelle)
Der angebliche Ex-Terrorist Kamal Saleem behauptete, dass Obama Weihnachten immer in einer Moschee in Washington feiere. Der US-Präsident hat die Feiertage jedoch immer in seiner Heimat Hawaii verbracht. (Quelle)
Laut Sher Zieve ist Obama ein Satansanbeter. Er wolle in den USA ein marxistisches Kalifat errichten. Der Beweis: Obama habe bei einem Staatsbesuch die Hand des saudischen Königs geküsst. (Quelle)
Kamal Saleem warf Obama vor, IS zu unterstützen. Wenn die Organisation einen Anschlag in den USA verübe, könne der US-Präsident den Ausnahmezustand verhängen und unbegrenzt im Amt bleiben. Alay Keyes warnte, dass Obama wie im Roman “1984” einen dauerhaften Kriegszustand herbeiführe, um als Diktator zu regieren. (Quelle 1), (Quelle 2)
Erik Rush vermutete eine finstere Absicht hinter der jüngsten Errichtung eines Naturschutzgebietes an der mexikanischen Grenze. Obama plane dort unbemerkt eine IS-Basis errichten zu können, von der aus Nuklearschläge gestartet werden können. Pastor Austin Miles äußerte sich ähnlich. (Quelle 1), (Quelle 2)
Ein offenkundig geistig verwirrter Mann verschaffte sich Zutritt zum Weißen Haus. Er war bewaffnet. Joe Farah nutze dies für einen Seitenhieb auf den Präsidenten. Wenn Obama nicht einmal für seine eigene Sicherheit sorgen könne, wie solle er dann die USA vor IS beschützen? (Quelle)
Die Krise im Nahen Osten wurde auch in der Debatte um Einwanderung instrumentalisiert. Der konfessionell und ethnisch gespaltene Irak drohe zu zerfallen. Das gleiche Schicksal blühe den USA aufgrund der eingewanderten Mexikaner, so Dan Stein. Pat Buchanan warnte ebenso vor einem Zerfall des Landes, da die Immigranten zumeist die demokratische Partei wählten. Auf lange Sicht sei dies gefährlicher als die Enthauptungen von Christen. (Quelle 1), (Quelle 2)
Mittlerweile nimmt die Xenophobie in den USA zu. John Bennett, Republikaner aus aus Oklahoma bezeichnete Muslime als “Krebsgeschwür, das man herausschneiden muss”. Brigitte Gabriel warnte vor bis zu 300 Millionen Muslimen weltweit, die zu Selbstmordanschlägen bereit seien. Tony Perkins meinte, dass der Islam nicht durch die US-Verfassung geschützt sei und man ihm deshalb entschieden entgegentreten müsse. Burt Prelutsky schrieb für World Net Daily, dass man nicht eingreifen sollen, wenn Muslime sich gegenseitig töten, sie seien nur “Sumpftiere”. Der Abgeordnete Steve King forderte, Moscheen in den USA stärker zu überwachen, um Rekrutierungen für IS zu unterbinden. World Net Daily forderte außerdem, den Koran zu verbieten. David Dewhurst, Vize-Gouverneur von Texas berichtete, man habe an der amerikanisch-mexikanischen Grenze Gebetsteppiche gefunden, der Beweis dafür, dass IS-Kämpfer ins Land eindringen würde. (Quelle 1), (Quelle 2), (Quelle 3), (Quelle 4), (Quelle 5), (Quelle 6), (Quelle 7)
Tony Perkins erklärte, dass Säkularismus die USA geschwächt habe und sich daher IS nicht mehr fürchte. Ähnlich Argumentierte auch World Net Daily. Amerika habe sich durch Homoehe und Abtreibung selbst geschwächt. Walid Shoebat bezeichnete IS als Teil der “Homo-Agenda”, da die Islamisten ihre männlichen Opfer vor deren Ermordung vergewaltigen würden. Der Republikaner Matt Lynch erklärte, man müsse den IS-Terror ebenso bekämpfen wie den Mord am ungeborenen Leben. (Quelle 1), (Quelle 2), (Quelle 3), (Quelle 4)
Die Benham-Brüder, die sich gegen Homosexualität einsetzen, erklärten, dass sie für ihren christlichen Glauben genauso verfolgt würden, wie die irakischen Christen, die in den vergangenen Monaten durch IS ermordet wurden. (Quelle)
Eine Zuschauerin wollte von Pat Robertson wissen, wie sie argumentieren solle, wenn ihr Verweis auf Mordbefehle im Koran durch den Verweis auf Mordbefehle in der Bibel gekontert werde. Der Unterschied sei folgender: Die Mordbefehle im Koran wurden von Allah, nicht von Gott angeordnet. (Quelle)
Präsident Obama hatte in einer Rede betont, dass der “Islamische Staat” nicht islamisch sei. Vermutlich musste er dies mit Rücksicht auf seine Verbündeten Bahrain, Jordanien, Katar und Saudi-Arabien verkünden. John Guandolo warf Obama vor, mit dieser Äußerung Hochverrat begangen zu haben. Er müsse seines Amtes enthoben werden. Gary Bauer behauptete, Obama sei wichtiger den Ruf des Islam zu schützen, statt Christen das Leben zu retten. (Quelle 1), (Quelle 2)
George Bush hatte nach dem 11. September 2001 und dem Militäreinsatz in Afghanistan immer wieder klargestellt, nur Terroristen, bzw. Diktatoren zu bekämpfen. Die USA befänden sich jedoch nicht im Krieg mit dem Islam. Um seine Position zu unterstreichen, besuchte Bush eine Moschee und verurteilte pauschale Verdächtigungen gegen Muslime. Er wurde von der Christlichen Rechten allerdings nicht als “islamischer Agent” beschimpft. (Quelle)