Die Zehn Gebote
Jahwe ging einen Bund mit dem Volk Israel ein, und erwählte es dadurch zu seinem Volk. Als Zeichen dieses Bundes teilte er ihm auf dem Berg Sinai seine Zehn Gebote mit. Die Zehn Gebote stehen im Alten Testament bei 2 Mo 20,2 – 17 oder 5 Mo 5, 6 – 21, wobei es sich um zwei fast identische Textfassungen handelt.
Da Jahwe stets oben auf dem Berg wartete, musste Mose so einige Male hinauf und wieder hinunter steigen, bevor er die Gebote empfangen konnte. Und man darf dabei nicht vergessen, dass der Berg 2286 m hoch ist.
Nach dem Bundesschluss stiegen er und einige andere sogar zusammen mit 70 von den Ältesten des Volkes auf den Berg, den alten Männern – alte Frauen zählten nicht – muss das nicht leichtgefallen sein, die meisten alten Menschen können so etwas gar nicht leisten. Als sie da oben waren, sahen sie tatsächlich ihren Gott, nur sind die Berichte an dieser eigentlich eminent wichtigen Stelle nicht sehr ergiebig. Leider erfährt der Leser nur, dass Jahwe, also Gott, Füße hatte (2 Mo 24,10). Aber das ist schon ein Hinweis darauf, dass mit Gottes Ebenbild, nach dem der Mensch erschaffen worden sein soll, schon das Körperliche gemeint war. Nur stellt sich die Frage, warum ein höheres geistiges Wesen Füße haben sollte. Denn Jahwe verhüllte sich bis auf dieses eine Mal mit einer dichten Wolke, um seinem Volk zu zeigen, wo er war, da er normalerweise unsichtbar war. Auch die Kirche wird bestreiten, dass er Füße hat, sie wird vielmehr die Füße interpretieren.
Zum einen teilte Jahwe dem Volk Israel seine Zehn Gebote persönlich mit, zum anderen übergab er Mose später zwei Steintafeln, in die er noch einmal seine Zehn Gebote eingemeißelt hatte. Diese Steintafeln musste Mose also bei seinem Abstieg von dem Berg tragen. Zwar sind die Abmessungen der Steintafeln nicht bekannt, aber wir kennen die Größe der Bundeslade, die nach Jahwes Angaben – er hatte da genaueste Vorstellungen – zur Aufbewahrung der Tafeln angefertigt wurde. Sie war zweieinhalb Ellen lang, anderthalb Ellen breit und anderthalb Ellen hoch. Da mit der Einheit Elle wahrscheinlich die ägyptische Elle gemeint war, die 53,4 cm lang war, hatte die Bundeslade die Maße 134 cm x 80 cm x 80 cm. Damit maß eine Steintafel in etwa 130 cm x 75 cm, über die Stärke der Tafeln ist nichts bekannt, man kann aber dabei zumindest von wenigen Zentimetern ausgehen. Bedenkt man daher das Gewicht und die Handlichkeit von zwei Steintafeln dieser Größe, so lässt sich leicht feststellen, dass es Mose unmöglich war, bei seinem Abstieg diese Tafeln zu schleppen.
Das 1. Gebot besteht aus insgesamt sechs Sätzen, wobei es aber allgemein nur in der Form des zweiten Satzes bekannt ist, er lautet:“Du sollst keine anderen Götter neben mir haben”
So steht es auch im Kurz-Katechismus. Das 1. Gebot ist durchaus sinnvoll, denn Jahwe hatte ja genügend Konkurrenz, damals wie heute. Es gab und gibt nun mal viele Götter, da sollte Jahwe schon darauf hinweisen, dass er unter all denen der richtige ist. Im sechsten Satz heißt es dann: “Bei denen, die mir Feind sind, verfolge ich die Schuld der Väter an den Söhnen, an der dritten und vierten Generation.”
Da sicherlich keine Generation ausgelassen worden ist, müsste es eigentlich bis zur dritten und vierten Generation heißen. Als Feinde bezeichnete Jahwe all diejenigen, die nicht an ihn glaubten, denn das ergab dann eine unverzeihliche Schuld. Sollte also ein Eskimo im fernen Grönland nicht an ihn geglaubt haben, da er nichts von ihm wusste, dann wurde er bzw. wurden seine Nachkommen eben bestraft, so wollte es der liebe Gott. Unwissenheit schützte nicht vor Strafe.
Der weitere Wortlaut dieses Satzes zeigt also eindeutig, dass die Sippenhaft ein wichtiger moralischer Standard des so beschriebenen Gottes ist. Das 1. Gebot kann somit nicht die Basis unserer heutigen Gesetzgebung sein. Die übrigen Gebote wie Du sollst nicht töten, Du sollst nicht ehebrechen oder Du sollst nicht stehlen bilden in vielen Gemeinschaften die Grundlage für das Zusammenleben der Menschen, auch andere Götter kamen also auf solche Ratschläge.
In 2 Mo 32,19 zerbrach Mose in seinem Zorn über sein Volk die Erstausgabe der Zehn Gebote, die ja in Stein gemeißelt war, bevor er sie seinem Volk mitteilen konnte, und Jahwe gab ihm ein wenig später 10 Ersatzgebote (2 Mo 34). Nur waren diese bis auf eines, das mit der Sippenhaft, völlig anders als diejenigen der Erstausgabe. So lautete z.B. ein Gebot (2 Mo 34,19): “Jeder erstgeborene Junge und jedes erstgeborene männliche Tier – ob Rind, Schaf oder Ziege – gehört mir”.
Während aber ein erstgeborener Junge nach dem Willen Jahwes ausgelöst werden musste, sodass er entgegen dem Gebot nicht mehr sein Eigentum war, wird es also andererseits irgendwo eine himmlische Wiese geben, auf der die Nutztiere des lieben Gottes grasen, natürlich nur die männlichen.
Sollten sie eine normale Lebenserwartung haben, grasen sie allerdings heute nicht mehr. Eine Erklärung für die 10 Ersatzgebote wäre, dass neben Mose noch ein weiterer Autor mit dieser Geschichte beschäftigt war, der aber vergessen hatte, vorher nachzulesen, was bereits zum Thema geschrieben worden war. Jedenfalls gibt es nicht 10, sondern 19 Gebote.
Neben den Geboten teilte Jahwe Mose noch 26 Rechtsvorschriften für das Leben im Bund (2 Mo 21,2 – 23,33) mit, sie wurden in der Gesamtheit als Bundesbuch bezeichnet. Dabei handelte es sich zum Teil um äußerst ausführliche Texte, die Mose dann dem Volk Israel übermittelte. Dazu ist zu sagen, dass keiner in der Lage ist, diese Fülle von Vorschriften in allen Einzelheiten zu behalten und dann noch anderen wortgetreu und fehlerfrei weiterzugeben. Auch hieran sieht man zum wiederholten Male, dass Vorgehensweisen beschrieben wurden, die praktisch gar nicht durchführbar waren.
Fazit
Für gläubige Christen enthält die Bibel, hier speziell das Alte Testament, Gottes Wort, das hörbar und damit erfahrbar in den Worten der Menschen ihrer Zeit sei, sagt die Kirche. Das bedeutet aber umgekehrt, dass das Wort der Menschen identisch mit dem Wort Gottes sein muss, das demnach wie gezeigt voller Widersprüche ist.
Denn er hat dabei nicht an die praktische Durchführbarkeit gedacht, die so wie beschrieben nicht möglich war. Aus dem hier Gesagten lässt sich deshalb nur der Schluss ziehen, dass der Auszug des Volkes Israel aus Ägypten in der Realität so nicht abgelaufen sein kann. Die Autoren hatten sich die Handlungen nur ausgedacht, um ihren zugegebenermaßen starken Glauben – ein starker Glaube hat aber noch nichts mit der Wahrheit zu tun – zu verbreiten. Sie haben auch nicht daran gedacht, dass wir in einer realen Welt leben, in der z.B. aus Stäben keine Schlangen werden können. Bei einem “Gott” darf das zwar passieren, aber nicht bei einem menschlichen Zauberer, denn Zauberei – außerhalb der Kirche – gibt es nicht. Jeder Theologe wird das bestätigen.
Bei einer Plage verwandelte Jahwe das Wasser des Nils in Blut, aber die Wahrsager des Pharaos konnten, nachdem – das gilt als Voraussetzung – der göttliche Zauber vorbei war, ebenfalls dafür sorgen, dass das Nilwasser zu Blut wurde. Eine Interpretation geht heute davon aus, dass die Rotfärbung des Nils wahrscheinlich auf eine rote Algenart zurückzuführen war. Dies war zwar eine Plage für die Ägypter, aber keine, die Jahwe geschickt hatte. Entweder sorgte göttliches Blut für die Rotfärbung des Nils, was die Autoren ja behaupteten, oder eine nichtgöttliche Algenart. Wenn es aber Algen waren und kein Blut, dann gab es auch keine göttliche Plage. Durch solche und weitere Widersprüche wird die Glaubwürdigkeit des Alten Testaments infrage gestellt. Denn warum sollten die übrigen Textstellen des Heiligen Buches der Christen der Wahrheit entsprechen, wenn die hier betrachteten aus einem Märchen zu stammen scheinen?
Unzählige Male beziehen sich Kirchenvertreter trotzdem auf eben solche Texte, die von ihnen aber als Tatsachen bezeichnet werden. In Wirklichkeit handelt es sich jedoch, wie beispielhaft am Auszug aus Ägypten gezeigt wurde, um Tatsachenbehauptungen, die einer einfachen logischen Prüfung nicht standhalten. Es geht hier nicht darum, ob der Auszug aus Ägyptern wirklich stattgefunden hat oder nicht, sondern allein darum, dass die Kirche nach wie vor behauptet, es handele sich beim Alten Testament um Gottes Wort. Dies aber würde bedeuten, dass ein alles überstrahlender Gott, wie hier beschrieben, Unsinn erzählte.
9 Kommentare
Kommentare
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Schöner Bericht zur "Logik" des AT. Die Begründung, warum dies so unlogisch ist, ist für mich die interessantere.
Hans Schulze am Permanenter Link
Uwe Hillebrandt hat einige Anekdoten aus dem Alten Testament berichtet und den Lesern mitgeteilt, dass (manche) Christen die alten Geschichten für bare Münze nehmen.
wird wohl eher nicht aus Christen bestehen, die durch derartige Artikel
"aufgeklärt" oder "bekehrt" werden müssten.
Interessant wäre ein Artikel gewesen, der hinterfragt hätte, was bei den alten Geschichten (zum Beispiel über die "sieben Plagen") tatsächlicher Hintergrund gewesen sein könnte (in der Literatur werden Vulkanausbrüche, Tsunamis, Epidemien usw. genannt) und weshalb diese damals wissenschaftlich nicht erklärbaren Naturvorgänge in der Fassung verarbeitet worden sind, wie sie uns im Alten Testament vorliegen. Gab es für die Alten schon damals andere Erklärungsmuster, die sie hätten verwenden können oder konnte nur das Konstrukt von Göttern Fragen der Menschen nach dem Warum von Naturvorgängen befriedigen? Über welche Entwicklungsstufen konnte es dann zu der angeblich zusammenhängenden Saga über die Plagen und den Auszug der Israeliten aus Ägypten kommen?
Interessant gewesen wäre auch zumindest ein Versuch der Erklärung, warum es der Figur des einzig wahren Gottes bedurfte? War das für die Identitätsstiftung eines Volkes wichtig oder sogar zwingend, oder gab es damals schon Alternativen dazu? Viele interessante Fragen stellen sich uns heute auf dem modernen Wissenstand. Keine davon wird thematisiert
oder beantwortet.
Der hpd sollte Aufklärung und rationale Erklärung liefern und nicht Anekdoten.
Welcher Hund soll heute noch mit einem Vulgäratheismus hinter dem Ofen hervorgelockt werden?
Apropos: der Kommentar von Uwe Hillebrandt zum Artikel über Ahmad Mansour ist einseitig reduziert auf Stellen im Koran, die von Kampf, Vernichtung usw. berichten. Die anderen Stellen fallen schlechterdings unter den Tisch. So kann man die Problematik kaum erfassen geschweige denn einen Beitrag zur Lösung eines höchst aktuellen Problems liefern. A
Uwe Hillebrand am Permanenter Link
Hier geht es schlicht um die Tatsache, dass die christliche Kirche nach wie vor behauptet, die Bibel und damit auch das Alte Testament sei das Wort Gottes.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Und die 9 weiteren wären? Die bzgl. Frauenkleider und Mischgewebe etc? - Mir reichen ja schon die ersten 10, die heute irrelevant bzw. Gemeinplätze sind.
Wolfgang am Permanenter Link
Ein Gott, bestehend aus einer Oblate und einem Schluck Wein ist doch die lächerlichste Erfindung von Menschen, die sich obendrein noch einen Glauben zurecht biegen, wie er ihnen am besten in den eigenen Kram passt.
Was für ein Glaube, was für eine Dummheit. Geboren wurde nicht ein Gott sondern die Scheinheiligkeit.
Uwe Hillebrand am Permanenter Link
Weiterhin wurde kritisiert, dass im Artikel über Ahmad Mansour der Koran durch das Zitieren einiger weniger Suren von mir einseitig dargestellt worden wäre.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Nun, die "Heiligen" Schriften sind anekdotisch aufgebaut.
Uwe Hillebrand am Permanenter Link
Wenn Sie, Herr Schulze, ein möglicherweise naturwissenschaftlicher Hintergrund der geschilderten Zauberstücke interessiert, so empfehle ich Ihnen folgendes Buch: Vitus B.
Dr. Richard Bar... am Permanenter Link
Märchen bleiben eben Märchen, ja, es ist der Gehalt der Märchen.
Aber im Ernst: ich habe das Alte Testament nie als eine 1:1-Geschichte empfunden, sondern als eine für einfache Gemüter aufbereitete "Geschichte über (von Menschen) Erdachtes" - also ein Märchen, nie eine Wahrheit.
Tut "man" dem alten Testament nicht zu viel Ehre an, wenn "man" es als einen Report über Geschehenes akzeptiert ? Ehestens ein Gemälde aus einer Art von Erinnerung der Verfasser . . . ., denn ein einziger Verfasser war es ja auch nicht,
meint
Dr. Richard Barabasch