Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten

"Gott und die Welt. Religion macht Geschichte"

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Ausschnitt vom Deckblatt des Wettbewerbs
Ausschnitt Deckblatt

Bundespräsident Joachim Gauck ist Kirchenferne nicht gerade nachzusagen. So wundert es nicht, dass der aktuelle Geschichtswettbewerb, den er gemeinsam mit der Körber-Stiftung gestartet hat, unter dem Motto "Gott und die Welt. Religion macht Geschichte" steht. Doch der Text der Ausschreibung des Wettbewerbs ließe auch kritische Texte zu.

"Vom 1. September 2016 bis zum 28. Februar 2017 sind alle Kinder und Jugendlichen in Deutschland unter 21 Jahren aufgerufen, auf historische Spurensuche zu gehen. Es gibt 550 Geldpreise auf Landes- und Bundesebene zu gewinnen." So heißt es in der Ankündigung des immerhin 25. Geschichtswettbewerbs des Bundespräsidenten.

Der Wettbewerb bezeichnet sich selbst als den "größten historischen Forschungswettbewerb für junge Menschen in Deutschland." Er hat sich zum Ziel gesetzt, "bei Kindern und Jugendlichen das Interesse für die eigene Geschichte wecken, Selbstständigkeit fördern und Verantwortungsbewusstsein stärken."

In diesem Jahr soll die Geschichte der Religionen im Mittelpunkt der einzusendenen Texte stehen. Möglicherweise ist dem Bundespräsidenten nicht ganz klar, was die Körber-Stiftung in die Ausschreibung formulierte: "Glaube und Religion haben vielfältige Spuren in der Geschichte hinterlassen. Sie hatten oft eine friedensstiftende Wirkung, doch kommt es bis heute aufgrund von Glaubensfragen auch immer wieder zu Gewalt und Konflikten." Damit ist auch jegliche Religionskritik möglich.

Die scheint auch bitter nötig. Denn im Begleitheft (siehe Anlage) zum Wettbewerb gibt es ein erstaunliches Eingangsstatement von Sven Tetzlaff, dem Leiter des Bereichs Bildung der Körber-Stiftung, zu lesen. Er schreibt in seinem Editorial:

… lange Zeit sah es so aus, als wäre Religion in Deutschland auf dem Rückzug: sinkende Mitgliederzahlen bei den christlichen Konfessionen kündeten davon ebenso wie nur noch an Weihnachten gefüllte Kirchen, Glaubensfragen galten allenfalls als Privatsache.

Sven Tetzlaff versucht den Eindruck zu erwecken, als wäre der Niedergang der Religionen in Deutschland gestoppt und ins Gegenteil verkehrt. Dem ist mitnichten so. Richtig ist zwar, dass es in der öffentlichen Wahrnehmung – vor allem durch die Diskussionen um "den Islam" – mehr Religion zu geben scheint. Tatsächlich jedoch werden die Gemeinden immer kleiner und bedeutungsloser.

Herr Gauck weist in seinem Aufruf noch einmal explizit darauf hin, dass im kommenden Jahr die Lutherische Reformation gefeiert wird. Und macht aus einem glühenden Antisemiten einen Vorkämpfer der Aufklärung:

Vor fünfhundert Jahren wurde eine kirchliche Erneuerungsbewegung zu einem Wendepunkt in der Geschichte des Abendlandes. Sie revolutionierte nicht nur das kirchliche Leben. Mit der Entdeckung des Individuums und der persönlichen Freiheit bereitete sie schließlich der Aufklärung den Weg.

Hierzu sollte aufgeklärten jungen Menschen genügend einfallen, um das gerade zu rücken.

Ob allerdings religionskritische Texte tatsächlich eine Chance darauf haben, vor dem Kuratorium zu bestehen, muss leider angezweifelt werden. Der "weltanschaulich neutrale" Bundespräsident und die Körber-Stiftung lassen in ihrem 44-seitigen Heft zum Wettbewerb nur einen Ungläubigen zu Wort kommen: Gregor Gysi, der Jesus als linken Genossen sieht.