Auch wenn der Geiselnehmer von Sydney keine direkte Verbindung zur IS-Miliz hat, seine Tat zeigt, dass der Dschihad längst eine Idee geworden ist, die sich jenseits von Strukturen und politischen Zielen verselbständigt hat.
Das schreibt Hamed Abdel-Samad in einem Artikel für die WELT. Er weist darauf hin, dass mit dem Zerschlagen der großen Terrororganisationen nun "die Stunde der Einzelkämpfer" schlägt. Selbst wenn sie - wie im Falle des australischen Geiselnehmers - nur verwirrte Männer sind.
"Wir haben" schreibt Abdel-Samad, "mittlerweile einen 'Do-it-yourself-IS' und eine 'al-Qaida-to-go'. Die Zutaten sind überall erhältlich: Ein hermetisch geschlossenes Weltbild von Schwarz und Weiß, eine gehörige Portion Wut, dann kommt die islamistische Ideologie die aus der banalen Verärgerung einen heiligen Zorn macht und die Opfer entmenschlicht."
Deshalb warnt er davor, dass auch im Europa solche Einzeltäter Menschen terrorisieren könnten. Er ist sich bewußt, dass man diese potentiellen Täter kaum erkennen kann.
Er hält jedoch auch eine Unterscheidung zwischen Islam und Muslimen für sinnvoll. "Denn es geht um Menschen, die aus mehreren Identitätsschichten bestehen und nicht immer mit ihrem Glauben identisch sind. Sowie nicht jeder Christ bibelfest ist, ist auch nicht jeder Muslim ein Koran auf zwei Beinen. Im Gegenteil, die meisten Muslime halten sich nicht an die Rituale und moralischen Vorstellungen des Islam. Auch viele gläubige Muslime halten ihre Religion für Privatsache und haben die politischen Komponenten des Islam längst neutralisiert. Gerade diese Muslime braucht man im Kampf gegen Phänomene wie IS-Sympathisanten und einsame Wölfe."