Ein weltanschaulich diverses Bündnis wirbt dafür, das beschlagnahmte Islamische Zentrum Hamburg nach Rechtskraft des Verbots in eine Gedenkstätte für die Opfer des Islamismus umzuwandeln. Eine Plakataktion in Hamburg und eine mehrsprachige Onlinekampagne bewerben das Konzept. Widerspruch kommt bereits aus islamistischen Kreisen, die das Projekt als unislamisch abwerten, obwohl der Erhalt der Moschee ausdrücklich Teil des Konzepts ist.
Ein weltanschaulich plurales Bündnis in Hamburg, dem u. a. der Arbeitskreis Politischer Islam (AK Polis), die Kulturbrücke Hamburg und die Kurdische Gemeinde Deutschland (KGD) angehören, fordert, das auch als "blaue Moschee" bekannte beschlagnahmte Islamzentrum Hamburg (IZH) in eine "Gedenkstätte für die Opfer des Islamismus" umzuwandeln. Dazu wurde eine Großflächen-Plakataktion in der Hansestadt gestartet, die an mehreren prominenten Orten in der Innenstadt die Frage stellt: "Was tun mit dem beschlagnahmten Mullah-Zentrum in Hamburg?". Das Gebäude des seit 2024 verbotenen IZH ist seit der Verbotsverfügung unter staatlicher Verwaltung, die Verbotsentscheidung ist jedoch noch nicht rechtskräftig.
Wie es mit dem Gebäude weitergehen soll, sollte die Verbotsentscheidung rechtskräftig werden, ist jedoch umstritten. Mit Rechtskraft des Verbots fiele die Liegenschaft nach derzeitiger Rechtslage in das Vermögen des Bundes, nicht der Freien und Hansestadt Hamburg. Daher wäre zunächst der Bund als Eigentümer entscheidungsbefugt. Das für eine Gedenkstätte eintretende Bündnis möchte "einen Rückfall des Gebäudes in islamistische oder autokratische Strukturen verhindern" und schlägt dazu analog zu den fünf Säulen des Islam ein Konzept der "Fünf Pfeiler gegen Islamismus" vor.
Der erste Pfeiler besteht in der auf den Plakaten geforderten Gedenkstätte für die Opfer des Islamismus. Sie soll einen Ort des Erinnerns und Lernens mit einer dauerhaft kuratierten Ausstellung sowie wechselnden Formaten bereitstellen, in dessen Mittelpunkt die Perspektiven der Betroffenen, die historische Entwicklung und die Ideologie des Islamismus stehen.
Der zweite Pfeiler ist eine offene „Blaue Moschee" als Raum für vielfältige islamische Spiritualität (z. B. Freitagsgebete, Trauerfeiern) im Einklang mit dem Grundgesetz und dem Prinzip der Völkerverständigung. Damit soll die Moschee als Moschee erhalten bleiben und gleichzeitig ein Rückfall in die frühere Trägerschaft islamistischer IZH‑Netzwerke ausgeschlossen werden. Personen oder Organisationen, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden, sollen keinen Zugang erhalten.
Drittens eine Forschungsstelle nach österreichischem Modell, die kontinuierlich Akteursprofile, Strukturen und Finanzflüsse dokumentiert. Sie erstellt Lageberichte und Policy-Briefings, führt Datenanalysen durch und berät Behörden sowie Einrichtungen, die von islamistischen Einflüssen betroffen sind, darunter Moscheen, islamische Vereine, Sport-, Bildungs- und Kultureinrichtungen.
Den vierten Pfeiler sollen Bildungsprogramme für Schulen, Jugendhilfe und Vereine bilden. Die Themen könnten das Erkennen von Radikalisierungsprozessen, die Stärkung von Widerspruchskompetenz gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, der Umgang mit Propaganda und Desinformation im digitalen Raum sowie demokratiefähige Konfliktlösungsstrategien umfassen.
Fünftens, ein offener Kultur- und Debattenort zu Iran, gestaltet von und für Exil-Iranerinnen und Exil‑Iraner mit Lesungen, sowie Film- und Gesprächsreihen. Widmen könnte man das Zentrum Jina Mahsa Amini, die 2022 nach ihrer Festnahme im Iran wegen eines angeblichen Verstoßes gegen das Hidschab‑Gesetz in Haft starb. Das Zentrum würde damit den Widerstand gegen Zwangsverschleierung und islamistische Gewalt würdigen und Räume für einen überkonfessionellen, zivilgesellschaftlichen Austausch demokratischer Akteure schaffen.

Neben der Plakataktion in Hamburg, über die auch in der Lokalpresse berichtet wurde, soll es eine begleitende Social-Media-gestützte Kampagne unter dem Motto "Fünf Sprachen, eine Botschaft" geben, bei der das Plakat auch auf Arabisch, Englisch, Farsi, Kurdisch und Türkisch um Unterstützung wirbt. Die Berliner Frauenrechtlerin und Mitbegründerin der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee, Seyran Ateş, begrüßte die Aktion. Auf X schrieb sie, dass es ein gutes Zeichen sei, wenn "dieser "gruselige" Ort, der zu viel Leid geführt hat, zu einer Gedenkstätte für all die Opfer wird, deren Geschichten verschwiegen und verharmlost wurden". Widerspruch kam erwartbar aus dem islamistischen Umfeld, zum Beispiel in der Person von Ahmad Tamim. Der Berliner Influencer gilt als Teil eines islamistischen Online-Netzwerks, zu dem weitere TikTok-, YouTube- und Instagram-Accounts gehören und war lange das Gesicht der Social-Media-Kanäle von "Generation Islam", die sich im Sommer in "Ahmad Tamim" umbenannten. "Generation Islam" gehört zusammen mit "Realität Islam", das nun nach dem Konvertiten Suhaib Hoffmann benannt ist, in den Dunstkreis der verbotenen Hamburger Plattform "Muslim Interaktiv". Mit der Aussage, dass das Projekt eine "Schändung eines Ortes darstelle, der für Muslime ein heiliger Raum der Spiritualität und der Gemeinschaft" sei, versucht er den Ton zu setzen und das Projekt als unislamisch zu diskreditieren. Dem steht entgegen, dass gemäß dem zweiten Pfeiler das Gebäude auch nach Vorstellungen des Bündnisses um den AK Polis explizit als islamisches Gotteshaus erhalten bleiben soll.






