Es soll an dieser Stelle auch nicht näher auf die Debatte eingegangen werden, die sich im Werler Ratssaal zum Namenszusatz “Wallfahrtsstadt” abspielte. Die Werler Presse allerdings, die sich der Verbreitung des Katholizismus in Werl nun wirklich nicht entgegen stellt und der kein Geschütz gegen Meinungen außerhalb dieser Weltanschauungsverirrung scharf genug erscheint, betitelte ihren Bericht über die Debatte zum Namenszusatz “Wallfahrtsstadt” mit der Schlagzeile: Sekt, “Farce” und “Gelaber”.
Es scheint der Mehrheit solcher “Ratsveranstaltungen” der Würde des Rates und einer demokratischer Debattenkultur nicht zuwider zu sein, wenn aus der Mitte des Rates, vom Bürgermeister ungerügt, der Antrag, endlich zur Abstimmung zu kommen, mit der Bemerkung gestellt wird, “man sei das doofe Gelaber unendlich leid!”, wie der Anzeiger unter der o. a. Schlagzeile berichtete.
Werler Mörderbande
In dem bereits erwähnten offenen Brief, unter anderem an den Werler Bürgermeister und die Presse, haben wir auf die Zusammenhänge zwischen Marienverehrung, Wallfahrt und Hexenverfolgung hingewiesen, die grauenhaften Zusammenhänge angeprangert und ihnen die Namen der Werler Mörderbande vorgehalten: Am 17. 01. 2011 schrieben wir zu den Vorbereitungen zum 350. Wallfahrtsjubiläum in Werl: "350 Jahre Marienwallfahrt und Marienverehrung in Werl sind in der Tat kein Anlass für feierliche Akte oder ehrendes Gedenken. Das Gegenteil ist der Fall: Die Werler Marienverehrung ist eng verbunden mit Hexenglaube und Scheiterhaufen.
In seinem veröffentlichten Beitrag “Rosenkranzaltar und Scheiterhaufen” kommt der Werler Pädagoge und Kirchenforscher, Dr. Rudolf Fidler, zu dem Ergebnis, dass zwischen Hexenverfolgung und Marienverehrung in Werl nicht nur ein zeitlicher, sondern ein innerer Zusammenhang besteht.
Dr. Fidler: “Die zeitlichen Übereinstimmungen sind m. E. zu auffällig, als dass sie allein mit dem Zufallsprinzip erklärt werden könnten. Sie legen vielmehr den Schluss nahe, dass es zwischen den Phänomenen Marienverehrung und Hexenverfolgung einen inneren Zusammenhang gibt, der als ursächlich für die zeitlichen Überschneidungen angesehen werden könnte.”
Es bestehen offensichtlich jedoch nicht nur eine zeitliche Übereinstimmung und ein innerer Zusammenhang zwischen Hexenverfolgung und Marienfrömmigkeit, sondern auch “Synchronizität und Personalunion” (Dr. Fidler: Rosenkranzaltar und Scheiterhaufen). Es ist überflüssig, darauf hinzuweisen, dass Rosenkranzbruderschaften oder gar heutige Marienverehrer nicht in einem wie auch immer gearteten Zusammenhang mit Hexenverfolgern stehen, wie Dr. Fidler in seinen weiteren Einlassungen meint herausstellen zu müssen.
Allerdings unterscheiden sich heute Inhalt und Form der Marienverehrung kaum von der Ideologie, wie sie vor 350 Jahren in Werl von den “Hexenverfolgern” vertreten und praktiziert wurde. Die Veröffentlichungen in der Werler Tagespresse zur Marienverehrung machen das immer wieder deutlich.
Fakt bleibt, dass es dieselben Personen waren, die für ein Klima der Verfolgung angeblicher Zauberer und Hexen in Werl verantwortlich waren und die gesellschaftliche Missstände auf das Wirken des Teufels oder als Bestrafung der Sünden der Einwohner von Werl aufgrund des unwandelbaren Willen Gottes zurückführten. Hexenverbrennungen sahen sie neben Gebeten und Andachten (Novenen) sowie das Stiften von Ausstattungsgegenständen für Werler Kirchen (Marienbild, Rosenkranzaltar und Marienstatue) als “Unheil abwehrende magische Strategien” an (Dr. Fidler).
Als Personen sind zu nennen: der spätere Werler Bürgermeister und der als “verfolgungswütig” beschriebene Dr. Poelmann, der als fanatischer Lizentiat und Hexenjäger bekannte Werner Binholt sowie der Werler Geschichtsschreiber und ehem. Bürgermeister Hermann Brandis und dessen Verwandter und als fanatischer Hexenrichter aufgetretene Christian Kleinsorge. Außerdem viele namenlose Werler Kapuzinermönche, die damals das Werler Kloster als Vorgänger der Franziskaner führten.
Hermann Brandis, dessen Geschichtsschreibungen die Hexenprozesse ignorieren und die Rolle seines Verwandten Kleinsorge in dem damaligen Hexenwahn beschönigen und nach dem zur Schande Werls heute noch immer eine Straße benannt ist, dürfte besonders hervorzuheben sein.
Zu seiner Lebenszeit in Werl, in der er als Inhaber von verschiedenen Ämtern als Meinungsführer aufgetreten sein dürfte, wurden nicht nur nach dem oben beschriebenen Muster, durch Stiftung von Ausstattungsgegenständen für Kirchen als Unheil abwehrende Strategien einzusetzen, eine intensive Marienverehrung betrieben, sondern gleichzeitig in verschiedenen Wellen mindestens 70 Menschen ermordet, u. a. auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Brandis Name ist eng verbunden mit Hexenwahn und Marienverehrung. Er dürfte an der Überführung der Marienstatue von Soest nach Werl maßgeblich beteiligt gewesen sein. Einwände, es seien auch Hexen von Protestanten verbrannt worden, die nicht mit Marienverehrung in Verbindung gebracht werden können, missachten, dass die erste Ursache von Frauendiskriminierung in der christlichen Religion angelegt ist. Franz von Assisi, der Ordensgründer und als Heiliger verehrte, gibt ein Beispiel zum menschenverachtenden Frauenbild. Franz von Assisi: “Wer mit dem Weibe verkehrt, der ist der Befleckung seines Geistes so ausgesetzt wie jener, der durchs Feuer geht, der Versengung seiner Sohlen.”
In Werl des 17. Jahrhunderts schürten u. a. der o. a. Personenkreis aus religiöser Frauendiskriminierung und Marienverehrung den mordenden Hexenwahn.
Es dürfte also nicht von der Hand zu weisen sein, dass ein verschrobenes Frauenbild in einer Männergesellschaft, damals mehr als heute, seine Ursachen in religiösen Auslegungen hatte bzw. hat, und es für Frauen als erstrebenswert gehalten wurde, dem angeblichen Vorbild der “Gottesmutter” “nahe” zu kommen. In der Inversion dieses Frauenbildes lag die Gefahr, als Hexe diffamiert zu werden. Sich darauf zurückzuziehen, den damaligen “Zeitgeist” für den Hexenwahn verantwortlich zu machen, lenkt von der Verantwortung der damaligen Meinungsführer in Werl ab und verspottet die Opfer.
Werl hatte damals ca. 2500 Einwohner und war durch Krieg und andere Katastrophen erheblich in Mitleidenschaft gezogen. Zur äußeren Not kam dann noch der durch Werler Amtsträger und Geistlichkeit geschürte Hexenwahn, dem innerhalb von 20 Jahren (1628 – 1648) 70 Menschen zum Opfer fielen und es bis zum 18. Jahrhundert weitere gewesen sein dürften. Welches grauenvolle Klima muss gerade in den Jahren von 1628 bis 1668 in dieser kleinen Gemeinde in Werl geherrscht haben? Es kann also zu einem Jubiläum, das an diese Zeit erinnert, nicht unerwähnt bleiben, was damals gleichzeitig in Zeiten verstärkter Marienverehrung und der Überführung der Marienstatue von Soest nach Werl geschehen ist.
Die Opfer eines Hexenwahns haben auch noch heute und gerade in Werl Trauer und Gedenken verdient. Ihr Schicksal sollte auch in einer Zeit, in der Wallfahrten eher mehr folkloristischen Charakter haben und mehr in einen kommerziellen “Mittelaltermarkt” mit Volksbelustigung passen, nicht vergessen werden."
Soweit Auszüge aus unserem damaligen Schreiben.
2 Kommentare
Kommentare
Sven Schultze am Permanenter Link
Vielen Dank für diese detaillierte Schilderung. Ein ebenso interessanter wie abgrundtief unwürdiger Vorgang! Zitat Deschner: "Mörder machen Geschichte".
Wolfgang am Permanenter Link
Als ich einmal mit meiner Familie einen Wallfahrtsort in Bayern besuchte,
bemerkte mein Sohn (damals 12 Jahre alt) : "Ich glaube, ich bin in einem Märchenwald!" Stimmt.