Aufklärung & Kritik 2/2015 erschienen

NÜRNBERG. (hpd/gkpn) Das aktuelle Heft von "Aufklärung und Kritik", der umfangreichen Vierteljahreszeitschrift der Gesellschaft für Kritische Philosophie Nürnberg, ist erschienen. Als Übersicht der vielfältigen Artikel und Themen hat die Redaktion dem hpd wieder das Vorwort zu Verfügung gestellt.

Das spannendste Feld, das die momentane Nachrichten- und Hintergrundlektüre kennt, ist wohl die "Nationalökonomie", wie man die VWL ideologisch unvorbelastet nennen könnte. Die griechische Staatskrise aufgrund unglaublich irrationaler Kreditvergabe in den letzten Jahren, das Experiment mit einem "bedingungslosen Grundeinkommen" in Finnland: Auf ökonomischer Makroebene laufen momentan die interessantesten Prozesse ab. Und wie so oft ist das erste, was bei der Berichterstattung auf der Strecke bleibt, die Unabhängigkeit der Berichterstatter. Das fällt insbesondere bei der Griechenland-Coverage auf, die von Anfang an von Interessen geprägt war – diese aber nur selten thematisiert und hinterfragt. In diesem Sinne: Halten Sie die Augen offen. Und hinterfragen Sie. Natürlich auch alles, was wir Ihnen in dieser außerplanmäßigen Juli-Ausgabe zum Nachdenken anbieten!

Das Heft eröffnet Dr. Dr. Dr. Roland Benedikter mit einer Anleitung: 2014: Drei Schritte zum "Transhumanismus". In Interviewform nimmt der renommierte Autor darin Stellung zu den drängendsten Fragen des Projekts "Überwindung von Krankheit, Tod und menschlichen Grenzen". Er geht insbesondere ein auf die Gründung und Präsidentschaftskandidatur der transhumanistischen Partei in den USA.

Dr. Robert Zimmer befasst sich in seinem Aufsatz Nomadische Existenz mit der Offenheit als zentraler Zutat einer kritisch-rationalen Lebenskunst. Wahlfreiheit und existenzielle Sinnsuche fernab festgelegter Wahrheiten und kollektiver Überzeugungen führen letztlich zu einem Nomadentum "in einer Existenz, die immer unterwegs ist".

Ebenfalls einer Lebenskunst, genauer einer Glücksphilosophie, widmet sich Dr. Sigbert Gebert in seinem Beitrag Jenseits von Sinn. Er untersucht darin insbesondere, inwiefern die Felder Arbeit und Liebe dazu taugen, Sinn zu stiften und weshalb es sich hier um sehr unstete, "heikle" Quellen von Sinn und Glück handelt und wie sich das Stellen "lebensfeindlicher letzter Fragen" auf das Glück auswirkt.

In Dr. Gerhard Engels Aufsatz treffen sich Rechtsphilosophie und Religionsphilosophie. In seinen Gedanken zu Ronald Dworkins "Religion ohne Gott" geht er den Berührungspunkten beider Disziplinen nach und analysiert Dworkins Vorlesungen zu den Themen "religiöser Atheismus", dem "Universum", der "Religionsfreiheit" und "Tod und Unsterblichkeit".

Prof. Dr. Rainer Prätorius untersucht in seinem Beitrag Gewisse Zweifler. Atheisten und Säkulare Humanisten in einer gläubigen Kultur, inwiefern atheistische Positionen in verschiedenen "gläubigen" Gesellschaften behandelt wurden und werden. Die USA sind hierbei immer wieder prominentes Beispiel, etwa, wenn säkular-humanistische Positionen dadurch gestärkt werden, dass der Atheismus quasi Religionsrang zugewiesen bekommt.

Prof. Dr. Anton Szanya setzt seinen Beitrag zu Religion und Ideologie fort und befasst sich insbesondere mit der Unzulänglichkeit der aufklärerischen Religionskritik. Er analysiert darin Entstehung und Wirkung von Ideologien und Mythen und gibt einen tieferen Ausblick, wie sich auch künftig mit der Unzulänglichkeit der wissenschaftlichen Erkenntnis leben lässt, ohne auf andere Quellen der Erkenntnis zurückgreifen zu müssen.

In Reflexion und Entschlossenheit. Descartes’ provisorische Moral befasst sich Dr. Klaus Peter Müller ebenfalls mit der Frage, wie wir leben sollen, ohne endgültige Erkenntnisse anzbieten. Auch hier wieder finden wir das "nomadische" Motiv einer Fahrt ohne sicheres Ziel, aber mit immer ausgefeilterer Methode.

Dr. Konrad Lotter vergleicht in Anpassung oder Widerstand? die Ethiken von Sokrates, Kant, Hegel und Marx. Dabei geht es ihm immer um die zentrale Frage: Wer lebt moralischer, der Angepasste, "gute" oder der Widerständige, "böse" Mensch und welche (Un-)Tugenden sollten gefördert werden, damit sich vollwertige moralische Subjekte herausbilden können?

Prof. Dr. Axel Bühler und Prof. Dr. Peter Tepe wenden sich der Erklärenden Hermeneutik zu. Sie versuchen Aufklärung und Kritik in Sachen Interpretation zu leisten und präsentieren elf Thesen zur Krise der Literaturwissenschaft und deren Überwindung, ausgehend von der diagnostizierten mangelnden Trennung von kognitivem und aneignendem Textzugang bis zum Lösungsvorschlag eines "erfahrungswissenschaftlichen Denkstils". Mit Foucaults Interpretation von Sophokles' Tragödie König Ödipus befasst sich Prof. Dr. Jürgen Daviter. Er weist darin Foucault einen gewissen Grad an Willkür nach und holt zu einem Rundumschlag aus, der an den foucaultschen Thesen kein gutes Haar lässt.

Gabriele Röwer plädiert für einen kirchenkritischen Methodenpluralismus. Sie reagiert damit auf die Würdigung Karlheinz Deschners durch Professor Mynarek und setzt Mynareks Deschner-Kritik weiterreichende Überlegungen entgegen.

Schließlich befassen sich Dr. Andreas Heyer und Dr. Werner Raupp mit Lust, Philosophie und Politik anhand von Diderots erstem Roman "Die indiskreten Kleinodien". Sie nehmen dabei insbesondere das erotische Moment in Diderots Werk unter die Lupe und analysieren deren philosophische Implikationen.

Im FORUM lesen Sie diesmal Artikel zum Themenkomplex Sterbehilfe von Dr. Edgar Dahl (Die Freiheit zum Tode. Ein Plädoyer für den assistierten Suizid), von Dr. Jürgen Lambrecht (Paternalismus versus Autonomie. Ein Beitrag zur Sterbehilfe-Debatte) und von Ludwig A. Minelli (Deutsche Politik und Sterbehilfe). René Kanzler widmet sich in seinem Beitrag Auffassungen von Philosophie, Joachim Hofmann leistet einen Beitrag zum Problem der Freiheit und Bernd Ehlert widmet sich der Aufklärung hinsichtlich Gewalt und Krieg in der Welt. Dr. Richard Albrecht befasst sich mit dem jungen Ernst Bloch, Dr. Erich Satter nimmt in seinem Beitrag den genuinen Sinn von Religion in den Blick, Prof. Dr. Uwe Hillebrand behauptet: Gott ist nicht allgütig und Dr. Assia M. Harwazinski behandelt den Islam in Europa. Religionsfreiheit und der Christlich-Islamische Dialog.

Wie immer runden diverse Rezensionen das Heft ab. Diesmal geht es u.a. um Nietzsche-Kontroversen, Demokratie- und Humanismus-Perspektiven, Verschwörungstheorien sowie Religionskritik, etwa mit Tolstois "Die Sklaverei unserer Zeit".


Bezug der Ausgabe über die Gesellschaft für kritische Philosophie Nürnberg via Internet: www.gkpn.de (Schutzgebühr 10,00 EUR zuzügl. 1,50 EUR Verp. u. Porto)