Transhumanismus

Aufklärung und Kritik: Schwerpunktausgabe 2015 erschienen

NÜRNBERG. (hpd) Die Schwerpunktausgabe für das Jahr 2015 zum Thema "Transhumanismus" von "Aufklärung und Kritik", der umfangreichen Vierteljahreszeitschrift der Gesellschaft für Kritische Philosophie Nürnberg, ist erschienen. Als Übersicht der vielfältigen Artikel und Themen hat die Redaktion dem hpd wieder das Vorwort zu Verfügung gestellt.

Nachdem die letzten vier Schwerpunktausgaben wichtigen Persönlichkeiten der Philosophiegeschichte gewidmet waren, behandelt diese Ausgabe wieder ein hochaktuelles Sachthema, den Transhumanismus.

Vor allem im angelsächsischen Raum und in der kalifornischen Ideenschmiede Silicon Valley werden die vielfältigen Facetten hinsichtlich der Optimierung des menschlichen Körpers wie seiner Intelligenz heute heiß diskutiert und forciert: Genetisches und technisches Enhancement sollen die Fähigkeiten des Menschen steigern, um damit den Auftrag der Evolution aktiv anzunehmen.

Manch Zeitgenosse wird bereits praktizierte Techniken wie die Kryonik oder geplante wie das Mind Uploading mit Kopfschütteln quittieren. Doch täuschen wir uns nicht – die Transhumanisten meinen es ernst, technisch, gesellschaftlich und politisch: Erste Produkte, die in diese Richtung der selbstbezüglichen und kommunikativen Informationserweiterung weisen, sind bereits im Handel wie die Datenbrille oder die Datenuhr (um vom Smartphone ganz zu schweigen). Deren Auswirkungen auf Individuen und Gesellschaft sind noch gar nicht zu übersehen. Pharmakologisches Enhancement nimmt stetig zu, optimierende Eingriffe in die genetische Planung der Nachkommenschaft werden weltweit erforscht, und eigene transhumanistische Parteigründungen sind bereits in vielen Ländern erfolgt. Diese Entwicklungen werden gleichzeitig durch vielfältige und weitestgehend akzeptierte Überschneidungen mit kurativen Forschungen vorangetrieben, die sich mit Defekten sowie Krankheits- und Unfallfolgen befassen.

Aus alledem ergeben sich philosophische, ethische und rechtliche Konsequenzen, die bisherige Denkmuster in Frage stellen und seit Mitte des vorigen Jahrhunderts verstärkt als eigene Richtung bedacht werden. Nicht nur am Rande sei hier vermerkt, dass es – obwohl offenbar von den transhumanistischen Vordenkern bisher kaum wahrgenommen – vom Grundkonzept her wichtige Übereinstimmungen mit dem Denken Karl R. Poppers gibt: Hypothetik aller Theorien, Unerkennbarkeit der Wahrheit, aktive Evolution der Individuen, Streben nach Verbesserung in einer offenen Umwelt und Zukunft.

Und so freut es die Redaktion sehr, für eine ausführliche und durchaus auch kritische Vorstellung dieser Themen mit Dr. Stefan Lorenz Sorgner "Deutschlands führenden post- und transhumanistischen Philosophen" (so Prof. Dr. Rainer Zimmermann von der Identity Foundation Düsseldorf) als Herausgeber gewonnen zu haben. […]

Aus der Einleitung des Herausgebers

Der Transhumanismus ist die gefährlichste Idee der Welt. Diese Einschätzung vertritt zumindest der US-amerikanische Politikwissenschaftler und Intellektuelle Francis Fukuyama (2004, 42–43). Dies ist sicherlich zutreffend, wenn man selbst von einem christlichen oder kantischen Menschenbild ausgeht. Wofür der Transhumanismus jedoch im Einzelnen steht und welche kulturellen, ethischen, politischen, künstlerischen und philosophischen Ansichten mit ihm verbunden sind, ist noch kein Allgemeinwissen. Dieses Schwerpunktheft der Zeitschrift "Aufklärung und Kritik" wird das Phänomen "Transhumanismus" daher auf multiperspektivische Weise darstellen. Hierbei werden zahlreiche Facetten des Transhumanismus näher beleuchtet und es werden ebenso Vertreter wie Kritiker des Transhumanismus zu Wort kommen, um ihre jeweiligen Beurteilungen zu untermauern.