BERLIN. (hpd/pa) Heute werden die neuen Asylzahlen veröffentlicht. Die Bundesregierung geht nach Medienberichten von bis zu 750.000 Flüchtlingen in 2015 aus. „Es muss anerkannt werden, dass der Großteil der Flüchtlinge lange oder auf Dauer bleiben wird. Ein nachhaltiges Aufnahme- und Integrationsprogramm ist dringend notwendig“, erklärt Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL. Die bereinigte Gesamtschutzquote liegt derzeit bei 47,8 Prozent – fast jeder Zweite darf bleiben.
Bereits jetzt muss mit dem Bau von winterfesten Unterkünften begonnen werden. Notunterkünfte an abgelegenen Orten dürfen keine Dauerlösung sein. Es sollte stattdessen dafür gesorgt werden, dass Flüchtlinge schnell auf eigenen Füßen stehen und aus den Unterkünften ausziehen können – nur so kann nachhaltig Entlastung bei der Unterbringung geschaffen und die Integration erreicht werden. PRO ASYL fordert schnellere und faire Asylverfahren, sowie eine massive Aufstockung der Mittel für Sprachkurse und Hilfen bei der Wohnungssuche und Arbeitsmarktintegration. Viele Unterkunftsplätze bleiben zudem langfristig blockiert, da Flüchtlinge keine Wohnung finden. Der soziale Wohnungsbau muss durch ein Sofortprogramm wiederbelebt werden.
Bürokratische Hindernisse, die zu langen Wartezeiten führen und die Integration erschweren, sollten abgebaut werden. „Wenn Flüchtlinge etwa bei Verwandten oder Freunden eine Bleibe finden oder eine Wohnung finden, müssen sie unbürokratisch ausziehen dürfen“, forderte Günter Burkhardt von PRO ASYL.
Das bürokratische Antragsverfahren sollte vereinfacht und beschleunigt werden. In vielen Fällen registriert zunächst die Bundespolizei Flüchtlinge und leitet ein Strafverfahren wegen illegalen Grenzübertritts ein, das in der Regel später wieder eingestellt wird. Dann nehmen Landesbehörden das Asylersuchen entgegen und stellen eine Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchende aus, die an das Bundesamt weitergeleitet wird. Erst dann erfolgt die Stellung eines Asylantrags. Durch den Entscheidungsrückstau beim Bundesamt kommt es zu weiteren erheblichen Verzögerungen. In vielen Fällen wird erst nach ein bis zwei Jahren entschieden.
Erhebliche Kapazitäten werden zudem durch zehntausende von Dublin-Verfahren gebunden, die dem Asylverfahren vorgeschaltet sind und die Wartezeiten massiv verlängern. Auch hier kann Entlastung geschaffen werden. Die Versuche Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan und Irak zurück in Länder wie Ungarn, Italien oder Bulgarien zu überstellen sollten eingestellt werden. Sie sind menschenrechtswidrig und binden überdies Arbeitskapazitäten.
Pressemitteilung von Pro Asyl
7 Kommentare
Kommentare
Hans Trutnau am Permanenter Link
Ich weiß nicht, wie ein solches Integrationsprogramm (oder besser: Einwanderungsgesetz?) aussehen könnte.
angelika richter am Permanenter Link
Man könnte sich an z.B. Dänemark orientieren. Da gibt es bereits 2 Wochen nach Ankunft halb-, später ganztägige Sprachkurse jeden Werktag. Damit sind die (jungen) Leute auch ersteinmal beschäftigt.
Hans Trutnau am Permanenter Link
"Man könnte..." - ja, man. Aber wer wäre das in unserer Politik? Ich sehe da keinen Ansatz außer Geschwafel und Lippenbekenntnisse a la 'Wir müssen was tun'.
David am Permanenter Link
„Es muss anerkannt werden, dass der Großteil der Flüchtlinge lange oder auf Dauer bleiben wird."
Warum? Bei Asyl geht es um Asyl und nicht um dauerhafte Ansiedlung.
Wenn Herr Burkahrdt die Einwanderung und dauerhafte Ansiedlung im Sinn hat, sollte er dies über die Einwanderungsgesetze anstreben, nicht über das Asylrecht.
Diese ständige Vermengung der beiden Sachverhalte ist nicht zuletzt mitverantwortlich für unser Einwanderungs/Asyl-Chaos.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Schön und gut, David; aber anerkannte Asylanten aus z.B. Saudi Arabien oder Iran könnten u.U. SEHR LANGE bleiben. Und beide Sachverhalte sind bei uns m.E. nicht wirklich angegangen worden.
Jann Wübbenhorst am Permanenter Link
Natürlich sind die Gewährung von Asyl und der Schutz für Kriegsflüchtlinge einerseits und die Einwanderungspolitik (Fachkräftemangel, Bevölkerungsschwund, Rentensicherung etc.) zunächst zwei verschiedene Problemfelder
Trotzdem hängt beides natürlich zusammen, da z.B. viele gut ausgebildete Flüchtlinge (nicht nur aus Syrien) sehr gut in den Arbeitsmarkt integriert werden können.
Die Aussage von Herrn Burkhardt ist m.E. so zu verstehen, dass ein Großteil der aktuellen Flüchtlinge (nämlich die etwa 50%, die gute Chancen auf Anerkennung haben) für lange Zeit oder auf Dauer bleiben wird, weil eben die Konflikte in ihren Heimatländern in absehbarer Zeit wohl nicht gelöst werden, und nicht in dem Sinne, dass wir versuchen sollten, alle, die kommen, dauerhaft anzusiedeln.
Und für die, die absehbar lange bleiben, ist es wichtig, möglichst schnell Chancen zur Integration in den Arbeitsmarkt (und in die Gesellschaft) zu schaffen (Sprachkurse, Fortbildungen, ...). So machen es auch Länder wie Dänemark und Schweden.
DAvid am Permanenter Link
"da z.B. viele gut ausgebildete Flüchtlinge (nicht nur aus Syrien) sehr gut in den Arbeitsmarkt integriert werden können."
Wie Sie bei der angespannten Arbeitsmarktsituation dieses behaupten können, kann ich nicht nachvollziehen. Wir haben es noch nicht einmal geschafft, einen nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung mit muslimischen Migrationhintergrund weder gesellschaftlich noch arbeitstechnisch zu integrieren, und da soll das plötzlich in einer Extremsituation ganz einfach sein?
Wir sollten da schon realistisch bleiben. Die zu Recht bei uns vor Krieg und Gewalt Schutz findenden Asylanten werden auf lange Sicht eine Belastung sein, sowohl sozial als auch finanziell. Wenn man die daraus resultierenden Probleme zum Wohle aller angehen möchte, sollte man das zunächst einmal zur Kenntnis nehmen, um sich dann im nächsten Schritt klarzuwerden, in welchem Umfang man sich hier engagieren möchte bzw. kann.
Die Herstellung von akzeptablen Lebensbedingunen in den Krisenländern sollte DAS primäre Ziel sein, um die Flüchtlingswellen einzudämmen. Deshalb teile ich nicht Ihre Auffassung, dass es klug ist, die Fachkräfte aus bereits angeschlagenenen Staaten bewusst abzusaugen. Im Gegenteil, eigentlich wäre es dringend geraten, diese Menschen zu ermuntern, ihre Fähigkeiten ihrem Heimatland zugute kommen zu lassen, sobald es die Situation wieder erlaubt.
In Dänemark und Schweden sieht man übrigens mitnichten, dass die erwähnte Herangehensweise erfolgversprechend ist.