BERLIN. (hpd/pdh) In Deutschland liegt die Zahl der HIV-Neuinfektionen auf niedrigem Niveau. Das ist vor allem der dauernden Aufklärung zu verdanken. Nur die katholische Kirche tritt immer noch gegen eine effektive Aids-Eindämmung an: Der Papst hat das kirchliche Kondomverbot gerade erneuert.
30 Jahre Aids/HIV
Die Zahl der Neuinfektion liegt in Deutschland auf relativ niedrigem Niveau, wobei in jüngster Zeit ein leicht ansteigender Trend zu beobachten ist. Das mag daran liegen, dass die Krankheit ihren Schrecken verloren hat. Innerhalb von ca. 30 Jahren wurden für eine Krankheit, die mit der Pest vergleichbar sein könnte, die Übertragungswege identifiziert und dank medizinischer Forschung eine Behandlungsstrategie entwickelt. Aids ist auch heute noch nicht heilbar, aber es gibt antiretrovirale Therapien, die das HI-Virus daran hindern, sich im Körper zu vermehren. Mit Medikamenten gelingt es, das HI-Virus sogar unter der Nachweisgrenze zu halten, so dass es gar nicht erst zu einem Ausbruch von Aids kommt. Die Lebensqualität und die Lebenslänge sind heute extrem gestiegen.
Wie konnte es nun gelingen, diese Krankheit relativ schnell einzudämmen? Erstmals berichtet wurde 1981 über eine Krankheit namens Aids, 1983 wurde der HI-Virus entdeckt, 1984 der erste Antikörpertest vorgestellt. 1985 beginnt in Deutschland eine Aufklärungskampagne über die Übertragungswege des Virus und Blutkonserven müssen auf HIV überprüft werden. Danach beginnt eine Kampagne über das Benutzen von Kondomen, um Neuinfektionen einzudämmen. Plakate, Werbespots und auch Straßenaktionen werden gestartet, um auf die Übertragungswege von HIV und deren Verhinderung aufmerksam zu machen. Nach der Übertragung durch Blutkonserven und dem Benutzen von gemeinsamen Drogenbesteck liegt die Übertragung durch Geschlechtsverkehr auf dem dritten Platz, besonders risikoreich ist hier der Analverkehr, da es hier sehr leicht zu Mikroverletzungen kommen kann. Das führte natürlich auch zu den entsprechenden Reaktionen, von manchem wurde die Krankheit als Schwulenseuche bezeichnet. Aber anstatt nun besonders betroffene Menschen als Schuldige zu diffamieren, wurde in der Schwulenszene besonders häufig über HIV aufgeklärt. Ich kann mich an keine Schwulenparty erinnern, bei der nicht die Schwestern der Perpetuellen Indulgenz in fantastischen Kostümen Kondome verteilten und aufklärten.
Besonders betroffen war der afrikanische Kontinent. Hier ist es wahrscheinlich schon lange bevor diese Erkrankung bekannt wurde, zu einer Übertragung des Virus vom Affen zum Menschen gekommen. 1996 wurde das UNAIDS als gemeinsames Programm der Vereinten Nationen gegründet, die verschiedene HIV/Aids – Aktivitäten in einzelnen Ländern koordiniert, hier wurde die ABC Strategie (Abstinence, be faithful, use a condom) entwickelt.
Ein gut funktionierendes Beispiel hierfür war Uganda. Während das Land in den 1990-igern große Erfolge hatte mit dieser ABC Strategie hatte und als Vorbild für andere Länder diente, steigt inzwischen die Rate der Neuinfektionen wieder an. Eine vom Gesundheitsministerium beauftragte landesweite Studie stellte fest, dass die Neuinfektionsrate von 6,4 in 2005 auf 7,3 Prozent in 2011 angestiegen ist.
Der kirchliche Kampf gegen eine effektive Aids-Eindämmung
Über 85 Prozent der Bevölkerung in Uganda sind Christen, wobei in letzter Zeit ein verstärkter evangelikaler Einfluss spürbar ist. Die katholische Kirche propagiert weiterhin das Verbot von Verhütungsmitteln, dazu gehören auch Kondome. Es ist mittlerweile nur eine Ausnahme zulässig, nämlich dann, wenn der Sex in der Ehe stattfindet und sich ein Partner mit dem HI-Virus infiziert hat. Inzwischen hat sich der Fokus in Uganda auf das A (abstain) – Enthaltsamkeit verlagert. Am vergangenen Wochenende war Papst Franziskus zu Besuch in Uganda. Die Religionsvertreter dort erwarten klare Worte vom Papst zur Kondompolitik der Regierung (die sich dafür ausspricht und Kondome kostenlos verteilt hat). Obwohl diese bei der Eindämmung der AIDS – Epidemie geholfen hätte, wünschten sich doch der Großteil der Ungander Abstinenz als sichere Verhütungsmethode. Die Kondome würden der Regierung von westlichen Organisationen im Tausch gegen Entwicklungshilfe aufgezwungen.
Franziskus meinte dazu: "Wenn Bedingungen von imperialen Kolonisierern verhängt werden, wollen sie, dass das Volk seine eigene Identität verliert und eine gleichförmige Masse entsteht. Das ist ideologische Kolonialisierung."
Dass die Kirche ja selbst ideologische Kolonalisierung betreibt scheint ihn nicht zu stören; die Doppelmoral ist nicht nur geschichtlich leicht zu durchschauen.
Gleichzeitig wettern afrikanische katholische Bischöfe: "Die Milliarden von Dollar, die in die Produktion und Verteilung von Kondomen und Verhütungsmitteln und für Sexualerziehungsprogramme investiert werden, die den universellen moralischen Normen widersprechen, sind ein Skandal, der nach Rache schreit, es ist eine neue Sklaverei im Dienste des Götzen 'Geld'. Das Ziel, das eindeutig verfolgt wird, ist unter anderem die effiziente Kontrolle des Bevölkerungswachstums in Afrika, nach dem westlichen 'Modell', das heute ein Nullwachstum Modell in Europa hat."
Hier geht es nicht um Wertkolonialisierung sondern darum, dass Menschen einfach und effektiv geholfen werden kann. Es entspricht zwar nicht dem Weltbild der Kirche, aber den Menschen ist mit Kondomen geholfen. In der westlichen Welt wissen wir mittlerweile dank der Aufklärung, dass es der Kirche fast nur um Macht und Deutungshoheit über andere geht und genau diese Kirche wirft uns nun vor, dass wir über andere Menschen bestimmen wollen und ihnen unsere Werte aufoktroyieren wollen?
Ugandische Regierungsberater wie George Kanyomoozi betonen dann auch: "Die Kirchen sind oft verblendet. Sie denken, dass ihre Mitglieder abstinent leben und treu sind, was sie aber nicht sind. Der Gebrauch von Kondomen wird in den Kirchen nicht diskutiert, da Abstinenz vorausgesetzt wird. Jenen, die doch HIV-positiv sind, wird so genannter psychologischer Beistand geboten, indem ihnen ein Platz im Himmel versprochen wird oder, in schlimmeren Fällen, eine Wunderheilung."
Die katholische Kirche möchte wie schon so oft ihr eigenes Weltbild durchsetzen, das darin besteht, dass Sex nur Eheleuten vorbehalten ist, ansonsten ist Enthaltsamkeit angesagt. Das hat schon in Europa nicht besonders gut funktioniert, selbst die eigenen Vertreter des Glaubens schaffen es in den wenigsten Fällen enthaltsam zu leben. In den USA gibt es die Bewegung "True Love can wait" unter besonders gläubigen Christen. Wenn es dann doch einmal mit dem Warten zu lange dauert, wird Analverkehr praktiziert. Dadurch lässt sich gut eine Schwangerschaft und damit auch den Beweis, dass man doch nicht so stark war vermeiden (komischerweise glaubt kaum einer von den Katholiken noch an die unbefleckte Empfängnis), allerdings steigt dadurch das Risiko, das HI-Virus zu übertragen, wenn zeitgleich der Kondomgebrauch verboten wird.
Erstveröffentlichung auf der Webseite der Partei der Humanisten.
8 Kommentare
Kommentare
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Die katholische Kirche möchte wie schon so oft ihr eigenes Weltbild durchsetzen, das darin besteht, dass Sex nur Eheleuten vorbehalten ist, ansonsten ist Enthaltsamkeit angesagt."
Katholiken sollten in Sexualkunde nachsitzen. Dann würden sie lernen, dass Sexualität nichts "Logisches" ist, das man je nach Gusto macht, also irgendwann oder vielleicht nie, sondern dass sie triebgesteuert ist. Dieser Trieb erwacht mit der Pubertät und begleitet unser weiteres Leben - teils als Last, teils als Lust.
Für gläubige Menschen muss es wohl tendenziell eher eine Last sein, weil es in allen Religionen so viele Regeln zu diesem Thema gibt - bis hin zur Verherrlichung der jungfräulichen Geburt. Dies wäre wohl das Ideal der orthodoxen Kleriker, dass sich der Mensch quasi "geistartig" und jungfräulich, also ohne diesen hässlichen Geschlechtsakt, vermehrt. Denn vermehren und fruchtbar sein muss man laut Kirche selbst im überbevölkerten Afrika.
Natürlich liegt dies daran, weil man sich beim Sexualakt in einer schwer kontrollierbaren Ausnahmesituation befindet - vor allem zum Ende hin. Man fühlt sich den Tieren näher - die ja religiös betrachtet nichts mit dem Menschen zu tun haben - und wer will das schon? Die Krone der Schöpfung soll sich auf die Niederungen simpler Fleischeslust herablassen? Mit tierischem Grunzen und Stöhnen? Dann lieber als Last tragen und auch noch stolz darauf sein! Der Gipfel dieser Pervertierung ist der Zölibat, mit dem sich der Kleriker - so das hehre Ziel - gänzlich allem fleischlichen Vergnügen verweigert.
Dass selbst dies nicht in der ach so wertvollen Kirche gelingt, zeigen die vielen Missbrauchsskandale. Offenbar ist selbst das Fleisch von Priestern, Pfaffen oder Bischöfen (bis hin zu Päpsten in der Vergangenheit) extrem schwach. So gestalten sie ihr Leben als einen permanenten Kampf gegen ihren Körper, um ihre imaginierte ewige Seele zu retten. Sie hoffen auf ein goldenes Jenseits und vermiesen sich ihr Diesseits - nach gültiger Erkenntnis das einzige, was sie wirklich haben.
Also sollte doch eine Kirche, die wirklich an Wandel und Reformen interessiert wäre, dies endlich einmal zur Kenntnis nehmen und dafür sorgen helfen, dass es zu einer gesunden sexuellen Entwicklung der Gesellschaften weltweit kommt. Dazu gehört Enttabuisierung, Aufklärung und ein echtes Hinwenden zu den Bedürfnissen der Menschen. Und selbstverständlich gehört der Gebrauch von Verhütungsmitteln dazu. Kondome können Leben im Diesseits retten und nur das zählt.
Doch da die Kirche von ihren Pattexdogmen nicht wegkommt, werden sie ihr bis zu ihrem Untergang am Arsch kleben. Also bleibt wohl doch der sinnvollste Dom das Kondom!
Klaus Bernd am Permanenter Link
Apropos Missbrauchskandal:
Nachdem 2013 eine hinreichend unterwürfige Kommission gefunden wurde, die die Ursachen untersuchen soll, ist es an dieser Front verdächtig still geworden.
Ronald Bianco am Permanenter Link
Kirche war schon immer Teil des Problems, nie Teil der Lösung.
Wolfgang am Permanenter Link
Warum wird die Wollust eine Todsünde genannt und nicht die Scheinheiligkeit? Christopher Sykes.
Udo Endruscheit am Permanenter Link
Entkleidet von allem ideologischen Geschwätz und den höchst albernen Versuchen, kondomorientierten Postkolonialismus anzuprangern, bleibt nur eines übrig: Verbrechen gegen die Menschheit (crime against humanity).
Und in Deutschland hat die kirchliche Lobby durchgesetzt, dass eine humanistisch bestimmte, in Verantwortung geleistete Beihilfe zum Suizid unter staatliche Strafandrohung gestellt wird. Ärzte werden wegen fahrlässiger Tötung verfolgt, weil sie entscheidungsfähigen Patienten -vielleicht- mehr Medikamente zur Verfügung gestellt haben, als akut erforderlich war (Fall Dr. Thöns). Gemessen daran gehört der Papst vor den internationalen Strafgerichtshof.
Ich bitte um Entschuldigung für die harten Worte und meinen Eifer, aber ich verzweifle langsam wirklich daran, dass sich die Menschheit offenbar in einem Stadium geistig-moralischer Regression befindet.
Rainer Bolz am Permanenter Link
Wahrheiten benötigen keine Entschuldigung Herr Endruscheit.
Wolfgang am Permanenter Link
Die Kirche hat nur ein Problem, das Kondom! Alle anderen wichtigen Themen der Welt
treibt die Menschen in die Kirchen, allerdings nur in jenen Gegenden, bei der der menschliche Geist seltsame Züge trägt. Die Kirchen haben in zivilisierten Ländern keine Chance mehr, denn dort, wo man denkt, kein Pfarrer mehr die Menschen lenkt.
Arno Gebauer, 2... am Permanenter Link
Guten Tag,
die Kirchen sind unser aller Problem als dessen Lösung sie sich
ausgibt!
Kirchen beschleunigen durch das Festhalten an „christlichen Werten“
und ihrem systematischen Einfluss auf alle Politik die Existenzprobleme
dieser Erde.
Das päpstliche Kondomverbot und das Bibelgebot, sich wie Sand am
Meer zu vermehren, verstärkt die Zunahme der ohnehin exponentiellen
Entwicklung der Weltbevölkerung, welche uns immer mehr unlösbare
Probleme bereitet.
Hinter dem vielschichtigen Verhalten der Kirchen muß eine
latent verborgene und auf eine lange Zeit angelegte globale Strategie zur
Ausweitung ihrer Macht weltweit stehen.
Die kath. Kirche ist eine Meisterin der Täuschung!
Sie verkauft ihre Aktivitäten als selbstfinanziert, obwohl der deutsche
Steuerzahler 96% der Kosten aller kath. Einrichtungen bezahlt !
Sie heuchelt Armut und ist bereits der reichste Globalplayer!
Die Kirchen haben das, was sie an unmittelbarem Einfluß
auf die moderne Gesellschaft verloren haben, mittelbar durch
staatskirchenrechtliche Institutionalisierung zurückzugewonnen
und sitzen heute wie ein Krebsgeschwür als schlimmster Lobbyist
in allen Regierungen!
Ich vermute mal, dass das langfristige Strategieziel der Kirchen
ist, über eine ungehemmte Zunahme der Weltbevölkerung
die dadurch verursachten Probleme so zu verschärfen,
dass sie dann mit ihren menschenverachtenden diktatorischen
Mitteln als der Erretter dieser Welt die ganze Macht sich einverleiben.
Die Kirche sind bereits feudaler Fremdkörper in einer noch
demokratischen Kirchenrepublik !
Sie sollen endlich verschwinden.
Viele Grüße
Arno Gebauer