BERLIN. (hpd) Nach dem hpd-Interview mit Hamed Abdel-Samad und Prof. Mouhanad Khorchide auf der Frankfurter Buchmesse 2015 (Teil 1, Teil 2, Teil 3) stellt der hpd Hamed Abdel-Samads Buch "Mohamed – Eine Abrechnung" vor. Der aktuelle Bestseller über den Propheten zeigt alle Wurzeln des Islams, die mit dessen Biografie zusammenhängen – und erklärt auf diese Weise Handlungen muslimischer Gläubiger, die in aufgeklärten Gesellschaften oft auf Unverständnis stoßen. Bernd Kammermeier griff einen Aspekt des Buches mit aktuellem Bezug heraus.
Seit Wochen wird über die Gründe sexueller Übergriffe in zwölf Bundesländern durch mehrheitlich nordafrikanische Migranten in der Silvesternacht 2015 debattiert. Längst haben Rechtspopulisten das zögerliche Preisgeben der schieren Fakten dieser Nacht für ihre rassistische Bauernfängerei ausgeschlachtet. Demokratische Politiker versuchen indes jeden Generalverdacht gegen Flüchtlinge oder ganz allgemein Migranten aus dem arabischen Kulturraum zu zerstreuen. Aber was steckte dahinter? Art und Umfang der Straftaten waren dem BKA bis zu diesem Zeitpunkt unbekannt und spricht deshalb von einem "neuen Phänomen in Deutschland".
Ohne, dass Hamed Abdel-Samad die Ereignisse von Köln und anderswo schon gekannt haben könnte, berichtet sein Buch "Mohamed – Eine Abrechnung" über eine der Ursache dafür. Es scheint - dieser Verdacht drängt sich nach der Lektüre auf - ein archaisch-patriarchales Frauen- und Männerbild zu sein. Die Gründe für dessen Tradierung bis heute liegen für den aus Ägypten stammenden Politologen und ehemaligen Muslim-Bruder in der bedingungslosen Verehrung Mohameds. Doch warum hinterließ jener seinen Anhängern ein derart besorgniserregendes Erbe?
Der Autor vertritt die kontroverse These, der Prophet habe an psychischen Erkrankungen gelitten. "Schon Ende des 8. Jahrhunderts behauptete der byzantinische Chronist Theophanes (* um 750, Δ 818), Mohamed habe häufig unter Epilepsieanfällen gelitten." (S. 197) "Experten meinen [...], dass eine bestimmte Form der Epilepsie besonders mit Hyperreligiosität und Visionen verbunden ist, nämlich die Temporallappenepilepsie (TLE). In zahlreichen Hadithen lesen wir, dass Mohamed beim Empfangen des Koran Glockenklang hörte, er schnarchte wie ein Kamel, schwitzte stark, selbst wenn es kalt war, und war nicht mehr ansprechbar. Er zitterte stark und hatte gelegentlich Schaum vor dem Mund. [...] Sie sind authentische Zustandsbeschreibungen eines Menschen, der einen epileptischen Anfall hat." (S. 198)
Der türkische Arzt Dede Korkut (Pseudonym) hat laut Abdel-Samad in einem 2001 veröffentlichten Buch viele über Mohamed berichtete Verhaltensweisen aufgelistet, die auf TLE hinweisen sollen: "Emotionalität, Euphorie, Wut, Aggressionen, Schuldgefühle, Depressionen und Suizidgedanken, Hypermoralismus, wechselhafte sexuelle Energie, Hypersexualität, Hypergraphie bzw. Schreibzwang, Paranoia." (S. 203) Darüber hinaus entwirft Abdel-Samad in seiner Mohamed-Biografie das Bild eines Menschen, der eine entwurzelte Kindheit erleiden musste, der nie erwachsen werden durfte und sich von weiblichen wie männlichen Bezugspersonen regelmäßig verraten gefühlt haben könnte. Daher stamme sein schwieriges, teilweise pubertär wirkendes Verhalten Frauen gegenüber, das zwischen Verehrung und Verachtung schwankte. Seine vielen Ehefrauen und Konkubinen zeugten von einer Bindungsunfähigkeit, gleichzeitig aber auch von einer regelrechten Bindungssucht. Er trüge Frauen auf Händen und reglementierte sie doch, verhüllte sie, unterbände Kontakte zwischen den Geschlechtern.
Dieser Mohamed wirke noch heute in Kombination mit seiner radikalen Verehrung als fatales Vorbild, gekennzeichnet durch geistige Krankheit sowie unstete Kindheit und Jugend. Trotzdem würde seine Huldigung von konservativen Islamgelehrten unvermindert gefordert. Selbst aktuelle Reformversuche des Islams könnten laut Abdel-Samad an dieser fatalen Verbindung nichts Grundlegendes ändern. "Ohne es bewusst zu wollen, kollaborieren diese Reformer mit dieser Sichtweise der Konservativen und sogar mit den Terroristen. Denn sie lassen den Koran und den Propheten als höchste Autorität gelten." (S. 205) Ist es da verwunderlich, wenn manche Muslime aus islamisch geprägten Ländern dem Lebensentwurf des Propheten folgen, ja, ihn als einzige Lebensart für alle Menschen ansehen? Spiegelt sich nicht im Verhalten der Sexualstraftäter von Köln und anderswo genau dieses kranke Verhältnis Mohameds Frauen gegenüber? Einerseits die schiere Heiligung der Frau – sofern sie sich rein, züchtig und ehrenhaft verhält – und andererseits ihre abgrundtiefe Verachtung, wenn sie frei, selbstbestimmt und Männern gleichberechtigt lebt?
Abdel-Samad tritt auch mit vielen Belegen der Ansicht entgegen, der Islam habe seit Mohamed die Rechte der Frau gestärkt. Als Beispiele würden hierzu oft das durch den Propheten eingeführte Erbrecht für Frauen und ihre notwendige Zustimmung zur Heirat genannt. Laut dem Autor gab es jedoch bereits vor Mohamed ein Erbrecht für Frauen. Und das Ausleben der Sexualität sei im vorislamischen Arabien sogar freier gewesen: "Es gab etliche Formen der Ehe und des Zusammenlebens in Altarabien, einer Zeit, in der Männer als auch Frauen ihre Sexualität so freizügig ausleben konnten wie seitdem nie wieder." (S. 137) Weiter führt er aus, wie vor dem Islam in Arabien die reguläre Ehe gehandhabt worden sei und er erläutert viele ihrer Spielarten: die Ehe mit einer Kriegsgefangenen / Sklavin, die Polygamie, die Genussehe, die Tauschehe, die Leihvater-Ehe und die Prostitution. Alle diese Spielarten zwischenmenschlicher Verbindung seien geregelt gewesen und berücksichtigten dabei trotzdem spezifische Bedürfnisse von Mann und Frau.
Der Islam habe dies alles nicht moralischer gemacht, sondern komplizierter, verkrampfter. "Vergegenwärtigt man sich die Realität in der islamischen Welt, so regieren Doppelmoral und Zynismus im Umgang mit Sexualität. Nirgendwo gibt es so viele Operationen zur Rekonstruktion des Hymens, des Jungfernhäutchens, wie im islamischen Raum. [...] In den Ländern, in denen Sexualität am stärksten tabuisiert ist, wie in Saudi-Arabien, Afghanistan, im Iran und in Ägypten, erreicht die sexuelle Belästigung von Frauen auf offener Straße inzwischen unerträgliche Dimensionen. Aber es ändert sich nichts, denn man folgt einer Moralvorstellung des Propheten, der die Ge- und Verbote nicht selbst erfunden, sondern angeblich direkt von Gott empfangen hat." (S. 144)
Abdel-Samad liefert hier eine der möglichen Erklärungen für die sexuellen Übergriffe in der Silvesternacht. Frauen würden im Koran nicht als eigenständige Personen mit eigenen Interessen angesehen. "Im Islam spielt die Liebe in einer Verbindung zwischen Mann und Frau keine Rolle. [...] Sinn und Zweck einer Ehe ist einzig die »Fortpflanzung« des Islam." (S. 145) Sicher gab es dieses Zweckbündnis "Ehe" auch in anderen Ländern und im mittelalterlichen Europa. Doch von dieser strengen Form haben sich die westlichen Demokratien mittlerweile emanzipiert.
Die Verehrung und ewige Gültigkeit des Korans stünden einer Modernisierung des Frauenbildes in islamischen Ländern entgegen – und damit auch vielen muslimischen Männern, die mit diesem Bild im Kopf nach Europa kommen. Geschaffen worden wäre es einst von Mohamed. Dessen unbeschreibliche Huldigung hindere die islamische Welt an einer tiefgreifenden Reform nicht nur dieses Aspekts ihrer Religion. Auch zum Kriegsherren Mohamed, seinem Verhältnis zu Juden, seiner Kritikunfähigkeit und der Entstehung des Korans äußert sich Abdel-Samad. Er schafft es in "Mohamed – Eine Abrechnung" eine gut strukturierte kritische Analyse des Propheten vorzulegen, wobei er auch Mohameds Verdiensten ein eigenes Kapitel widmet.
Der Autor versetzt den Leser in die Lage, problemlos Querverbindungen zu heutigen Wirkungen dieser Religion herzustellen. Er tritt vehement dafür ein, Mohamed endlich von seinem unverdienten Thron zu stoßen. Als hilfreich dazu sieht er den kritischen Umgang mit ihm an. So endet sein sehr lesenswertes und kurzweilig geschriebenes Buch mit den Worten: "Der Anschlag auf Charlie Hebdo sollte für Muslime ein Anlass sein, die Tabuisierung der Mohamed-Kritik zu beenden. Denn nichts ist heiliger, als ein Menschenleben, nichts ist wertvoller als Freiheit und Menschenrechte. Vielleicht braucht der Islam keinen Luther, sondern einen Erasmus, einen Voltaire und viele »Charlie Hebdos«!" (S. 225)
4 Kommentare
Kommentare
Dieter Bauer am Permanenter Link
Ein volle Aufmersamkeit verdienendes Werk, dessen Zugang einem Muslim allerdings, systembedingt, verschlossen bleiben wird.
hans schulze am Permanenter Link
Ist Herr Bauer ein Wahrsager: "dessen Zugang einem Muslim allerdings, systembedingt, verschlossen bleiben wird". Wahrscheinlich nicht, denn dann würde er in einem Eso-Blättchen kommentieren.
Elke Metke-Dippel am Permanenter Link
Großen Dank an Hamed Abdel-Samad. Diese Kritik ist sehr mutig - ja todesmutig. Ich begrüße es sehr, dass es unter Muslimen und ehemaligen Muslimen eine historische Aufarbeitung und Aufklärung gibt.
Simone M. am Permanenter Link
Leider wird die kritische Meinung und kluge Analyse von Herrn Abdel-Samad viel zu wenig gehört und in der breiten Öffentlichkeit kaum publiziert.