So leicht lässt sich keiner oder keine von den Mitgliedern einer Verreaux-Sifaka-Gruppe – das sind madegassische Lemuren – in einen Kampf mit der konkurrierenden Nachbargruppe hineinziehen, sei es dass es um Futter, das Territorium selbst oder Sexualpartner geht. Wie ein Forscherteam des Deutschen Primatenzentrums in Zusammenarbeit mit der Universität Göttingen herausfand, wägen die Individuen genau ab, ob es sich für sie lohnt.
Diese adretten silbergrauen Halbaffen, die zur Familie der Makis gehören, zeichnen sich durch einen hübsch quergestreiften Schwanz aus. Dazu ist diese Art mit einer schwarzen "Kappe" auf dem Schädel geschmückt. Sifakas sind bekannt für ihren aufrechten Gang, mit dem sie sich in dem staubtrockenen Landstrich ihrer Heimat mitunter am Boden von Kaktus zu Kaktus bewegen. Etwas taumelnd. Geradezu fliegend von Kaktus zu Kaktus springen und dabei treffsicher zwischen Stacheln und Dornen landen können sie weit besser.
Claudia Fichtel und Flávia Koch beobachteten mit ihrem Chef aus dem Göttinger Institut für Verhaltensökologie und Soziobiologie Peter M. Kappeler acht einander benachbarte Gruppen über mehr als ein Jahr. Das Fazit: Die Weibchen beteiligen sich an Kämpfen zwischen den Gruppen genauso wie die Männchen, jedenfalls dann, wenn sie keinen noch allzu empfindlichen Nachwuchs zu versorgen haben. Doch mit Zurückhaltung. Immer nur annähernd so viele Individuen stürzten sich in aggressive Auseinandersetzungen, wie auch auf der Gegenseite beteiligt waren. Gänzlich heraus hielten sich Mütter mit sehr kleinen Kindern, die sich noch an die Mutterbrust klammerten. Und auch die Männchen dosierten ihre Einsatzbereitschaft, je nachdem wie hoch ihr persönlichen Chancen in der Konkurrenz um Sexualpartner in der eigenen Gruppe waren. Als verhielten sie sich nach dem Motto: Was lohnt es sich zu kämpfen, wenn es für sie sowieso nichts zu gewinnen gibt.
Claudia Fichtel, die als Erste ihre Beobachtungen veröffentlichte: "Sifakas beteiligen sich eher opportunistisch an Auseinandersetzungen... Die Tiere bringen sich nach individuellem Interesse und Abhängigkeit von aktuellen Umständen ein, wie beispielsweise die Anzahl der aktiven Teilnehmer der gegnerischen Gruppe."
Den Sieg tragen bei solchen Auseinandersetzungen am Ende freilich nicht unbedingt die zahlenmäßig stärkeren Gruppen davon. Als wichtiger erwies sich der Heimvorteil. Flávia Koch: "Die Gewinner profitieren davon, dass sie das Gebiet im Folgenden häufiger benutzen können als die Verlierer. Somit können bei gruppenlebenden Tieren die jeweiligen Umstände wie der Ort der Auseinandersetzung den numerischen Vorteil der Gruppe wettmachen." Es muss sich eben lohnen zu streiten, und das muss man wissen.
Erstaunen sollten dagegen die Erkenntnisse des deutschen Forscherteams im Kirindy-Trockenwald auf Madagaskar in Bezug auf die Kampfbereitschaft der Weibchen nicht völlig. Bei den Makis dominieren die Weibchen über die Männchen. Sie sind es, die entscheiden, aus wie vielen Weibchen eine Gruppe besteht, und die dann jeweils regelrechte männliche Bodyguards haben.
Vgl: http://link.springer.com/article/10.1007/s00265-016-2105-3