Als sich Anfang November eine junge Studentin in Teheran bis auf die Unterwäsche entblößte, löste das nicht nur ein internationales Medienecho aus. Sondern es machte den kaum mehr wahrgenommenen Kampf um die Gleichberechtigung im Iran wieder sichtbar. Denn nach dem gewaltsamen Tod von Zhina Mahsa Amini im Herbst 2022 widersetzen sich vermehrt gebildete Frauen den restriktiven Vorschriften des Mullah-Regimes.
Am 07. November meldet der Spiegel, dass Ahoo Daryayi, die sich auf dem Campus der Asad-Universität in Teheran ausgezogen hat, in ein "Zentrum für Spezialbehandlungen" gebracht wurde. Dem voraus gegangen war nach allem, was bisher zu ermitteln war, ein Streit mit den sog. "Sittenwächtern". Bei Handgreiflichkeiten sollen diese dabei den Pullover der jungen Frau über deren Kopf gezogen haben, worauf jene auch ihre Hose auszog und den "Sittenwächtern" vor die Füße warf. Auf verwackelten Handy-Videos (wie diesem hier) ist die junge Frau knapp bekleidet zwischen Männern und anderen Frauen, die der Kleidernorm entsprechen, zu sehen.
Die iranische Botschaft in Paris erklärte dazu, dass die Studentin an "psychischer Labilität" leide und daher in einem Krankenwagen in eine spezialisierte Einrichtung gebracht worden sei. Viele, die das hörten oder lasen, gingen davon aus, dass das verklausuliert nur bedeuten kann, dass die Frau gefoltert werden wird. Beim ZDF wurde die Autorin und Journalistin Gilda Sahebi befragt. Auch sie sagte: "Ich gehe davon aus, dass sie Folter erfährt, wo sie irgendwas gestehen soll". Das sei leider der "normale Gang der Dinge in der Islamischen Republik."
Auch wenn Sahebi nicht davon ausgeht, dass dieser Vorfall die Proteste im Land neu entfachen wird sagt sie doch auch, dass nach ihrer Beobachtung viele Frauen inzwischen kein Kopftuch mehr tragen. Doch "das Gewalt- und Machtmonopol des Regimes sei riesig, weshalb die Angst der Menschen zu protestieren ebenfalls sehr groß sei."
Der Körper einer Frau: Er ist und bleibt Projektionsfläche für systematische Gewalt, nicht nur im Iran. Für Gesetze, die diesen Körper zu regulieren und zu unterdrücken suchen. Er darf keine Lust empfinden, er darf nicht verführen, er muss gebären und er muss ertragen. In der Islamischen Republik bedeutet das: Der Körper der Frau gehört dem System. Dem männlichen System. Er wird in den Haftanstalten vergewaltigt, er wird in Kerker gesteckt, wenn der Geist im Körper nicht gehorcht, er wird verschleppt, misshandelt, getötet.
(Gilda Sahebi in der Zeit)
Das Regime hat inzwischen gelernt und sich auf mögliche Unruhe eingerichtet. Es hat "überall militärbewaffnete Kräfte so stationiert, dass sie innerhalb von zehn bis 15 Minuten überall sind, wo Menschen es wagen sollten, zusammenzukommen und zu protestieren", so Sahebi.
Inzwischen planen iranische Behörden offenbar eine grundsätzliche Einweisung in eine psychiatrische Anstalt für Frauen, die den Hidschab abnehmen. Wie britischen Zeitungen unter Verweis auf offizielle Angaben berichten, soll in Teheran eine "Klinik zur Beendigung der Hidschab-Entfernung" entstehen. Die Klinik werde einer Sprecherin zufolge "wissenschaftliche und psychologische Behandlungen bezüglich der Entfernung des Hidschabs" anbieten. Das gelte vor allem "für die Teenagergeneration, junge Erwachsene und Frauen, die eine soziale und islamische Identität suchen."
Mit diesem Vorstoß der "Sittenwächter" scheint nicht einmal die Regierung einverstanden zu sein. Es heißt, das Vorhaben sei nicht von der Regierung vorangetrieben worden. Der Guardian zitiert den iranischen Anwalt Hossein Raeesi mit den Worten, die Idee einer Klinik zur Behandlung von Frauen, die sich nicht an die Hidschab-Gesetze hielten, sei "weder islamisch noch mit dem iranischen Recht vereinbar". Laut Spiegel sagte eine junge Frau aus dem Iran unter dem Deckmantel der Anonymität: "Es wird keine Klinik sein, es wird ein Gefängnis sein."
Und auch, wenn die Regierung nichts mit der Einrichtung der "Klinik zur Beendigung der Hidschab-Entfernung" zu tun haben will; so hat sie doch aktuell ein neues "Kopftuchgesetz" auf den Weg gebracht.1 "Frauen drohen bei Nichtbeachtung der Verschleierungspflicht unter anderem hohe Geldstrafen, die Verweigerung von öffentlichen Dienstleistungen, Ausreisesperren und im Extremfall auch Haftstrafen" schreibt der Stern. Danach droht zum Bespiel Läden und Restaurants, deren Kundinnen die Kopftuchpflicht nicht berücksichtigen die Schließung und Taxifahrern, die unverschleierte Frauen mitnehmen, droht demnach ein Fahrerlaubnisentzug.
Es ist noch nicht klar, ob der iranische Präsident Massud Peseschkian das Gesetz tatsächlich unterzeichnen wird. Er galt bislang als eher moderat und hatte in der Vergangenheit den Frauen sogar versprochen, die Kontrollen der "Sittenwächter" zu stoppen. Letztlich wird es auf einen Machtkampf zwischen Präsident und "Sittenwächter" hinauslaufen.
Viele Frauen in den Großstädten werden das Gesetz sowieso ignorieren und rechnen mit strengen Einsätzen der "Sittenwächter", die zu erneuten Protesten und Unruhen führen könnten.
Das Europäische Parlament hat am Donnerstag, den 28. November 2024, eine Resolution verabschiedet, in der es die zunehmende Unterdrückung von Frauen in Iran scharf verurteilt und als eine Form von "Folter" einstuft. Die Abgeordneten fordern die iranische Regierung auf, diskriminierende Gesetze abzuschaffen und die systematische Unterdrückung von Frauen zu beenden.
- Laut einer Pressemitteilung von HÁWAR.help soll das Gesetz bereits in Kraft sein. Andere Quellen schreiben jedoch davon, dass der Entwurf am 13. Dezember dem Präsidenten vorgelegt wird. ↩︎
3 Kommentare
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Kommentare
Johann Wagner am Permanenter Link
Wieviel ist davon Gerücht und wieviel – nachprüfbare – Information? Unglaublich schlechter Artikel.
Petra Pausch am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Wagner, was genau kritisieren Sie? Welche Information(en) ist/sind Ihrer Meinung nach nicht überprüfbar? Und woher genau haben Sie Ihr Wissen, dass all die zitierten Medien irren?
Roland Fakler am Permanenter Link
Die Unterdrückung der Frauen im Iran, müsste ein Grund sein, den Hijab in Deutschland für Minderjährige zu verbieten und Anlass für Kopftuchträgerinnen in Europa, sich wenigstens für einen Tag mit ihren Geschlechtsgen