Ein Stimmentzug Polens bleibt unwahrscheinlich

EU-Parlament stimmt für Strafverfahren gegen Polen

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EU-Fahne in Warschau
EU-Fahne in Warschau

Die Abgeordneten des Parlaments der Europäischen Union haben sich in einer Abstimmung mehrheitlich für die Unterstützung eines von der EU-Kommission eingeleiteten Strafverfahrens gegen Polen ausgesprochen.

Mit einer deutlichen Mehrheit von 422 zu 147 Stimmen hat das EU-Parlament beschlossen, das nach Artikel 7 des Lissabonner Vertrags intendierte Strafverfahren der Europäischen Union gegen Polen zu unterstützen. Der entsprechende Artikel wird in diesem Fall zum ersten Mal angewandt und gilt als schärfste Sanktionsmöglichkeit der Europäischen Union. Er dient der Wahrung von demokratischen und rechtsstaatlichen Standards der Mitgliedsstaaten und kann bei Verletzung jener Standards dazu führen, dass dem entsprechenden Mitgliedsstaat in letzter Instanz das Stimmrecht im EU-Ministerrat entzogen wird. Der EU-Ministerrat ist ein wichtiges Organ der Europäischen Union im Legislativprozess.

Das Ziel, welches die Europäische Union mit dem Strafverfahren gegen Polen anstrebt, ist weniger der Entzug des Stimmrechts, als vielmehr die Rücknahme der polnischen Justizreformen aus dem vergangenen Jahr. Viele Mitgliedsstaaten der EU sehen diese Reformen äußerst kritisch und bezweifeln die Vereinbarkeit mit traditionellen Werten der Europäischen Union, wie z.B. Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung. Demnach sei bedingt durch die Einflussmöglichkeiten des polnischen Justizministers auf die Richter die Unabhängigkeit dieser und somit die Gewaltenteilung nicht länger gewährleistet.

Der erst im vergangenen Dezember ernannte polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki zeigte sich in den vergangenen Wochen gesprächsbereit und trat vermehrt mit der Europäischen Union in Dialog, trotz der teils signifikanten poltischen Differenzen. Auch verursacht durch das polnische Nein zur Aufnahme von Flüchtlingen. Demungeachtet haben Morawiecki und seine nationalkonservative PiS-Regierung bereits Ende 2017 betont, dass es zu keiner Rücknahme der Justizreformen kommen werde. Der polnischen Regierung zufolge sei dies eine innenpolitische Angelegenheit. Des Weiteren würden die Reformen das polnische Justiz-System gerechter und effizienter machen.

Ist durch das initiierte Strafverfahren dennoch ein Einlenken der polnischen Regierung zu erwarten? Das ist schwer zu prognostizieren. Klar ist, dass es höchstwahrscheinlich nicht zu einem Stimmentzug Polens im EU-Ministerrat kommen wird. Dafür müssten die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten im Europäischen Rat einstimmig bekunden, dass in Polen eine "schwerwiegende und anhaltende Verletzung" rechtsstaatlicher Prinzipien stattfindet (Artikel 7, Absatz 2 EUV). Der ungarische Ministerpräsident Victor Orbán hat sein Veto dagegen allerdings schon mehrfach angekündigt. Trotzdem hat Polen ein Interesse, es gar nicht erst soweit kommen zu lassen. Tiefgehende politische Differenzen zur Europäischen Union können nicht im nationalen Interesse Polens sein. Schließlich ist die EU ein bedeutender Wegbereiter für die Modernisierung und den wirtschaftlichen Aufschwung des Landes gewesen. Darüber hinaus ist Polen einer der größten Netto-Empfänger von EU-Geldern innerhalb der Europäischen Union.