Kommentar

Geschlechtergetrennte Strände für Hijabis: Ein Rückschritt

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Mit Hijab am Strand (Symbolbild)
Symbolbild

In Montenegro wurde kürzlich ein Strand eröffnet, der ausschließlich für kopftuchtragende Frauen islamischen Glaubens reserviert ist. Was einst mit der Trennung von Männern und Frauen begann, um angebliche Sittlichkeit zu bewahren, entwickelt sich nun zur Trennung von kopftuchtragenden und nicht kopftuchtragenden Frauen. Dieser Abschnitt des Strandes solle zur Inklusivität beitragen, isoliert aber diese Musliminnen.

Auf einem kleinen Abschnitt des zwölf Kilometer langen Velika Plaža, auch als "Pearl Beach" bekannt, wurde ein neuer Bereich eingerichtet, der ausschließlich für kopftuchtragende Frauen zugänglich ist. Unter dem Namen "Hijab Beach" wurde dieser blickdicht abgetrennte Bereich mit 20 Liegestühlen geschaffen, um den Frauen vor neugierigen Blicken Schutz zu bieten. Doch während sie vor männlichen Augen geschützt sind, bleibt ihnen auch der Blick auf das Meer und die Wellen verwehrt.

Die Begründung lässt sich aus der Anzeige des neu eröffneten Strandes herauslesen: "Alle Besucher sollten sich an die in diesem Bereich geltenden Regeln und Bräuche halten. Ulcinj ist einer der beliebtesten Orte für Sommerferien, und der Strand, der für Frauen im Hijab ausgewiesen ist, wird zur Inklusivität der Stadt beitragen". 

Im Vorjahr hatten sich Fälle von Diskriminierungen gegenüber muslimischen Frauen ereignet, womit diese Maßnahme erklärt werden kann. In Budva zum Beispiel wurde eine Frau aus Kuwait, die ein Kopftuch trug, zusammen mit ihrer Familie von einem Hotelbalkon aus mit einem alkoholischen Getränk übergossen.

Die Einrichtung dieses speziellen Strandabschnitts mag als Reaktion auf die Diskriminierungsvorfälle gedacht sein, doch sie schafft mehr Probleme als sie löst. Anstatt die Wurzel des Problems anzugehen, wird eine künstliche Barriere errichtet. 

Für dieses Vorgehen kann es zwei Erklärungen geben:

Das Unwissen über den Islam

Eine mögliche Erklärung für diese Entscheidung der Behörden könnte darin liegen, dass sie glauben, Muslimen damit entgegenzukommen. Doch der Islam fordert keine Trennung zwischen kopftuchtragenden und nicht-verschleierten Frauen, sondern vielmehr eine Trennung zwischen den zwei Geschlechtern. Als ich meine Sommerferien mit meiner Familie im Libanon verbrachte, waren in den Freibädern Frauen und Männer getrennt, was es uns Frauen ermöglichte, unseren Hijab abzulegen – ein Begriff, der wörtlich "Vorhang" bedeutet. Bis heute begegnet mir immer Unwissen über das Konzept des Hijabs. Wenn Frauen unter sich sind, gibt es aus islamischer Sicht keinen Grund, ein Kopftuch zu tragen. Der Sinn hinter der Geschlechtertrennung an Stränden ist, das Segregationsmittel Hijab durch echte Wände zu ersetzen, was aus der Perspektive einer freiheitlichen Gesellschaft beides abzulehnen ist.

Der "Safe Space"

Oder sie meinen, Diskriminierung bekämpfen zu können, indem sie Diskriminierte in einen abgegrenzten, kleinen Bereich am Strand verbannen, den man heutzutage als "Safe Space" bezeichnet. 

Das Konzept der "Safe Spaces" wurde mit der Begründung geschaffen, Menschen vor emotionalem Schmerz zu schützen, insbesondere solche, die traumatische Erlebnisse durchlebt haben. Doch wie psychologische Forschungen zeigen, kann dieses Konzept negative Folgen haben. Anstatt Menschen zu stärken, indem sie sich mit ihren Ängsten und traumatischen Erinnerungen konfrontieren, fördert die Isolation in einem "Safe Space" eine Vermeidungshaltung, die letztlich die Fähigkeit zur Verarbeitung und Heilung behindert. Diese Kultur des "Safetyism" kann dazu führen, dass Menschen weniger widerstandsfähig werden, da sie nicht lernen, mit den Herausforderungen des täglichen Lebens umzugehen, sondern stattdessen abgeschirmt werden.1

Im Fall des exklusiven Abschnittes für kopftuchtragende Frauen wird ein ähnliches Muster sichtbar: Man kämpft nicht für die Freiheit von übergriffigem Verhalten gegenüber kopftuchtragenden Frauen und arbeitet auch nicht darauf hin, dass Musliminnen eine Resilienz entwickeln, um mit der Realität umzugehen. Man erreicht stattdessen, sogar Musliminnen untereinander zu trennen – denn nicht alle Frauen muslimischen Glaubens tragen ein Kopftuch.

Die ursprüngliche Idee der Geschlechtertrennung

Immer wieder werden Frauen von Männern und sogar Mädchen von Jungen getrennt, was häufig islamisch begründet wird, sei es im Schulunterricht in Afghanistan oder in Bäckereien, Metros und Strandabschnitten im Iran. Diese Trennung wird oft mit dem Vers 33:53 im Koran gerechtfertigt, der beschreibt, dass die Besucher des Propheten Mohammeds mit seinen Frauen hinter einem Vorhang kommunizieren sollen. Für viele fundamentale Muslime reicht die Begründung "weil es im Koran steht" aus, um diese Praxis zu rechtfertigen. Darüber hinaus gibt es jedoch tiefergehende Argumentationen, die darauf abzielen, die Weiblichkeit zu verbergen, um zu verhindern, dass von Frauen "Reize" ausgehen, die Männer zu unsittlichem Verhalten verführen könnten.

Diese ständige Fixierung auf sexuelle Reize führt jedoch dazu, dass die Geschlechtertrennung weitreichende gesellschaftliche Folgen hat. Schon im Kindesalter wird Jungen und Mädchen erschwert, einen natürlichen und ungezwungenen Umgang miteinander zu erlernen. Stattdessen wird das andere Geschlecht oft als potenzielle Quelle der Versuchung betrachtet, was den Aufbau gesunder zwischenmenschlicher Beziehungen behindert. Diese Trennung setzt sich nach klassischer Islaminterpretation das ganze Leben lang fort und kann zu Integrationsproblemen führen. Dies wird immer wieder sichtbar, wenn muslimische Mädchen am Schwimmunterricht aus religiösen Gründen nicht teilnehmen dürfen, weshalb soziale Interaktionen verringert werden und das Gefühl der Andersartigkeit sowohl bei den Mädchen als auch bei den Mitschülern verstärkt wird. 

Letztlich führt die fortgesetzte Trennung der Geschlechter nicht nur zu sozialer Isolation, sondern hindert Mädchen und Frauen daran, sich in einer freien Gesellschaft gleichberechtigt zu entfalten.

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1 Lukianoff, G., Haidt, J. The Coddling of the American Mind: How Good Intentions and Bad Ideas Are Setting Up a Generation for Failure. Vereinigtes Königreich. 2018. Penguin Publishing Group.