Die letzten Monate war es erstaunlich still um die iranische Moralpolizei, einige Medien berichteten sogar von deren teilweiser Auflösung. Dieser Rückzug allerdings war nur strategischer Natur. Von der Ankündigung der Behörden, die Truppe werde die Durchsetzung der Hijabpflicht wieder aufnehmen, lassen sich die protestierenden Frauen aber nicht einschüchtern.
Die Rückkehr der Moralpolizei (Gasht-e-Irshad) auf die iranischen Straßen kommt für die Protestierenden nicht unerwartet. Nachdem das Land von den heftigsten Protesten seit der Revolution im Jahr 1979 erschüttert wurde, herrschte einige Monate lang Verwirrung über die Zukunft der Einheit, die die Protestlawine überhaupt erst ins Rollen gebracht hatte. Teilweise wurde bereits über die Auflösung der berüchtigten Truppe spekuliert – verfrüht, wie sich nun herausstellte.
In einer Reihe von Interviews fragte die britische Zeitung The Guardian mehrere iranische Frauen, wie sie zur Rückkehr der Moralpolizei stehen. "Die Nachricht, dass die 'Moralpolizei' ihre Arbeit wieder aufnimmt, hat mich nicht beeindruckt", so eine 22-Jährige. Die Einheit hätte ihre Arbeit ohnehin nie eingestellt und wäre stattdessen in Universitäten oder in zivil auf öffentlichen Plätzen eingesetzt worden. "Was die Welt sieht ist nur ein kleiner Teil dessen, was hier passiert. Auch wenn für die, denen wir Frauen egal sind, alles normal aussieht, wenn du aufmerksam bist, merkst du, sie [die Moralpolizei, Anm. d. A.] sind überall", sagte die Frau.
"Wir haben keine andere Wahl, als zu kämpfen"
Eine Studentin aus dem Nordosten des Landes erklärte, die Wiedereinführung der Moralpolizei sei eine gezielte Provokation, die Frauen in Protest auf die Straße treiben soll, um an ihnen ein Exempel zu statuieren. Die Tatsache, dass die Ankündigung just zwei Monate vor dem Jahrestag des Todes von Mahsa Amini kommt, unterstreicht diese Interpretation. Seitdem ist dem Regime die Gewalt über das eigene Volk sukzessive entglitten und in der Zeit vor Aminis Todestag sind gewaltige Protestmärsche zu erwarten. Richten soll das eine Millioneninvestition in Überwachungstechnologie, die der nun wiederangetretenen Moralpolizei ein nie dagewesenes Maß an Datenzusammenführung, Videoüberwachung und Social Media-Monitoring erlaubt.
Mehrere iranische Frauen berichteten dem Guardian von den Überwachungsmaßnahmen. "Sie haben Bilder von mir und meinen Freundinnen, die ohne Kopftuch in die Öffentlichkeit gegangen sind, gemacht. Ich befürchte, dass sie genug Daten gesammelt haben, um uns zu verfolgen, eine nach der anderen", erklärte eine Frau aus Teheran. Doch einzuknicken sei keine Option: "Wenn wir Furcht zeigen, werden sie sich noch schlimmer verhalten und noch mehr von uns foltern. Als eine iranische Frau sage ich, wir haben keine andere Wahl, als zu kämpfen. Wir haben keine Angst vor der Moralpolizei."
3 Kommentare
Kommentare
wolfgang am Permanenter Link
Es zeigt sich doch wieder, die Frauen haben Rückgrat. Alle Achtung! Und wenn kein Gott kommt, müssen es wie immer die Frauen richten.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Diesen unglaublichen Mut der Frauen im Iran kann man nur bewundern, was hat die
"Moralpolizei" für eine Moral, dass diese Frauen, welche nach Freiheit streben einfach
ermorden.
A.S. am Permanenter Link
Iranische Frauen zeigen Mut.
Die europäischen Islamogauchisten und IdentitätspolitikerInnen haben allen Grund sich zu schämen. Auch schämen müssen sich Annalena Baerbock und Claudia Roth.