Was haben Coronaleugner und Verschwörungserzähler mit Sekten zu tun?

Die Welt ist aktuell ziemlich in Schieflage. Ein Virus bringt die meisten Länder und Gesellschaften aus der Balance. Zur Belastung werden aber nicht nur die vielen Todesfälle und wirtschaftlichen Probleme, Covid-19 spaltet auch die Bevölkerung.

Die Situation erinnert an die USA in der Ära von Donald Trump, der mit seinem narzisstischen Verhalten einen Keil in die Bevölkerung trieb. Der Graben war vor den Wahlen so tief, dass Familien auseinanderbrachen und Freundschaften zerfielen. Die Entfremdung der beiden Lager erreichte ein Maß, das einen Dialog verunmöglichte.

Ein ähnliches Phänomen zeitigt die Pandemie bei uns. Die Verschwörungstheoretiker und Coronaleugner werden immer radikaler und igeln sich in eine Blase ein oder flüchten in eine Parallelwelt. Somit sind sie für rationale Argumente kaum mehr zugänglich.

Ein paar Beispiele: Viele Coronaskeptiker leugnen die Existenz des Virus oder erklären, es sei viel harmloser als eine gewöhnliche Grippe. Sie misstrauen den Politikern und Behörden und sind überzeugt, dass Coronapatienten gar nie schwer erkrankten und auf Intensivstationen der Spitäler behandelt werden mussten. In ihrer ideologischen Verblendung erleiden die Coronaleugner einen Realitätsverlust und Wahrnehmungsverschiebungen.

Viele glauben außerdem, dass Bill Gates das Virus gezüchtet oder freigesetzt habe, um mit dem Impfstoff noch reicher zu werden. Darüber hinaus implantiere er mit den Impfungen Chips in die Leute, um die Menschheit noch effizienter manipulieren zu können. Da sachliche Argumente an den Leugnern und Skeptikern abprallen, wollen sie nicht wahrhaben, dass Bill Gates hunderte Millionen in die Impfforschung gesteckt hat.

Coronaleugner behaupten weiter, die Öffentlichkeit werde permanent mit Fake News gefüttert und in die Irre geführt. Für sie stecken Politiker und Medien unter einer Decke mit den angeblichen geheimen Mächten, die die Menschheit irritieren wollen, um schließlich die Weltherrschaft übernehmen zu können. An vorderster Front der versteckten Aktion sehen sie jüdische Meinungsträger und Banker. Damit driften sie ins rechtsradikale und antisemitische Lager ab.

Die bunte Szene der Coronaskeptiker weist somit mehrere Sektenmerkmale auf: Ihre radikale Ideologie enthält pseudoreligiöse Aspekte. Sie mutiert letztlich zur Heilslehre, die der Menschheit den Weg zur Wahrheit und Erlösung weisen soll. Ihre Exponenten sind überzeugt, dass ihre einfachen Ideen Gerechtigkeit und Frieden in die Welt bringen würden.

In ihrem heiligen Furor werden sie zu Missionaren wie Sektenanhängern. Sie fluten die sozialen Medien mit ihren Verschwörungserzählungen, lancieren (Des-)Informationskampagnen und Demonstrationen, verehren ihre Wortführer wie Heilsbringer und stecken ihre ganze Lebensenergie in den Kampf gegen Politiker und Behörden, die die Bevölkerung mit den Coronamaßnahmen angeblich knechten, um eine Diktatur zu errichten.

Somit reduzieren Coronaleugner die komplexe Realität auf einfache Erklärungsmuster, wie wir es von Sekten kennen. Sie sehen sich als die geistige Elite, die die fehlgeleiteten Gesellschaften auf den rechten Pfad führen muss.

Entweder du bist für mich oder gegen mich

Und wie bei Sekten gibt es nur eine Losung: Entweder du bist für uns und somit im Licht, oder gegen uns und somit ein Feind. Grautöne gibt es nicht, weil ihre "Wahrheit" für sie nicht teilbar ist. Das führt zu einem Absolutheitsanspruch.

Weiter gibt es bei den Coronaskeptikern Gut und Böse. Und sie definieren, wer zu den Guten und zu den Bösen gehört. Dabei realisieren sie nicht, dass ihre politischen Ideen und ihr Verhalten doktrinär und teilweise totalitär sind.

Wie bei Sekten ist auch bei den radikalen Leugnern ein uniformes Denken erkennbar. Das mantramäßige Nachbeten der angeblichen existentiellen Bedrohungen durch die Behördenmanipulation haben den Charakter einer Indoktrination, gefördert durch die Autosuggestion.

Autoritätsgläubigkeit erinnert an Sekten

Auch die Autoritätsgläubigkeit der Coronaskeptiker erinnert an Sekten. Sie behaupten zwar, die geistige Freiheit anzustreben, realisieren aber nicht, dass sie die wissenschaftlich widerlegbaren Verschwörungsmythen blind übernehmen und gesicherte Erkenntnisse komplett ignorieren oder als Fake News der geheimen Mächte abtun.

Typisch ist auch, dass eine Diskussion mit ihnen nicht möglich ist, weil sie in ihrer Verblendung nicht mehr zugänglich sind für rationale Argumente. Wie soll man ihnen klarmachen, dass das Tragen von Masken keine diktatorische Maßnahme ist, sondern ein Selbstschutz? Und ein solidarisches Verhalten, um das Virus nicht weiterzugeben und es einzudämmen?

Coronaskeptiker sammelten 90.000 Unterschriften

Wer glaubt, es sei eine kleine Minderheit, die an radikale Verschwörungstheorien im Allgemeinen und im Zusammenhang mit Corona im Besonderen glaubt, irrt sich. Michael Hermann, Leiter des Forschungsinstituts Sotomo, der viele Umfragen durchführte, spricht von 20 bis 30 Prozent der Bevölkerung.

Dagegen sind Sekten eine verschwindende Minderheit. Das zeigt auch der Umstand, dass innert kurzer Zeit 90.000 Unterschriften für das Referendum gegen das Coronagesetz gesammelt werden konnten. Ein Kraftakt, an dem oft große Verbände und Parteien scheitern. Die Szene der Coronaskeptiker ist also zu einem politischen Machtfaktor angewachsen.

Übernahme mit freundlicher Genehmigung von watson.ch.

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